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Yoga Bitch

Titel: Yoga Bitch
Autoren: Danijela Pilic
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dachte schon, dass so was kommt.«
    »Von mir?«, fragte ich, denn ich fühlte mich angesprochen, und das gefiel mir nicht.
    »Ja, von dir.«
    »Wie kommst du denn darauf?«, wollte ich wissen.
    »Na ja, ist doch logisch. Dieser ganze Optimierungsquatsch. Botox war da nur eine Frage der Zeit.«
    »Du hast doch noch vor einer halben Stunde gesagt, wie gut ich aussehe.«
    »Ja, tust du auch. Aber verdammt. Was ist denn los mit euch allen? Ihr seid doch tolle, nein, nicht nur tolle, sondern überdurchschnittlich gut aussehende, fitte Wahnsinnsfrauen! Wollt ihr euch gegenseitig in den Beauty-Wahn mobben?«
    »Was heißt hier mobben? Ich helfe nur«, sagte Rosa schnippisch.
    »Fühl dich nicht allein angesprochen. Ihr alle. Du auch«, sagte Sophie und zeigte auf mich.
    »Schätzchen, ich will dich reden hören, wenn dein Rücken nicht mehr mitmacht und du Falten kriegst. Jetzt hast du leicht reden«, entgegnete ich.
    »Okay, ich hoffe, dass ich lässiger damit umgehen kann, wenn es so weit ist, wann auch immer mich das packt, was euch gepackt hat«, sagte Sophie.
    »Genau das ist doch der ganz feine Grat, auf dem man ab einem gewissen Alter zu balancieren hat«, beteiligte sich Alev, zum ersten Mal seit das B-Wort fiel, am Gespräch.
    »Welcher?«, fragten Sophie, Rosa und ich gleichzeitig.
    »Na, der zwischen lässig und nachlässig.«
    *
    Polly schrieb mir wieder:
    Letzte Woche hat mein Unterricht angefangen. Er ist intensiv – fünf bis sechs Stunden täglich – und wahnsinnig anstrengend und fordert mich bis zum Letzten. Die Lehrer sind super. Ich weiß jetzt endgültig – als ob ich noch eine Bestätigung gebraucht hätte –, dass es das ist, was ich machen möchte.
    Letzte Woche war ich in einem ganz angesagten Yoga-Studio in Brentwood, und stell dir vor, Charlize Theron war auch in der Stunde, kam ganz normal rein, mit ihrer Matte und Pferdeschwanz. Als die Stunde fertig war, standen draußen schon die Paparazzi. (Übrigens nennt man hier die Paparazzi, die vor Yoga-Schulen auf Promis war, Yogarazzi!) Jedenfalls, OH MY GOD, Charlize Theron!!! Alle taten ganz cool, ich auch, doch als ich im Auto war, drehte ich die Musik auf und schrie ganz laut.
    Ich hoffe, Deinem Nacken geht’s besser!
    xxx
    Polly
    Leider ging es dem Nacken nicht besser. Ich hatte mir den Muskel tatsächlich gezerrt, und derselbe Orthopäde, der mir noch vor vier Monaten dazu geraten hatte, Yoga weiterzumachen, sagte nun: »Beim Yoga passiert? Ja, das sehe ich jetzt öfter.«
    »Wirklich? Wieso?«
    »Ich denke mal, weil so viele Leute inzwischen Yoga machen. Sie machen jetzt bitte zwei Wochen Pause.«
    Es war unglaublich: Ich (!) hatte eine Sportverletzung. Vor ein paar Monaten noch hätte ich diesen Satz für einen Scherz gehalten, doch nun war klar, dass ich endgültig die Seiten gewechselt hatte: Ich war Teil einer ganzen Generation, die von Selbstzerstörung und Hedonismus auf Selbsterhalt und Gesundheitsfaschismus geschaltet
hatte.
Damals
Heute
– Afterhour
– Biomarkt
– selbstgedrehte Joints
– selbstgemachte Bio-Marmelade
– Katerfrühstück
– Rohkost-Buffet
– Drei Tage wach
– jede Nacht wach (wahlweise: schreiendes Baby, Sorgen, senile Bettflucht)
– Hängematte
– Yoga-Matte
– Acid-Trip
– Wellness-Trip
    Das musste vielleicht so kommen: Wir, die es haben darauf ankommen lassen, wollten nun ankommen in unseren Körpern. Die Frage war nur, wie viel war zu viel? Ich rechnete nach, wie viele Stunden wöchentlich ich mich mit der Optimierung des Guten an mir beschäftigte. Da waren zunächst die Dinge, die ich schon immer als Wartung ansah: Maniküre, Pediküre, Wachsen unerwünschter Körperhaare, Friseurtermine, kosmetische Behandlungen, jeweils alle paar Wochen. Nun kamen Yoga, Laufband und zwei bis drei Termine in der Woche bei Dr. Filler dazu. Das machte insgesamt ungefähr 40 Stunden monatlich. Ich war gerade dabei, meine Selbstoptimierungszeit niederzuschreiben, als die Chefin in mein Büro kam.
    »Was machen Sie gerade?«
    »Ach, ähm, ich stelle gerade eine Liste auf, wie viel Zeit wohl nötig wäre, um sein Aussehen zu optimieren. Für die Studie. Meinen Sie nicht, dass man Stufen des Körperkults abstecken könnte, indem man den darin investierten Zeitaufwand ausrechnet? Nur so als Idee.«
    »Das wäre sehr interessant. Sagen Sie mal, wie viele Stunden gehen denn bei Ihnen so drauf?«
    »Ach, keine Ahnung. Das müsste ich erst mal ausrechnen«, antwortete ich und fragte mich in dem Moment, ob ich wohl eine gute
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