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Wolfsmale

Titel: Wolfsmale
Autoren: Ian Rankin
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Watkiss, dass
wir seinen Neffen vierundzwanzig Stunden unter Bewachung haben. Wenn irgendwas passiert, wissen
wir, wo wir hingehen und wen wir dafür verantwortlich machen müssen.« Rebus trat einen Schritt
zurück und betrachtete den Mann aufmerksam. »Meinen Sie, das können Sie sich merken, oder soll
ich es Ihnen aufschreiben?«
Der Beifahrer knurrte hörbar, als er das Fenster wieder hochkurbelte.
Der Fahrer ließ bereits den Motor an. Als der Wagen sich in Bewegung setzte, verpasste Rebus ihm
noch einen Tritt zum Abschied. Vielleicht würde Kenny verschwinden, vielleicht würde er auch
bleiben. Das war seine Entscheidung. Rebus hatte ihm eine Chance gegeben. Ob der junge Mann sie
nutzte oder nicht, lag nicht in Rebus' Hand.
»Wie Pontius Pilatus«, murmelte er vor sich hin, als er Richtung Hauptstraße ging. Während er an
einem Laternenpfahl stand und wartete und betete, dass ein schwarzes Taxi vorbeikommen möge, sah
er Kenny Watkiss aus dem Wohnblock treten, eine Leinentasche über die Schulter geworfen. Er
schaute sich um und begann dann, ans andere Ende der Siedlung zu laufen. Rebus nickte vor sich
hin. »Braver Junge«, sagte er, als ein Taxi mit quietschenden Bremsen neben ihm anhielt.
»Glück gehabt, Kumpel«, sagte der Fahrer. »Ich fang gerade meine Schicht an.« Rebus stieg ein und
nannte den Namen seines Hotels. Dann lehnte er sich zurück, um die Stadt um diese stille Stunde
zu genießen. Der Fahrer jedoch stimmte sich bereits mächtig auf den vor ihm liegenden Tag
ein.
»Sagen Sie mal, haben Sie von diesem Theater gestern am Trafalgar Square gehört?«, fragte er.
»Ich hab anderthalb Stunden im Stau gestanden. Ich meine, ich bin ja durchaus für Recht und
Ordnung, aber es hätte doch eine andere Möglichkeit geben müssen, das zu regeln, oder?«
John Rebus schüttelte den Kopf und lachte.
Sein Koffer lag mit geschlossenem Deckel auf dem Bett, daneben die kaum benutzte Aktentasche und
die Tüte mit den Büchern. Er zwängte gerade die letzten Sachen in seine Reisetasche, als es leise
an der Tür klopfte.
»Herein.«
Sie trat ein. Sie trug eine Halskrause aus festem Schaumstoff, deren optische Wirkung sie jedoch
durch ein Grinsen milderte.
»Ist das nicht dämlich? Die wollen, dass ich das noch die nächsten Tage trage, aber ich...« Sie
sah das Gepäck auf dem Bett. »Du willst doch nicht etwa schon abreisen?«
Rebus nickte. »Ich bin hergekommen, um bei dem Wolfsmann-Fall zu helfen. Der Wolfsmann-Fall ist
abgeschlossen.«
»Aber was ist mit...«
Er wandte sich ihr zu. »Was mit uns ist?«, riet er. Sie senkte den Blick.
»Das ist eine gute Frage, Lisa. Du hast mich angelogen. Du wolltest uns nicht helfen. Du wolltest
deine verdammte Dissertation zusammenkriegen.«
»Tut mir Leid«, sagte sie.
»Mir auch. Ich meine, ich kann verstehen, warum du es getan hast, warum du geglaubt hast, du
müsstest es tun. Kann ich wirklich. Aber das macht es nicht besser.«
Sie straffte ihre Schultern und nickte. »So kann man es sehen«, sagte sie.
»Dann sagen Sie mir, Inspector Rebus, wenn ich Sie lediglich benutzt habe, warum bin ich dann vom
Krankenhaus aus direkt hierher gekommen?«
Er zog den Reißverschluss an seiner Reisetasche zu. »Weil ich dir auf die Schliche gekommen bin«,
sagte er.
»Nein«, sagte sie. »Das musste früher oder später ja passieren. Zweiter Versuch.« Er zuckte die
Achseln. »Ach«, sagte sie mit Enttäuschung in der Stimme, »ich hatte gehofft, du könntest es mir
sagen. Ich weiß es nämlich selber nicht genau.«
Er wandte sich ihr wieder zu und sah, dass sie lächelte. Sie sah so dämlich mit der Halskrause
aus, dass er schließlich das Lächeln erwidern musste. Und als sie auf ihn zukam, erwiderte er
auch ihre Umarmung.
»Au!«, rief sie. »Nicht so fest, John.«
Also lockerte er seinen Griff ein wenig, und sie lagen sich weiter in den Armen. Er fühlte sich
ein bisschen beschwipst; das kam wohl von den Schmerztabletten.
»Auf jeden Fall«, sagte er schließlich, »warst du keine große Hilfe.«
Sie machte sich von ihm los. Er lächelte immer noch, aber eher schelmisch. »Wie meinst du
das?«
»Ich meine all dieses Zeug, worüber wir uns im Restaurant unterhalten haben, die vielen
Karteikarten.« Rebus zählte die einzelnen Punkte auf.
»Zunichte gemachter Ehrgeiz. Opfer aus einer sozialen Schicht über der des Mörders. Vermeiden von
Konfrontation...« Er kratzte sich am Kinn.
»Davon trifft nichts auf Malcolm Chambers zu.«
»Das würde ich
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