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Wohin die Liebe führt

Titel: Wohin die Liebe führt
Autoren: Unbekannter Autor
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Sekunden lang spürte ich, wie der Schmerz von meinen Augen durch die Sehnerven zum Gehirn lief. Der grellblaue Himmel, die heiße Sonne, das weiße Kleid und das goldblonde Haar des Mädchens, das dort stand. Ich blinzelte ein paarmal, weil mir das Licht weh tat.
    Das Mädchen sprach mit kräftiger, warmer Stimme. »Man sagte mir im Laden drüben, daß man Ihr Boot chartern kann.«
    Ich blinzelte noch immer. Das Licht vertrug sich einfach nicht mit dem Whisky.
    Der Schmerz ließ nach. Ich schielte sie an.
    »Sind Sie der Käpt’n?« fragte sie.
    Sie war gut anzusehen, wie ihre Stimme gut klang. Blauäugig und sonnenverbrannt, mit schönem großem Mund und einem wohlgeformten Kinn.
    »Ich bin die ganze Crew. Kommen Sie herein, trinken Sie ein Glas.«
    Die Hand, die nach der meinen griff, als sie die schmalen Stufen hinunterging, war kräftig und fest. Sie sah sich neugierig in der Kabine um. Viel gab’s da nicht zu sehen. Leere Whiskyflaschen und eine zerwühlte Koje. Sie schwieg.
    »Entschuldigen Sie die Wirtschaft«, sagte ich. »Aber ich trinke zwischen meinen Charterfahrten.«
    Ein leises Lächeln spielte um ihre Augen. »Das hat mein Vater auch getan.«
    Ich sah sie an. »Fuhr er auch auf Charter?«
    Sie schüttelte den Kopf. »Er war Kapitän eines Schleppers, auf dem East River in New York. Aber wenn er nicht arbeitete, trank er - gern und viel.«
    »Wenn ich arbeite, trinke ich nicht«, sagte ich.
    »Das hat er auch nicht getan. Er war der beste Schlepperkapitän von ganz New York.«
    Ich schob den Kram vom Tisch und nahm zwei saubere Gläser aus dem Schrank. Dann holte ich die Flasche Bourbon. »Ich habe nur Wasser. Kein Eis.«
    »Das ist ein guter Whisky«, sagte sie, »den soll man nicht verdünnen.«
    Ich goß die Becher halb voll. Sie trank den Whisky wie Wasser. Das war ein Mädchen nach meinem Herzen.
    »Nun zum Geschäft«, sagte sie sachlich und stellte das Glas weg. »Fünfzig Dollar pro Tag. Morgens um fünf Uhr hinaus, nachmittags vier Uhr zurück. Nicht mehr als vier Passagiere.«
    »Und für die Woche? Wir möchten nach Los Angeles, das Wochenende dortbleiben und dann zurück.«
    »Wir?« fragte ich. »Wieviel Personen?«
    »Nur zwei. Mein Chef und ich.«
    Ich sah sie an. »Dies ist die einzige Kabine auf dem Boot. Natürlich kann ich auf Deck schlafen, wenn’s sein muß.«
    Sie lachte. »Brauchen Sie nicht.«
    »Ich versteh Sie nicht. Fehlt dem Burschen denn was?«
    Sie lachte wieder. »Nein, ihm fehlt gar nichts. Er ist einundsiebzig und behandelt mich wie seine Tochter.«
    »Wozu dann den Charter?«
    »Er ist Architekt in Phoenix. Hat geschäftlich erst hier und dann in Los Angeles zu tun. Nachdem er ziemlich lange nichts als Sand gesehen hat, ist er auf den Gedanken gekommen, etwas
    Salzluft zu schnappen und vielleicht ein bißchen zu fischen.«
    »Mit dem Fischen wird er nicht viel Glück haben. Es ist die verkehrte Jahreszeit. Die Fische sind alle nach dem Süden abgezogen.«
    »Das macht ihm nichts aus.«
    »Alle Mahlzeiten an Bord?« fragte ich.
    »Bis aufs Wochenende, ja.«
    »Wären fünfhundert zuviel?«
    »Mit vierhundert kommen wir eher zusammen.«
    »Gemacht«, sagte ich und stand auf. »Wann soll’s losgehen?«
    »Morgen früh. Ist Ihnen acht Uhr recht? Möchten Sie eine Anzahlung?« Ich lachte. »Sie haben ein ehrliches Gesicht, Miss.«
    »Andersen«, sagte sie. »Elizabeth Andersen.«
    Sie stand auf.
    Die Wellen von einem vorbeifahrenden Schiff ließen den Boden unter uns schaukeln. Sie streckte die Hand aus, um sich zu halten, und ging die Kabinentreppe hinauf.
    Ich rief ihr nach. »Übrigens, Miss Andersen - was für ein Tag ist heute?«
    Sie lachte wieder. Ein warmes, freundliches Lachen. »Genau wie mein Vater. Das war immer das erste, was er fragte, wenn er einen Rausch hinter sich hatte. Heute ist Mittwoch.«
    »Natürlich.«
    Ich sah ihr nach, als sie den Kai hinunterging zu ihrem Wagen. Sie wandte sich um und winkte mir zu, dann stieg sie ein und fuhr fort. Ich ging zurück in die Kajüte und begann aufzuräumen.
    So hatten wir uns kennengelernt. Aber wir heirateten erst beinahe ein Jahr später.
    »Jetzt lächelst du«, sagte Elizabeth. »Worüber?«
    Mit einem Ruck war ich wieder in der Gegenwart, langte über den Tisch und legte meine Hand auf die ihre. »Ich dachte daran, wie du ausgesehen hast, als wir uns kennenlernten. Eine blonde Göttin aus Gold und Elfenbein.«
    Sie lachte und trank einen Schluck Manhattan. »Nun, jetzt sehe ich keiner blonden Göttin mehr
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