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Yoga Bitch

Titel: Yoga Bitch
Autoren: Danijela Pilic
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als mein Idealgewicht, aber das geht in Ordnung. Ich gefalle mir so. Jetzt muss ich die Sache runterfahren, und ich weiß nicht genau, wie ich das machen soll.«
    »Ja, das ist der Fluch und Segen deiner Generation, und die Jüngeren wird es noch schlimmer treffen.«
    »Was meinst du genau?«
    »Für meine Generation und die deiner Mutter gab es ein Alter, ab dem man sich, wie sagt ihr, locker machen konnte. Heute wird von Frauen immer mehr erwartet. Es gibt zahllose Möglichkeiten, und man muss immer härter an sich arbeiten.«
    »Stimmt.«
    »Es ist, als gälte es, ein unausgeschöpftes Potenzial der Schönheit anzuzapfen. Wer es nicht macht, ist selbst schuld. Es ist schwer, sich dem zu widersetzen.«
    »Es ist auch schwer, kann ich dir sagen, sich dem nicht zu widersetzen. Wenn du wüsstest, wie viele Stunden ich darin investiert habe. Ich hätte in der Zeit ein Buch schreiben können. Doch es lohnt sich eben.«
    »Schätzchen, mach’ alles, solange es sich gut anfühlt. Lass’ dich nicht überrollen. Das ganze Zeug ist nur dazu da, dir zu dienen, nicht umgekehrt.«
    Huch! Als ich aufgelegt hatte, griff ich sofort zu meinem Yoga-Buch, denn ich konnte mich erinnern, dort etwas Ähnliches gelesen zu haben. Und da stand es, ein Zitat des großen Yogi T. K. V. Desikachar:
    Yoga muss dem Menschen dienen, nicht umgekehrt.

20
    »Schönheit ist unerträglich, treibt uns in die Verzweiflung, bietet uns für eine Minute einen flüchtigen Blick auf eine Ewigkeit, die wir gerne über die Zeit ausdehnen würden.«
    Albert Camus
    Der Sommer kam schneller als erwartet. Zum ersten Mal seit Jahren verschlang ich nicht alle Acht-Kilo-in-zwei-Wochen-Artikel, die mit den Bikini-Ängsten nicht sommerbereiter Frauen spielen. Ich war fit, schlank und straff. Ich konnte bis auf die Zähne und die Erleuchtung alle Punkte auf meiner Liste abhaken. Ich war aber auch gereizt, schlief schlecht und fühlte mich rastlos. Nur die Yoga-Wolke schaffte es ab und an, dass ich mich ruhig fühlte. Es war seltsam: Ich hatte mein Ziel erreicht, und doch war ich nicht glücklich.
    »Ich weiß, was mit dir los ist«, sagte Sophie.
    »Wieso?«
    »Geht’s dir denn gut?«
    »Eigentlich schon. Obwohl: Ich schlafe schlecht und bin ziemlich gereizt.«
    »Also geht’s dir nicht gut. Lies das mal.«
    Sophie klatschte mir eine Frauenzeitschrift vor die Nase, in der sie auf einer Seite diverse Passagen mit Textmarker angestrichen hatte:
    Bei einem Burn-out hat man zunächst den Eindruck, zu wenig Zeit für sich zu haben und immer am Ball bleiben zu müssen. Man lädt sich eine Arbeit und Verpflichtung nach der anderen auf. Man mutet sich mehr zu, als man körperlich und seelisch geben kann. Die Energie- und Kraftreserven werden immer weniger. Dann kommen chronische Müdigkeit, Stimmungsschwankungen, Ärger, Angstgefühle, Schlafstörungen und Erschöpfungszustände hinzu. Das Engagement lässt nach, Reizbarkeit bis hin zu Aggression kommen auf, man hat das Gefühl, ausgeliefert zu sein und nichts mehr auf die Reihe zu bekommen.
    Gefährdet sind Menschen, die sehr hohe Anforderungen an sich stellen, alles perfekt machen wollen und sich (übertrieben) hohe Ziele setzen. Sie wollen stets Höchstleistungen vollbringen und erlauben sich nicht, Fehler machen zu dürfen.
    Wenn sie keine Anerkennung bekommen oder nicht all ihre Ziele erreichen können, sind sie von sich enttäuscht, strengen sich vielleicht noch mehr an, und ihr Akku läuft langsam leer. Je mehr ihr Akku leer läuft, umso mehr strengen sie sich an und umso wahrscheinlicher kommt es zu einem Burn-out. Irgendwann ist der Leistungswille noch da, aber Körper und Geist verweigern die Mitarbeit.
    »Sophie, was soll das? Ich leide doch nicht an Burn-out.«
    »Nein, du nicht.«
    »Also, was soll das?«
    »Die Yoga Bitch in dir leidet an Burn-out. Um genauer zu sein: am Beauty-Burn-out.«
    Vielleicht war da wirklich was dran.
    »Aber wieso hat Rosa kein Beauty-Burn-out? Die macht noch viel mehr als ich«, winselte ich schwach.
    »Weil Rosa so ist. Die zwingt sich zu nichts. Der macht das alles Spaß. Außerdem hat sie keine 50-Stunden-Woche und jede Menge Kohle.«
    »Okay. Also, was soll ich machen, deiner Meinung nach?«
    »Du musst runterkommen.«
    »Aber nicht von 180 auf null, das geht nicht.«
    Ich wollte mich wehren, doch ich war zu schwach. Ich wusste, dass Sophie recht hatte. Ich war gestresst, ich war gereizt, ich schlief nicht gut, ich hatte keine Zeit mehr, ich hatte seit einem halben Jahr kein
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