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Wohin die Liebe führt

Titel: Wohin die Liebe führt
Autoren: Unbekannter Autor
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Meinung.
    »Hier spricht Sergeant Joe Flynn von der Polizei in San Francisco.«
    Jetzt war der Akzent schon stärker. »Haben Sie eine Tochter, die Danielle heißt?«
    Ein jähes Gefühl der Angst zog mir den Magen zusammen.
    »Ja, so heißt meine Tochter«, sagte ich schnell. »Ist etwas passiert?«
    »Das kann man wohl sagen«, kam langsam die Antwort. »Sie hat soeben einen Mord begangen.«
    Mit Reaktionen ist es merkwürdig. Einen Augenblick hätte ich beinahe laut gelacht. Ich hatte schon ihren überfahrenen, blutigen Körper irgendwo auf einer einsamen Landstraße gesehen. Ich biß mir auf die Zunge, um die Worte: Weiter nichts? zu unterdrücken. Statt dessen fragte ich laut: »Was ist mit ihr?«
    »Sie ist okay«, sagte die Stimme des Sergeants.
    »Kann ich mit ihr sprechen?«
    »Nicht vor morgen früh«, antwortete er. »Sie mußte zum Jugendgewahrsam .«
    »Ist ihre Mutter anwesend?« fragte ich. »Kann ich mit ihr sprechen?«
    »Ausgeschlossen«, sagte er. »Sie ist oben in ihrem Zimmer -hysterischer Anfall. Ich denke, der Arzt gibt ihr gerade eine Spritze.«
    »Ist nicht irgendwer da, den ich sprechen kann?«
    »Mister Gordon fährt mit Ihrer Tochter zum Jugendgewahrsam.«
    »Ist das Harris Gordon?« fragte ich.
    »Stimmt«, antwortete er. »Der Rechtsanwalt. Große Nummer. Er hat mich auch beauftragt, Sie anzurufen.«
    Harris Gordon. Anwalt. Die große Nummer. So nannten sie ihn dort. Der beste, der zu haben war. Und der teuerste. Ich wußte Bescheid. Er hatte Nora bei unserer Scheidung vertreten und meinen Anwalt einfach lächerlich gemacht. Mir wurde wieder etwas besser. Ganz so hysterisch war Nora also nicht, sonst hätte sie ihn nicht angerufen.
    In die Stimme des Polizisten kam ein neugieriger Tonfall. »Wollen Sie nicht wissen, wen Ihre Tochter umgebracht hat?«
    »Ich glaube es einfach noch nicht«, sagte ich. »Danielle kann keinem Menschen etwas antun. Sie ist noch nicht einmal fünfzehn.«
    »Sie hat ihn aber richtiggehend umgebracht«, sagte er nüchtern.
    »Wen?«
    »Tony Riccio«, sagte er. In seiner Stimme war jetzt etwas Häßliches. »Den Liebhaber Ihrer Frau.«
    »Sie ist nicht meine Frau«, sagte ich. »Wir sind seit elf Jahren geschieden.«
    »Sie hat ihn mit so einem Meißel umgebracht, wie ihn Ihre Frau in ihrem Atelier hat. Scharf wie ein Rasiermesser. Glatt in den Bauch. Das Ding hat ihn aufgerissen wie ’n Bajonett. Das ganze Zimmer voll Blut.« Ich glaube, er hatte gar nicht hingehört, was ich gesagt hatte. »Scheint mal wieder so ’n Fall zu sein, wo der Mann es mit beiden treibt und die Kleine eifersüchtig wird.«
    Mir stieg der Ekel in die Kehle. Ich schluckte hart und würgte ihn herunter. »Ich kenne meine Tochter, Sergeant«, sagte ich. »Ich weiß nicht, warum sie ihn getötet hat - und ob sie’s überhaupt getan hat -, aber wenn’s wirklich so sein sollte, so wette ich meinen Kopf, daß das nicht die Ursache war.«
    »Sie haben sie länger als sechs Jahre nicht gesehen«, sprach er beharrlich weiter. »Kinder können sich verändern in sechs Jahren. Sie wachsen heran.«
    »Nicht zu einer Mörderin«, sagte ich. »Nicht Danielle!«
    Ich hängte ein, ehe er noch ein Wort sagen konnte, und wandte mich zum Bett.
    Elizabeth starrte mich an, ihre blauen Augen weit aufgerissen.
    »Hast du das gehört?«
    Sie nickte, stieg rasch aus dem Bett und zog ihren Morgenrock an.
    »Aber ich kann’s nicht glauben.«
    »Ich auch nicht«, sagte ich matt. »Sie ist noch ein Kind. Sie ist erst vierzehneinhalb.«
    Elizabeth faßte meine Hand. »Komm mit in die Küche. Ich koche uns erst einmal Kaffee.«
    Wie in einem Nebel saß ich da, bis sie mir die Tasse mit dem heißen Kaffee in die Hand drückte. Ich war in dem Zustand, in dem der Mensch an tausend Dinge und in Wirklichkeit an nichts denkt. Wenigstens an nichts, was haftenbleibt. Vielleicht an Nebensächlichkeiten. Wie ein kleines Mädchen zum erstenmal in den Zoo gehen durfte. Oder über die Gischtflocken lachte, die in La Jolla von der See heraufspritzten. Und die Kinderstimme... »Es ist so lustig, auf einem Boot zu leben, Daddy! Warum kann Mami nicht runterkommen und mit dir in dem Boot wohnen, statt in dem großen alten Haus oben auf dem Berg in San Flan-cisco?«
    Ich mußte innerlich beinahe lächeln, als ich mich daran erinnerte, wie Danielle damals San Francisco ausgesprochen hatte -San Flancisco. Nora ärgerte sich immer darüber. Nora sprach stets so korrekt. Nora war in allem korrekt. In allem, was die Leute sehen konnten.
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