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Edvard - Mein Leben, meine Geheimnisse

Edvard - Mein Leben, meine Geheimnisse

Titel: Edvard - Mein Leben, meine Geheimnisse
Autoren: Zoë Beck
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sind die Nächte kühler als in der Stadt, Junge«, sagt sie und tätschelt mir den Kopf. Dazu muss sie sich auf die Zehenspitzen stellen.

Samstag, 20.8., 18:15 Uhr
    Meine Eltern haben ein riesiges Zimmer, es ist so riesig, dass man mit einer zehnköpfigen Familie drin wohnen könnte, ohne sich zu begegnen. Außerdem kommt Tageslicht durch die Fenster. Und es stinkt nicht so. Irgendwie ist das nicht fair. Ich frage sie, ob sie das Klo schon gesehen haben. Mama fängt sofort an, von den Vorzügen der Komposttoilette zu schwärmen.
    »Und wo soll ich aufs Klo gehen? Da kann ich nicht aufs Klo gehen!«, sage ich.
    »Wenn man muss, kann man überall«, sagt Papa.
    »Ich nicht«, sage ich.
    »Abwarten«, sagt er.
    Ach so, und: Von der Ostsee kann ich nichts sehen, weil die noch anderthalb Kilometer weit weg ist. Ich kann da nicht einfach mal so hinlaufen. (Papa meinte: »Prima, da kann man ja auch einfach mal so hinlaufen!«)
    Morgen darf ich beim Melken zusehen. Ich habe gesagt, dass mich das nicht so dringend interessiert. Ich meine, da sind echte, lebende, stinkende, muhende, dreckige Kühe , und man weiß ja, zu was die fähig sind! Aber Mama sagt: »Interesse hat man nicht immer sofort. Manchmal muss es erst geweckt werden.«
    »Vor allem muss ich geweckt werden, wenn ich morgens um fünf zum Melken gehen soll«, sage ich. »Das ist sehr ungesund für meinen Biorhythmus. Ich bin keine Lerche, sondern eine Eule.«
    »Eine Eule?«
    »Es gibt zwei Arten Menschen«, erkläre ich ganz geduldig. »Die einen sind Frühaufsteher, also Lerchen, die anderen sind Nachtmenschen, also Eulen. Ich bin eindeutig eine Eule.«
    »Eine Eule?! «
    »Ja.«
    »Wie kommst du darauf, dass du eine Eule bist?«
    Ich zucke die Schultern. Manchmal frage ich mich wirklich, wie meine Eltern die Schule geschafft haben. Angeblich sogar das Abitur.
    »Ich bin morgens eben immer sehr müde und abends sehr munter.«
    Mama starrt mich eine Weile an und atmet ganz komisch. Dann sagt sie: »Die Landluft wird dir guttun, und die Nähe zu Natur und Tier ebenfalls.«
    »Es stinkt hier«, sage ich und kann sehen, wie der Bauer, der gerade an uns vorbeigeht, mit den Augen rollt.

Samstag, 20.8., 18:30 Uhr
    Komposttoilette ausprobiert, aber nur zum Pinkeln. Keine Ahnung, was ich machen werde, wenn ich mal richtig aufs Klo muss. Vielleicht gibt es irgendwo eine Kneipe in der Nähe, jede öffentliche Toilette ist besser als dieser Komposthaufen.
    Lege mich ins Bett und lese ein bisschen in meinem Lieblingsbuch. Es heißt »Sterne«, und es geht um Sterne.

Samstag, 20.8., 20:19 Uhr
    Zum Abendessen gibt es keine Wurst. Dafür selbst gebackenes Brot, selbst gemachte Butter, selbst gemachten Käse und selbst gelegte Eier.
    »Das ist Frühstück«, sage ich.
    »Das ist vegetarisch«, sagt Mama.
    »Ich will Wurst«, sage ich.
    »Wir hätten Schinken«, sagt der Bauer und schaut zu Mama, »von glücklichen Schweinen.«
    »Da hörst du’s. Ich will glückliche Schweine!«, sage ich.
    »Wir haben dreimal vegetarisch gebucht«, sagt Mama und wirft dem Bauern einen finsteren Blick zu. »Nur diese eine Woche, Edvard, ja? Wir waren uns doch einig. Du isst nämlich viel zu viel Fleisch.«
    »Aber er hat glückliche Schweine!«, sage ich.
    »Es geht nicht nur um Massentierhaltung, es geht auch um deine Gesundheit«, mischt sich Papa ein.
    »Käse, Butter und Eier sind auch tierisches Eiweiß«, sagt der Bauer und rollt wieder mit den Augen.
    »Genau das wollte ich auch gerade sagen«, sage ich und nicke dem Bauern verschwörerisch zu: Der Mann ist auch kein Gemüsefreund! Leider sieht er es nicht, weil er sich gerade mit beiden Händen das Gesicht reibt und laut stöhnt.
    »Er soll sich doch erst mal dran gewöhnen«, sagt Mama. »Haben Sie vielleicht was mit Tofu?«
    »Ich will kein Tofu«, sage ich.
    »Das schmeckt fast wie Wurst.«
    »Behauptest du zu Hause auch immer, aber es schmeckt überhaupt gar nicht fast wie Wurst!«
    »Wir hätten da so selbst gemachten Aufstrich, der istvegan«, sagt der Bauer. Es klingt ganz dumpf, weil er immer noch seine Hände vorm Gesicht hat.
    »Au ja, für mich, bitte«, sagt Papa.
    »Für mich auch!«, sagt Mama.
    »Bekomm ich jetzt glücklichen Schinken?«, frage ich, in der Hoffnung, der vegane Aufstrich hätte meine Eltern abgelenkt.
    »Nein!«, rufen die beiden gleichzeitig, und der Bauer atmet ganz tief ein und wieder aus. Ich glaube, er hat Kopfschmerzen.
    Ich bekomme ein Käsebrot und muss niesen.
    »Edvard, du niest ganz schön
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