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Edvard - Mein Leben, meine Geheimnisse

Edvard - Mein Leben, meine Geheimnisse

Titel: Edvard - Mein Leben, meine Geheimnisse
Autoren: Zoë Beck
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Freitag, 19.08., 17:58 Uhr
    Ich habe nachgedacht. Es gibt nur zwei Möglichkeiten: Entweder ist dieses Gerede über die Pubertät eine einzige riesige Medienkampagne, die erfunden wurde, um Jungs wie mich in den Selbstmord zu treiben, oder meine Eltern haben mein Geburtsdatum gefälscht, ich bin in echt viel jünger und der Stimmbruch und das alles kommt noch. Ich tendiere zu Möglichkeit zwei. Meinen Eltern traue ich alles zu. Übrigens traue ich ihnen auch zu, dass sie mein Geburtsdatum gefälscht haben und anschließend eine Medienkampagne mit Fehlinformationen über den üblichen Verlauf der Pubertät gestartet haben, damit ich mich in meinem Elend von der nächsten Brücke stürze, um zu verhindern, dass ich den Betrug mit dem Geburtsdatum herausfinde und sie öffentlich bloßstelle.
    (Ich streiche das. Ich habe es noch einmal durchgelesen und finde, es hört sich ein bisschen paranoid an. Aber ich lösche es nicht, für den Fall, dass ich damit richtigliege. Dann hätte ich den Beweis, dass ich von Anfang an alles durchschaut habe.)
    ((Ich habe ja noch eine Theorie: Sie kennen mein Geburtsdatum gar nicht so genau, weil sie mich irgendwo gefunden haben, nachdem mich meine echten Eltern ausgesetzt hatten. Das würde alles erklären. Alles .))
    Das mit den Haaren ärgert mich am meisten, weil ich große Hoffnungen darauf gesetzt hatte. Ich war schon immer der Dünnste in der Klasse. Jetzt bin ich noch dünner als die anderen, überrage sie aber um ein paar Meter und habe eine Mädchenstimme. Das wäre noch irgendwie okay gewesen, wenn ich wenigstens Haare auf der Brust bekommen hätte. Henk zum Beispiel rasiert sich morgens nicht nur im Gesicht, sondern auch unterden Armen und auf der Brust. (Und Arthur sagte mal: »Du willst nicht wissen, wo er sich noch rasiert.« Nee, das will ich nicht wissen.) ((Vielleicht haben Henks Eltern ja auch sein Geburtsdatum gefälscht, und er ist in Wirklichkeit zwei Jahre älter, als er glaubt.)) (((Um das klarzustellen: Ich habe schon Haare. Aber eben nicht auf der Brust.))) ((((Ich meine jetzt nicht die Haare auf dem Kopf.))))
    In den letzten Wochen habe ich alles probiert, damit mir Brusthaare wachsen, die ich wegrasieren kann. Sogar Papas Koffeinshampoo hab ich jeden Morgen zum Duschen benutzt und extralang auf der Brust einwirken lassen, weil draufsteht, dass es Haarwachstum nachweislich fördert.
    Keine Ahnung, wie ich in Zukunft in der Umkleidekabine überleben soll. Gestern habe ich Mama und Papa angebettelt, mich einfach in eine andere Schule zu stecken, aber Mama sagte nur: »Edvard, das ist jetzt die vierte Schule seit deiner Einschulung. Wir haben alles versucht: Waldorf, Montessori und die private Ganztagsschule. Und innerhalb der Ganztagsschule hast du sogar noch vom sprachlich-künstlerischen Zweig zum mathematisch-naturwissenschaftlichen gewechselt. Jetzt gehst du auf ein stinknormales staatliches Gymnasium, und da wirst du auch die nächsten fünf Jahre bleiben.«
    »Vier«, sagte Papa. »Sie haben heute nur noch zwölf Jahre bis zum Abi.«
    »Vier«, sagte Mama streng.
    »Dann lasst mich wenigstens die achte Klasse wiederholen«, jammerte ich. »Ich hab eh ein sauschlechtes Zeugnis!«
    »Ja, aber das hast du nicht, weil du zu dumm bist, sondern nur, weil du zu umständlich bist«, sagte Papa.
    »Ich bin nicht zu umständlich. Ich wollte einfach nur sitzen bleiben!« Was leider nicht geklappt hat.
    »Vergiss es«, sagten Mama und Papa gleichzeitig.
    Es hilft nichts. In zehn Tagen muss ich antreten. Ohne Brusthaare, ohne Muskeln und mit viel zu langen Armen und Beinen.
    Und sie werden mich alle ›Mädchen‹ nennen.
    Constanze wird mich verachten.
    Mein Leben ist vorbei.
    (Edit: Ich bin mit meinen neuen Schuhen Größe 49 wieder in Pudelscheiße getreten. Mama sagte dazu: »Diesmal werden sie nicht weggeworfen.«
    Ich so: »Aber ich bin in Pudelscheiße getreten!«
    Mama so: »Mit neuen Schuhen. Du machst sie dieses Mal sauber.«
    Ich so: »Aber ich habe keine Ahnung, wie ich stinkende Pudelkacke aus der Sohle rauskriegen soll.«
    Mama so: »Tja, dann lernst du’s eben. So was gehört zum Erwachsenwerden dazu.«
    Ich so: »Können wir dem Alten nicht einfach sagen, dass er mir neue Schuhe kaufen muss? War ja immerhin sein Köter, und er hat den Bürgersteig nicht sauber gemacht.«
    Und Mama so: »Dann geh rüber und red mit ihm.«
    Haha. Als ob.)

Samstag, 20.8., 16:43 Uhr
    Wir machen seit heute Urlaub auf einem Bauernhof.
    »Der Junge soll in der letzten
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