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Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)

Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)

Titel: Zara von Asphodel - Rebellin und Magierin: Roman (German Edition)
Autoren: Ellen Renner
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die Menge schiebt.
    Sobald wir außer Hörweite der Silberschmiedin sind, lässt er meinen Arm los und tritt einen Schritt zurück. Sein Blick wird wieder unstet und weicht mir aus. Ich versuche verzweifelt, nicht zu spüren, was er fühlt. Ich will es nicht. Es steht mir nicht zu. Außerdem habe ich Angst davor. Doch ich kann nicht alles ausblenden. Nicht die rohe Wut und den Selbsthass. Nicht den Abscheu.
    »Glaubst du, dass er verrückt ist?«
    Überrascht sehe ich ihn wieder an und bekomme plötzlich kaum noch Luft. Er ist so nah. Ich kann den sternförmigen goldenen Kranz um seine strahlend blaue Iris sehen, die zarten rotbraunen Strähnen, die sich durch seine weizenfarbenen Haare ziehen. Er sieht älter aus als an jenem Tag, an dem ich ihn das erste Mal gesehen habe. Eine kleine Falte ragt steil zwischen seinen Brauen auf, und die Linien, die von seinen Nasenflügeln zu seinen Mundwinkeln verlaufen, haben sich vertieft. Ich würde sie gern glätten. Stattdessen atme ich tief ein und finde meine Sprache wieder. »Verrückt? Thaddeus?«
    Aidan nickt. »Er hat Höllenqualen ausgestanden. Genug, um einen erwachsenen Mann in den Wahnsinn zu treiben, von einem Kind gar nicht zu reden.«
    »Er ist nicht der Einzige, der Höllenqualen ausgestanden hat. Was ist mit dir?«
    Aidan zuckt zusammen und schaut weg. Es war zu früh. Warum konnte ich nicht noch ein bisschen warten?
    »Ich glaube nicht, dass Thaddeus verrückt ist«, sage ich hastig. »Ihm muss etwas sehr Merkwürdiges zugestoßen sein. Ein Glasgefängnis? Ich gebe zu, das klingt seltsam, aber …«
    »Ich habe mir große Sorgen um ihn gemacht. Wenn sie seine Mutter wirklich …« Aidan schluckt. »Als der Rat sie eingesperrt hat, hat er die ganze Zeit nach ihr geweint. Es war schrecklich.« Er wirft mir einen kurzen Blick von der Seite zu. »Philip hat mir erzählt, dass sie ihr Leben dir verdankt.«
    Etwas in seiner Stimme gibt mir neuen Mut. »Wasmein Vater dir angetan hat …«, versuche ich es noch einmal.
    »Ich möchte nicht darüber reden!«, unterbricht er mich schroff und seine Miene verfinstert sich wieder.
    Ich muss ihm noch mehr Zeit geben.
    »Was der Junge gesagt hat, klingt wirklich seltsam«, sage ich. »Aber ich kann mich noch gut daran erinnern, wie erstaunt er mich angeschaut hat, als ich ihm das erste Mal begegnet bin. So als würde er mich tatsächlich kennen. Was hat er noch mal gesagt? Dass er an einem höhlenartigen Ort voller Tunnel war und sich dort eine Frau um ihn gekümmert hat, die wie ich aussah?«
    »Eine Glashöhle mit sich windenden Tunneln, ja.«
    Und plötzlich glaube ich zu wissen, was das für ein Ort ist. Aber … wie ist das möglich? » Oh ihr Götter! « Zitternd greife ich nach Aidans Hand und nehme kaum wahr, dass er instinktiv zurückzuckt und dann doch zulässt, dass ich mich an ihm festhalte. An ihm und der Möglichkeit, dass es selbst inmitten des Bösen Liebe gibt, während sich in meinem Kopf ein Bild zum anderen fügt und mir schlagartig klar wird, was es bedeutet.
    Der Briefbeschwerer.
    »Aidan … ich glaube, meine Schwester lebt vielleicht noch.«
    »Deine Schwester? Ich wusste gar nicht, dass du eine Schwester hast.« Er sieht mich verwirrt an. Bestimmt hält er mich jetzt auch für verrückt. Ob er recht hat?
    »Sie heißt Ita und ich habe dir von ihr erzählt«, sage ich. »Nur wusste ich damals noch nicht, dass sie meine Schwester ist. Benedict hat es mir gesagt. Er … hat mich damit verhöhnt.Und ich dachte, er hätte sie getötet. All die Jahre dachte ich, sie wäre tot.«
    »Das Tribut-Kind? Dein Tribut-Kind?«, ruft er erschüttert. »Du sagtest, sie wäre umgebracht worden. Meinst du damit, dass … dein Vater? Und sie war seine …«
    »Tochter, ja. Das Kind, das er mit einer Frau gezeugt hat, die keine Magie besaß. Er hat sie mir geschenkt. Und ich habe ihr das Lesen beigebracht. Er sagte, dass es meine Schuld gewesen sei, dass er sie für mein Vergehen bestraft hätte. Ich hasse ihn … aber … er hat recht. Es war meine Schuld und ich werde mir das nie verzeihen können.«
    Ich lasse seine Hand los. Die Geschichte mit dem Briefbeschwerer erspare ich ihm. Er würde es nicht glauben. Ich weiß ja noch nicht einmal, ob ich es selbst glauben soll.
    Er sieht mich an, als wäre ich ein seltsames, fremdes Wesen. Dann wird sein Blick plötzlich weicher und ich sehe Mitleid darin. Mitleid ist besser als Hass.
    »Das ist grauenhaft. Es tut mir so leid, Zara. Aber warum glaubst du, dass sie noch
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