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Wolfstränen - Roman (German Edition)

Wolfstränen - Roman (German Edition)

Titel: Wolfstränen - Roman (German Edition)
Autoren: Vanessa Farmer
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Hauses.
    »Und nun räumen Sie diesen Dreck auf, bevor Sir Blackhole davon Wind bekommt!« Drought machte eine fahrige Bewegung und kreuzte seine Arme vor der Livree.
    Nell bewegte sich nicht.
    »Haben Sie nicht gehört, was ich Ihnen befohlen habe?«
    Das schmale Gestalt des Butlers ragte vor Nell auf, sein Habichtgesicht war ein Schattenriss, und seine starren Augen leuchteten im Schein einer sterbenden Kerze.
    »Sie sind ein Mistkerl, Drought!«
    Drought zog seine Uhr aus der Westentasche und klappte den Deckel auf. »Es ist fünfzehn Minuten über die Zeit. Sir Blackhole wird Ihnen kündigen und ich werde seine Entscheidung unterstützen!«
    »Sie wissen, daß ich nicht gelauscht habe. Ich mache meine Arbeit gut und bin gegenüber Sir Blackhole absolut loyal. Sie müssen sie auch gehört haben, die Geräusche ...«
    »Die einzigen Geräusche, die ich höre, sind Ihre Unverschämtheiten.«
    »Und das Heulen? Das müssen Sie auch gehört haben.«
    Klack! schloß er die Uhr und steckte sie ostentativ in seine Westentasche. »Und nun sputen Sie sich. Oder erwarten Sie etwa von mir, daß ich diesen Dreck aufwische?«
    Nell biss sich auf die Zähne, ging in die Hocke und schob die Scherben zusammen. Ihr Kopf schnellte hoch. »Warum, Drought? Warum hassen Sie mich?«
    Der Butler verzog den Mund. »Räumen Sie auf und verwinden danach. Heute werde ich Sir Blackhole den Tee servieren. Irgendwer muß ihm die Verspätung schließlich erklären.« Er machte kehrt und stolzierte davon.
     
     
     
    Nell schlug die Tür zu und lehnte sich dagegen. Sie schloss ihre Augen. In ihren Ohren rauschte es und sie bebte vor Zorn.
    Es dauerte eine Weile, bis sich ihr Puls normalisierte. Sie plumpste auf die Bettkante und stützte ihre Ellenbogen auf die Knie. Den Kopf in die Handflächen gelegt dachte sie nach.
    Sie hatte diese Geräusche gehört. Daran gab es nichts zu deuten. Ihr Verstand war völlig in Ordnung, mochte dieser Schweinehund Drought auch etwas anderes behaupten.
    Seitdem sie in Blackholes Dienste getreten war, schikanierte der Butler sie. Mehr als einmal hatte sie die Segel streichen wollen, dann aber erkannt, daß Trotz sie nicht weiter brachte.
    Drought würde dafür sorgen, dass Adrian Blackhole sie feuerte.
    Und wenn schon …
    Der düstere Butler war ein grauenvoller Mann.
    Er würde sie nie in Ruhe lassen und jede Gelegenheit nutzen, sie zu quälen, zu kritisieren und zu missachten. So machte er es, seitdem sie in Blackholes Diensten stand und auch wenn sie anfangs gehofft hatte, das Eis zwischen ihnen würde tauen, hatte sie sich getäuscht. Vielmehr war es dicker geworden und undurchdringlich.
    Vielleicht war es besser, wenn sie woanders neu begann. Es wäre schließlich nicht das erste Mal.
    Sie atmete tief ein und aus und kam sich einsam und verlassen vor. Sie legte sich auf ihr schmales Bett und starrte an die Decke. Während sie von besseren Zeiten träumte, liefen ihr Tränen über die Wangen, was sie nicht merkte, da sie völlig erschöpft einschlief.
     
     
     
     
     
     

2
     
    »Ich hab‘ uns `nen Bratling besorgt«, sagte Meggy stolz und legte eine Schale auf die Treppenstufen. Darin schwamm ein stinkendes Etwas, ganz von Öl ummantelt.
    »Plattfisch, pfui Teufel!«, spie Bernard aus. »Wahrscheinlich hat Stockey, dieser Halsabschneider anstatt Rapsöl wieder Lampenöl genommen.«
    Er rümpfte seine Nase und griff sich den Bratfisch. Er biss hinein und verdrehte seine Augen.
    »Ich dachte es mir ... Stockey hat wieder zur Hälfte eingekauft, Fisch von vorgestern. Damit man es nicht merkt, soll er nach Lampe schmecken.« Er stockte und blickte zu Meggy auf, deren Augen sich mit Tränen zu füllen begannen. »Oh, Meggy – oh Meggy! Es tut mir so Leid.« Er ließ den Fisch aus seinen Fingern zurück in die Schale gleiten und stand auf. Hastig wischte er sich die Hände an seiner Hose ab und zog Meggy an sich. Sanft strich er ihr übers Haar. »Ich bin ein verdammter Egoist, Meggy! Du besorgst uns was zu essen, und was tue ich? Ich beschwere mich und meckere rum, als könnte ich’s mir erlauben!«
    »Is‘ schon gut, Bernard«, machte Meggy sich von ihm frei. Ihre Wangen waren rot wie Tomaten. »Es is‘ das Einzige, was ich kriegen konnte.«
    Sie ließen sich auf die Steinstufen herab, kauerten sich aneinander und teilten den Fisch.
    Eisiger Wind kam auf, pfiff durch die Straßen und wirbelte Blätter auf. Er trieb eine graue Herde über den Himmel.
    »Es wird regnen. In einer Stunde ist es dunkel.
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