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Malerische Morde

Malerische Morde

Titel: Malerische Morde
Autoren: Ralf Kramp
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Prolog
    Wenn sie durch das Wasser glitt, fühlte sie sich gerade so, als würde sie schweben. Die Kälte zog an ihr vorbei und unter ihr her, spülte mit schlürfenden Geräuschen zwischen ihren gespreizten Fingern hindurch, wenn sie weit mit ihren Armen ausholte und durch das morgendunkle Wasser nach vorne schoss.
    Ohne Brille sah sie so gut wie nichts. Aber sie musste ja auch nichts sehen, sie fühlte mit dem ganzen Körper. Sie schmeckte das kühle Wasser, atmete seinen reinen Duft mit jedem Luftholen tief ein. Sie genoss das Perlen der Luftblasen auf ihrer nackten Haut.
    Irgendwann ertasteten ihre Hände den schlammigen Grund des Ufers und sie hörte auf zu paddeln. Ihre Füße fanden den Boden, und sie ging in die Hocke. Sie rieb sich prustend mit den flachen Händen über das Gesicht und presste mit langsamen, kräftigen Bewegungen das Wasser aus ihrem Haar. Dann richtete sie sich auf und spürte, wie der kühle Wind die Härchen auf ihrem nassen, nackten Körper aufrichtete. Die Knospen ihrer Brüste wurden fest.
    Jede ihrer Bewegungen schickte platschende Geräusche durch die morgendliche Stille über dem Wasser.
    Vogelstimmen aus dem Wald, ihr Plätschern … sonst nichts.
    »Hermann?«, flüsterte sie fast, um die Idylle nicht zu zerstören. Beinahe hatte sie Angst vor dem rauen Klang ihrer eigenen Stimme. »Es ist herrlich. Es ist wirklich herrlich. Auch wenn du es nicht glaubst. Irgendwann wirst du es auch ausprobieren, und dann wirst du sehen, wie unglaublich toll das ist.«
    Sie sah seine Gestalt am Ufer. Schemenhaft. Er stand bei der Staffelei. Sie ertastete das Handtuch, das sie sich auf einem Ast bereitgelegt hatte.
    »Ich brauche meine Brille.« Während sie begann, sich abzutrocknen, trat sie von einem Fuß auf den anderen. Das Handtuch glitt zwischen ihre Beine, sie rieb ihre Schamhaare trocken. Vor ihm brauchte sie sich nicht zu genieren.
    »Hast du gehört, Hermann, ich brauche meine Brille. Warum sagst du nichts? So fasziniert?« Und als er nicht antwortete: »Hm?«
    Sie stellte sich provozierend hin, spreizte die Beine ein wenig, zeigte sich ihm in all ihrer Nacktheit.
    Er kam auf sie zu, ganz plötzlich. Sagte kein Wort. Sie lächelte ihn herausfordernd an. Dann drehte sie sich langsam um die eigene Achse und erlaubte ihm, sie von allen Seiten zu betrachten.
    Er machte ein paar Schritte ins Wasser. Oh, Mann, der Alte war wirklich verrückt. Sie machte ihn verrückt, und dieses Gefühl erregte sie.
    Spielerisch entfernte sie sich von ihm und lockte mit dem Zeigefinger. Doch er war viel schneller, als sie es ihm zugetraut hätte. Er sagte keinen Ton, sie hörte nur sein Schnaufen, das sich unter das Geräusch des kühlen Wassers mischte, das bei jedem Schritt um seine Beine sprudelte.
    Als er plötzlich mit dem Arm ausholte, hielt sie mit ihren Bewegungen inne.
    Der erste Schlag traf sie wie ein Donner. Ein berstendes Geräusch brandete durch ihr Hirn. Sie taumelte zurück. Er hatte etwas in der Hand gehabt! Etwas Hartes, mit bizarren Formen! Die Finger ihrer Rechten krampften sich um das Handtuch.
    Ihre Füße pflügten unbeholfen rücklings durch das seichte Wasser. Sie ruderte mit den Armen und versuchte instinktiv, das Gleichgewicht zu halten.
    »Nicht, Hermann … nicht …« Sie stammelte mit schwerer Zunge. Der Schlag hatte sie fast betäubt. Sie begann zu winseln.
    »Was soll das …?«
    Da traf sie der nächste Hieb. Ihr Kopf explodierte. Es riss sie von den Füßen. Ihr Körper schlug rückwärts ins Wasser. Ein Sturm von Blut und Luftblasen umtobte sie, als sie untertauchte. Wasser schoss in ihre Lungen und hinderte sie am Schreien, die Hände griffen ins nasse Nichts. Sie hielt immer noch krampfhaft das Handtuch fest.
    Dann traf sie der letzte Schlag.

Erstes Kapitel
    Das Café T in Bad Münstereifel schickte sein warmes Licht auf das Pflaster der Wertherstraße hinaus. Der Abend neigte sich seinem Ende entgegen.
    »Nun ja, wie soll man den beschreiben? Das war eigentlich ein stinknormaler Typ. Nicht besonders groß, nicht besonders klein …« Theo versuchte, mit der flachen Hand eine Größenangabe zu veranschaulichen. Der italienische Kellner hatte den Kopf schiefgelegt und die Arme verschränkt. Er stand am Tisch der beiden Gäste und dachte angestrengt nach, aber er konnte sich nicht erinnern.
    »Wie gesagt, ich glaube, er ist nach München gegangen, bevor du hier angefangen hast«, warf Harald ein und trank an seinem Hefeweizen.
    Aber Theo gab nicht auf. »Blond war er. Die
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