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Yoga Bitch

Titel: Yoga Bitch
Autoren: Danijela Pilic
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lobte sie und betrachtete mich gründlich.
    »Danke.«
    Nun war ich immer der Meinung, dass kaum etwas schlimmer ist, als Botox zu leugnen. Jetzt merkte ich, wie schwierig es sein kann, es zuzugeben. Schwierig – und doch das einzig Richtige. An manchen Grundsätzen musste ich einfach festhalten. Ich erzählte ihr von meinem ersten Botox-Mal.
    »Aha. Ich hätte jetzt gedacht, Sie sind frisch verliebt oder so«, meinte die Chefin. »Sagen Sie mal, tut es weh?«
    »Ja. Aber nur kurz.«
    »Und kann da nicht sehr viel schiefgehen?«
    »Wissen Sie was? Ich kenne da jemanden, mit dem Sie sich mal treffen sollten.«
    Ich ging auf volles Risiko und erzählte ihr von Rosa. Der Schuss hätte auch nach hinten losgehen können, doch die Chefin bat mich, sofort einen Termin für sie auszumachen. Rosa hatte ihre erste zahlende Kundin, und ich hoffentlich eine Zeit lang meine Ruhe vor der Chefin.
    *
    Polly schrieb mir:
    Nur ganz kurz, das muss ich dir einfach mailen: Heute schnauzte mich ein Penner auf dem Hollywood Boulevard an und sagte: »Whocha runnin to? Yoga? White Man running to yoga! Nigga running to Yoga! I thought Yoga’s supposed to cure that shit.« Großartig, oder? [7]
    Xx Polly
    Ja, Yoga sollte diesen ganzen Scheiß heilen. Doch natürlich rannten
wir zum Yoga und kauften Turnhosen für 80 Dollar, denn Yoga war auch ein Business geworden, wie von einem so populären Gut wahrscheinlich nicht anders zu erwarten war. In den USA war die Zahl der Yogis von 2004 bis 2008 zwar um etwa eine Dreiviertel Million zurückgegangen, doch das Geld, das für Yoga ausgegeben wurde, hatte sich verdoppelt.
    »Wir sind schließlich nicht in Indien, sondern im Westen. Wenn du hier niemanden zur Kasse bittest, glaubt keiner, dass du was kannst«, sagte Bikram Choudhury, und in kapitalistischer Logik hatte er sicher nicht unrecht. Das Business mit Yoga war nicht zu verhindern, doch es widersprach den Kernaussagen Yogas. Und dieser Widerspruch schien immer mehr Yogis sauer aufzustoßen, denn es gab mittlerweile eine brandneue Yoga-Revolution, die sich auf die Wurzeln besinnen wollte. Sie strebte weg vom Personenkult um Rockstar-Yoga-Lehrer und Luxus-Retreats und manifestierte sich in den ersten spartanischen Studios in den USA, die auf Spendenbasis funktionierten. Die Besinnung auf die echten Werte Yogas – weg vom McYoga, weg von nackten Miezen auf Werbeplakaten, weg von einer Woche Yoga-Urlaub für 6000 Dollar.
    Die New York Times widmete diesem Trend einen Artikel mit dem Titel »Das Yoga-Manifest«. Darin kommt ein gewisser Greg Gumucio zu Wort, der 2006 das erste »Yoga to the People«-Studio im New Yorker East Village eröffnete. Gumucio, übrigens ein ehemaliger Bikram-Jünger, erklärte sein Manifest so: keine richtige Kleidung, keine richtige Bezahlung, keine richtigen Antworten. Kein Ego, kein Drehbuch, keine Podeste. Und natürlich: keine Rockstars als Lehrer. Inzwischen gab es drei Studios in New York, zwei in Kalifornien, weitere waren in Planung. An einem Tag, so schätzte Gumucio, besuchten ungefähr 900 Menschen ein Yoga to the People Studio, ungefähr die Hälfte von ihnen spendet, was sie für angemessen hält. Es gab andere Yoga-Studios in New York, die auf dem gleichen Prinzip basierten. Vielleicht war es bezeichnend, dass der Anti-Trend ausgerechnet in der Stadt entstand, in der auch Nackt-Yoga seine Anhänger hatte. Die urbanen Neurotiker waren wohl besonders anfällig für eine Anti-Bewegung, die zu den Wurzeln zurückkehren wollte.
    Der Personenkult, von dem sich Gumucio distanzierte, trieb indes besondere Blüten. So eröffnete 2009 die erste Talent- und Booking-Agentur für Yoga-Lehrer: YAMA. Das stand für Yoga Artist Management Agency. Die Agentur kümmerte sich um Tour-Organisation, half mit dem Launch der eigenen Yoga-DVD, buchte die Lehrer für Yoga-Festivals und vertrat ungefähr 30 Yoga-Rockstars. Bei Yoga to the People konnte man nicht einmal in Erfahrung bringen, welcher Lehrer unterrichten würde, denn Gumucio hielt das für kontraproduktiv. Yoga befand sich also in einem riesigen Identifikationsspagat, für den es noch keinen Asana-Namen gab.
    Und doch, in all dem, mittendrin, hatte ich es geschafft, einen Kopfstand zu machen.
    *
    Tante Ida rief an und erkundigte sich nach dem Projekt.
    »Ich habe keine Deadline mehr. Die Hochzeit wurde abgesagt«, erzählte ich.
    »Oh nein! Deine arme Freundin.«
    »Ja, die Arme. Aber das Projekt ist fast beendet. Die Maße stimmen. Ich wiege zwar fünf Pfund mehr
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