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Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11

Titel: Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11
Autoren: Jonathan Kellerman
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Talk-Shows.
    Der letzte Abschnitt mit der Überschrift »Verwaltungstätigkeiten« beschäftigte sich wieder mit dem staubtrockenen akademischen Alltag. Sie hatte in einigen Ausschüssen mitgearbeitet. Verwaltungskram, wie ich ihn nur allzu gut kannte. Dann, sechs Monate vor ihrem Tod, hatte sie den Vorsitz bei etwas übernommen, das sich »Disziplinarausschuss« nannte und worunter ich mir nichts vorstellen konnte. Ob es mit sexueller Belästigung zu tun hatte? Mit der Ausnutzung von Studenten durch die Fakultät?Wenn ja, dann barg diese Tätigkeit durchaus das Potenzial für feindselige Gefühle. Ich machte mir einen Vermerk und wandte mich dann »Wölfen und Schafen« zu.

    Der Buchumschlag war mattrot mit erhabenen Goldbuchstaben und einer kleinen schwarzen Darstellung zwischen dem Namen der Verfasserin und dem Titel: Silhouetten der namengebenden Tiere.
    Das Maul des Wolfes war mit Reißzähnen gespickt, und seine Krallen reckten sich bedrohlich nach dem zu klein geratenen Schaf. Auf der Rückseite gab es ein Farbfoto von Hope Devane. Sie hatte ein ovales, hübsches Gesicht, trug ein beigefarbenes Kostüm, eine Perlenkette und saß sehr gerade auf einem braunen Sessel, dahinter waren verschwommen Bücherregale zu erkennen. Lange und schmale Hände mit rosa lackierten Fingernägeln. Das honigblonde Haar war nach hinten gekämmt, und die zarten Wangenknochen wurden durch Rouge betont. Hellbraune Augen, klar, groß und offen, weich, ohne schwach zu wirken. Ein selbstbewusstes, vielleicht leicht ironisches Lächeln auf den schimmernden Lippen.
    Die Seiten waren geknickt, und Milo hatte mit gelbem Textmarker Unterstreichungen vorgenommen und mit Bleistift am Rand Notizen gemacht. Ich las das Buch, dann fuhr ich zur Universität und spielte ein Weilchen am Computer der Fachbibliothek Medizin.
    Interessante Ergebnisse. Ich fuhr wieder nach Hause und sah mir dieVideobänder mit den Talk-Shows an.
    Vier Talk-Shows, viermal ein lärmendes, undiszipliniertes Publikum und vier ölige, pseudo-sensible und absolut austauschbare Talkmaster:
    Talk mitYolanda Michaels:Was macht eine Frau aus?
    Hope Devane ließ die verkniffenen Ergüsse einer Feminismusgegnerin über sich ergehen, die allen Frauen empfahl, regelmäßig die Bibel zu lesen, sich zu schminken und ihre Ehemänner im durchsichtigen Regenmantel mit nichts darunter an der Haustür zu empfangen.

    Sid, Live!: Gefangene des Sex?
    Hope Devane debattierte mit einem Anthropologen, der behauptete, alle Geschlechtsunterschiede seien angeboren und unveränderlich, und Männer und Frauen sollten einfach lernen, miteinander auszukommen. Hope versuchte mit dürftigem Ergebnis, vernünftig zu argumentieren.
    Die Gina-Sydney-Jerome-Show:
    Hope Devane bei einer Diskussionsrunde, die ähnlich unerquicklich verlief.
    Morry Mayhew und Gäste:Sind Frauen wirklich das schwache Geschlecht?
    Hope Devane im Streitgespräch mit dem Leiter einer mir gänzlich unbekannten Organisation, die sich für die Rechte der Männer einsetzt. Der Mann attackierte sie mit unverhohlenem Frauenhass.
    Diese Show war anders - der Aggressionspegel stieg um mehrere Grad. Ich ließ das Band zurücklaufen und sah mir das Ganze noch einmal an.
    Der Frauenhasser hieß Karl Neese. Etwa dreißig, schlank, mit modischem Haarschnitt, aber mit vorsintflutlichen Ansichten, die er rücksichtslos und beleidigend äußerte.
    Seine Widersacherin verlor kein einziges Mal die Beherrschung, unterbrach ihn nicht, wurde nicht laut, auch dann nicht, wenn Neeses Kommentare von rüpeligen Machos im Publikum mit Applaus bedacht wurden.
     
    MAYHEW: Okay, Dr. Devane, könnten Sie uns bitte erklären -
    NEESE: Erklären Sie uns, wieso diese Feministinnen dauernd über ihre Problemchen jammern - nörgel, nörgel, nörgel. Aber sie finden nichts dabei, nach Lust und Laune abzutreiben, bloß weil ihnen ein Baby gerade nicht in den Kram passt -

    MAYHEW: - warum Ihrer Meinung nach so viele Frauen das Opfer von skrupellosen -
    NEESE:Weil sie skrupellose, brutale Männer wollen. Sie wollen Gefahr. Erregung. Und davon können sie gar nicht genug kriegen. Sie behaupten zwar das Gegenteil, aber es soll doch mal einer versuchen, bei einer Frau zu landen, wenn er nett zu ihr ist. Nett heißt schwach, und schwach heißt blöd. Und blöd darf nicht ran! (Gelächter, Applaus) HOPE DEVANE: Da könnte was dran sein.
    NEESE: O ja. Süße, und ob an mir was dran ist. (Anzüglich grinsend)
    DEVANE: Mitunter nehmen wir gefährliche Verhaltensmuster an.
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