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Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)

Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)

Titel: Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)
Autoren: Ellen Renner
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Das ist normalerweise dem magielosen Vieh überlassen, seinen Gilden. Eine Ausnahme bilden die Magier von Tierce, der Stadt des Glases, die sich gegenseitig darin übertreffen, die schönsten Objekte zu schaffen. Sie verschmelzen Sand und Pigmente mit ihrem Geist und formen das Glas zu kunstvollen Gebilden.
    Der Briefbeschwerer meines Vaters ist ein solches Meisterstück aus Tierce. Ich frage mich immer noch, was vor siebenJahren wirklich geschah – wie viel davon Erinnerung ist und wie viel Einbildung. Hat das Glas tatsächlich auf meine Berührung reagiert? Habe ich das Sirren gehört oder war es nur das Blut, das in meinen Ohren rauschte – meine eigene Angst und Wut? Diese Nacht ist in meiner Erinnerung so dunkel, dass ich mir nicht sicher bin.
    Ich beuge mich über den Tisch und betrachte die Strudel aus erstarrtem Metall im Glas. Ich höre mich selbst atmen – zu schnell –, als ich meine Hand nach dem Briefbeschwerer ausstrecke. Er fühlt sich kalt und tot an. Bewegen sich die silbernen Fäden etwa? Ich beuge mich näher … und zucke zurück, als die Tür aufgeht und mein Vater in die Bibliothek tritt.
    Es bedarf mich meiner ganzen Willenskraft und jahrelanger Übung, ruhig stehen zu bleiben und seinem Blick zu begegnen. Seine Augen haben die Farbe von durchsichtigem Ocker. Wie die Augen einer Eidechse. Über seinem rechten Wangenknochen glänzt eine runde Narbe. Sein Haar und sein dicht gelockter Bart über dem weißen Spitzenkragen seiner schwarzen Robe sind immer noch dunkel. Er hat sich seit damals kaum verändert, während ich mit meinen sechzehn Jahren mittlerweile fast genauso groß bin wie er. Ich achte darauf, dass mein Gesicht ausdruckslos und mein Blick leer ist. Er hat nie wieder ein Wort darüber verloren, was er mir in jener Nacht angetan hat. Wir wissen beide, dass ich es niemandem jemals erzählen werde. Meine Mutter ist für verrückt erklärt worden. Ich trage ihren Makel.
    Aluid ist nirgends zu sehen und ich erlaube mir einen kleinen erleichterten Seufzer. Wenigstens bleibt es mir erspart,mitanzusehen, wie ihm vor Empörung die Augen aus dem Kopf treten, wenn er meine Vergehen aufzählt.
    »Das dritte Gebot, Zara?« Mein Vater geht zu seinem Schreibtisch und setzt sich. Ich werde nicht aufgefordert, Platz zu nehmen. »Das ist abstoßend. Es hat den üblen Beigeschmack von Hysterie – mangelnder Selbstbeherrschung.«
    »Aluid ist in den Geist eines Falken eingedrungen, den ich geflogen habe.«
    Mein Vater hebt kaum merklich den Kopf, seine Augen verengen sich, als frage er sich, ob ich die Wahrheit sage oder nicht. »Das hat er wohlweislich vergessen zu erwähnen. Nun … wenn das so ist, kann ich dir deine Wut kaum verdenken. Aber dennoch.« Sein Blick wird hart. »Du hast wie Vieh reagiert! Maßt sich Aluid oder sonst ein Magier ein derartiges Verhalten an, ist ihm mit dem Geist, und nur mit dem Geist, zu begegnen. Ich möchte nie wieder hören, dass du deine Hände als Waffe einsetzt. Du hast dich stets daran zu erinnern, wer du bist und was du bist. Hast du mich verstanden?«
    »Ja, Vater.«
    »Und was hast du getan, um deinen Tutor auf solche Weise herauszufordern?«
    Sage ich ihm die Wahrheit, wird er noch wütender werden, verschweige ich sie, wird Aluid ihm alles erzählen. Ich hole tief Luft. »Ich habe den Falken am Töten gehindert.«
    Ich kann den Ausdruck in seinen Augen nicht deuten, aber die Luft zwischen uns wird sauer. Er schweigt. Schweigt und sieht mich dabei die ganze Zeit unverwandt an. Schließlichsagt er: »Du wirst deiner Mutter mit jedem Jahr ähnlicher. Du bist ihr wie aus dem Gesicht geschnitten, und wie es scheint, hast du auch ihre geistigen Schwächen geerbt.
    Dennoch bist du ebenso mein Fleisch und Blut wie ihres!« Er stößt die Worte zwischen zusammengebissenen Zähnen hervor. Ich zucke zurück, doch da hat mein Vater sich bereits wieder unter Kontrolle. Er betrachtet den Briefbeschwerer, zeichnet mit dem Finger die silbernen Linien seines Magier-Insignes darauf nach. Als sein Blick sich wieder mir zuwendet, lässt mich die kalte Entschlossenheit in seinen Augen vor Angst erstarren. Ich halte den Atem an.
    »Du bist mein einziges Kind, Zara. Mein Blut fließt durch deine Adern, und ich werde nicht zulassen, dass es verschwendet wird. Deine Begabung ist nicht zu leugnen. Ich bin der größte Magier unserer Zeit und das Talent deiner Mutter war außergewöhnlich. Aber dir mangelt es an geistiger Disziplin. Finde sie, Tochter.« Er sieht mich
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