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Edvard - Mein Leben, meine Geheimnisse

Edvard - Mein Leben, meine Geheimnisse

Titel: Edvard - Mein Leben, meine Geheimnisse
Autoren: Zoë Beck
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Ferienwoche noch mal was richtig Schönes erleben«, sagte Papa zu Mama, als er das einfädelte. »Außerdem lernt er dort etwas fürs Leben, und er wird verstehen, wie wichtig es ist, nachhaltig zu leben.« (Er wusste nicht, dass ich ihn hören konnte.) Mama war natürlich sofort begeistert. Deshalb bin ich jetzt an der Ostsee auf einem Biobauernhof.
    Wir haben das Auto im nächstgrößeren Ort stehen gelassen und sind mit Fahrrädern zum Bauernhof gegurkt. Papa zieht unser Gepäck in einer Art Bollerwagen am Fahrrad hinter sich her. Ich habe keine Ahnung, warum wir nicht mit dem Auto weitergefahren sind. Erst denke ich, Papa hat in dieser Einöde Angst um seine Stoßdämpfer. Aber die Zufahrtsstraße sieht einwandfrei aus.
    Von Weitem sieht der Bauernhof richtig wie ’ne Postkarte aus: rote Backsteingebäude mit Reetdächern, weißen Sprossenfenstern und grün gestrichenen Türen. Als wir angekommen sind, ist es vorbei mit der Postkarte. Es stinkt abartig, überall laufen Tiere herum (ich werde sogar von einem Huhn angegriffen!), hinter einem der Gebäude erkenne ich einen riesigen Misthaufen, und der Biobauer und seine Frau sehen aus, als kämen sie gerade aus dem Stall.
    Leider muss ich den beiden die Hand geben.
    »Wir kommen gerade aus dem Stall«, sagt der Bauer.
    »Ach, wie toll«, sagt Mama begeistert.
    »Na, junger Mann, das ist für Sie bestimmt der letzte Urlaub mit den Eltern, was?«, sagt die Bäuerin augenzwinkernd. »Bevor der Ernst des Lebens losgeht? Sind Sie schon im Abitur?«
    Ich mache große Augen, weil ich keine Ahnung habe,was hier schiefläuft und ob sie mich verarschen will. »Ich komme in die neunte Klasse«, sage ich, und jetzt macht die Bäuerin große Augen.
    »Oh, entschuldige, ich dachte … Aber das hört man ja, wenn du … Du bist halt schon so …«, stammelt sie und verzieht sich.
    Ihr Mann zeigt uns die Zimmer. Meins ist ganz weit von Mama und Papa entfernt, was mich freut. Aber bevor wir richtig da sind, sagt mir der Bauer, dass ich durch das halbe Gebäude rennen muss, wenn ich aufs Klo will, und das finde ich nicht mehr so toll.
    »Bis vor ein paar Jahren hatten wir das Klo noch draußen auf dem Hof«, sagt der Bauer.
    »Haha, guter Scherz«, sage ich.
    »Er glaubt dir nicht«, sagt die Bäuerin, die gerade mit einem Stapel frischer Handtücher aus dem Nichts aufgetaucht ist.
    »Im Winter, wenn es so richtig kalt war, konnte man die eigene Pisse dampfen sehen«, sagt der Bauer.
    »Quatsch«, sage ich.
    »Das war ein Plumpsklo, und ganz früher haben meine Eltern noch Zeitungspapier benutzt, wenn sie sich mal kein Klopapier leisten konnten.«
    »Glaub ich nicht.«
    »Na, das ist ja alles vorbei. Jetzt haben wir diese tollen Komposttoiletten im Haus.«
    »Sie verarschen mich doch!«
    »Nein, soll ich’s dir zeigen?« Er geht fast den ganzen Weg zurück und reißt stolz die Tür zum Klo auf. Es ist in einem winzigen Raum. Das Klo sieht nicht aus wie sonst die Klos, es ist viel klobiger. Er macht den Deckel auf, und ich starre ins Dunkle. »Ich seh nichts. Das ist alles schwarz.«
    Er lacht laut.
    Ich starre weiter in das schwarze Loch. Aber außer tiefstem Schwarz ist nichts zu erkennen. »Wo ist denn der Spülkasten?«, frage ich.
    »Gibt’s keinen. Es ist eine Komposttoilette.« Er buchstabiert das Wort fast.
    »Haben Sie noch ein anderes Klo?«, frage ich. Da kann ich unmöglich drauf gehen.
    Der Bauer lacht wieder. »Komm, ich zeig dir jetzt dein Zimmer.«
    Er führt mich durch die Gänge. Dann schiebt er mich in eine düstere Kammer. Die Kammer ist ungefähr so groß wie ein Schuhkarton. Sie haben einen beängstigend riesigen Kleiderschrank aus dunklem Holz reingequetscht. Erst denke ich, ich muss im Schrank schlafen, weil unmöglich noch etwas anderes in das Zimmer passen kann, aber dann sehe ich hinter dem Schrank im Dämmerlicht ein Bett aus genauso dunklem Holz. Kurz unter der Decke ist ein schmales Fenster, das wie ein Kellerfenster aussieht. Es ist gekippt. Im Zimmer riecht es gar nicht gut.
    »Unter dir ist der Schweinestall«, sagt der Bauer hilfreich. »Vielleicht machst du doch lieber das Fenster zu. Und wenn es draußen dunkel ist und du hier drin Licht hast, lässt du es auch besser zu, sonst kommen die Stechmücken rein.«
    Die Bäuerin quetscht sich an uns vorbei und beerdigt das Bett unter riesigen weißen Decken und Kissen. »Dann hast du’s schön bequem«, sagt sie zu mir.
    »Draußen sind dreißig Grad«, sage ich. »Ich ersticke darunter.«
    »Hier
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