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Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11

Titel: Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11
Autoren: Jonathan Kellerman
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üblichen Ausschüssen gesessen, war in wissenschaftlichen Gesellschaften. Aber nichts Politisches. Trotz des Appellcharakters ihres Buches. Übrigens, eine Sache ist mir in ihrem Lebenslauf aufgefallen: Sie war Vorsitzende eines so genannten Disziplinarausschusses. Klingt so, als könnte das irgendwas mit sexueller Belästigung zu tun
haben - vielleicht Beschwerden von Studentinnen gegen Mitglieder der Fakultät. Was auch zu Kontroversen geführt haben könnte. Zum Beispiel, wenn sie die Karriere eines Kollegen gefährdet hätte.«
    »Disziplinarausschuss. Ist mir gar nicht aufgefallen. Danke für deine Aufmerksamkeit. Ja, das klingt interessant. Tu mir einen Gefallen und finde raus, was das ist. Der Institutsleiter reagiert nicht auf meine Anrufe, seit ich das erste Mal mit ihm gesprochen habe.«
    »Ed Gabelle?«
    »Genau.Wie ist er?«
    »Ein Politiker«, sagte ich. »Klar, ich höre mich mal um.«
    »Danke. Und jetzt will ich dir mal verraten, was mir an Professor Devane aufgefallen ist. Die Diskrepanz zwischen dem, was sie geschrieben hat, und ihren Auftritten im Fernsehen. Im Buch hat sie praktisch alle Männer als Schweine gebrandmarkt, und eigentlich müsste man meinen, sie sei eine Männerhasserin ersten Ranges gewesen. Aber auf den Videos kommt sie mir vor wie eine Frau, die Männer mag. Klar ist sie der Ansicht, wir hätten ein paar Probleme zu lösen, aber sie hat fast ein wenig Mitleid mit uns. Alex, sie strahlt eine freundliche Grundhaltung aus. Sie fühlt sich mit Männern wohl. Ich würde sagen, auf mich wirkte sie wie eine Frau, mit der man gerne mal ein Bier trinken geht.«
    »Eher ein Glas Champagner«, sagte ich.
    »Okay, zugegeben. Aber dieser Gegensatz springt einem ins Auge. Zumindest mir.«
    »Im Grunde könnte man dasselbe von ihrem Lebenslauf behaupten«, sagte ich. »In der ersten Hälfte macht sie die akademische Bilderbuchkarriere, in der zweiten wird sie zum Medienstar. Als ob es zwei verschiedene Frauen wären.«
    »Und dann noch was: Mein Urteil ist vielleicht nicht gerade repräsentativ, aber im Fernsehen fand ich sie sexy. Einfach
verführerisch, wenn sie so in die Kamera blickte, ein kleines Lächeln andeutete, die Beine übereinanderschlug und so weiter. Die Art, wie sie, ohne irgendetwas zu sagen, jede Menge sagte.«
    »Das waren vielleicht Pausen, wie sie Therapeuten einsetzen. Das lernen wir in der Ausbildung.Wir schweigen, damit andere sich öffnen.«
    »Dann hat sie das verdammt gut gelernt.«
    »Okay, was, wenn sie sexy war?«
    »Ich frage mich, ob sie vom Typ her dazu neigte, sich auf etwas Gefährliches einzulassen... Ist das jetzt Westentaschenpsychologie?«
    »Vielleicht meinst du im Grunde so etwas wie psychische Segmentation. Dass sie einzelne Aspekte ihres Lebens getrennt voneinander gehalten hat. In kleine Schubladen gepackt.«
    »Vielleicht in kleine Geheimschubladen«, sagte er. »Und Geheimnisse können gefährlich werden. Andererseits war es vielleicht wirklich bloß ein Irrer, der sie im Fernsehen gesehen hat und den göttlichen Auftrag bekam, sie umzubringen. Oder ein Psychopath, der es auf blonde Frauen abgesehen hat, und sie war einfach zur falschen Zeit am falschen Ort. Na ja, Alex, ich bleibe heute länger im Department, falls dir noch was einfällt.«
    »Ich werde Ed Gabelle mal wegen dieses komischen Ausschusses ausfragen und rufe dich an, falls es interessant wird.«
    »Interessant ist es schon lange«, sagte er und stieß dann einen Fluch aus.

3
    Ed Gabelle, der im Bereich physiologische Psychologie forschte, war betont lässig in Bluejeans und Jeanshemd gekleidet, hatte dichtes graues Haar, einen kleinen Mund und eine weinerliche, eintönige Stimme, die mitunter einen leicht britischen Akzent annahm.
    Es war kurz nach Mittag, und er kam gerade aus der Mensa. Sein verbindliches Begrüßungslächeln erstarb rasch, als ich ihn nach dem Ausschuss fragte.
    »Für die Polizei, Alex?«, sagte er bedauernd. »Wieso denn das?«
    »Ich habe schon öfter für sie gearbeitet.«
    »Ach ja? Tja, tut mir leid, aber ich kann dir nicht helfen. Das Institut hatte damit nichts zu tun.«
    »Wer denn?«
    »Na ja... ich will mal so sagen, Hope war eine ziemliche Individualistin. Du weißt schon - nicht gerade kontaktfreudig.«
    »Keine Zeit für ihre Kollegen.«
    »Genau.«
    »Wie war ihr Verhältnis zu den Studenten?«
    »Studenten?« Es klang wie ein Fremdwort. »Ich vermute, sie hatte welche. Also, war nett, dich zu sehen, Alex.«
    »Soll das heißen, der Ausschuss war
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