Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11

Titel: Wölfe und Schafe - Ein Alex-Delaware-Roman 11
Autoren: Jonathan Kellerman
Vom Netzwerk:
Muster kämpfte einen erbitterten Kampf gegen sein grau kariertes Jackett. Das schwarze Haar,
das mittlerweile schon viel Weiß aufwies, war an den Seiten abrasiert, oben jedoch war es lang, und auch die Koteletten waren buschig - und völlig weiß.
    »Gibt es Hinweise darauf, dass sie lesbisch war?«, fragte ich.
    »Nix. Aber sie hat ein paar ziemlich böse Dinge über Männer gesagt, ergo, ipso facto .«<
    Ruth kam zurück. Sie hatte ihren Lippenstift erneuert und ihr Haar gekämmt. Das königsblaue Kleid ließ das Braun noch intensiver glänzen, und die Seide des Kleides betonte jede ihrer Bewegungen.Wir hatten einige Zeit auf einer Insel im Pazifik verbracht, und ihre Haut schimmerte noch immer olivenfarben.
    »Ihr seht beide so ernst aus«, sagte sie, während sie sich setzte. Unsere Knie berührten sich.
    »Er hat den Mord an Hope Devane aufgehalst bekommen«, sagte ich.
    »Ich dachte, den Fall hätten sie zu den Akten gelegt.«
    »Haben sie ja auch.«
    »Ein grauenhafter Mord.«
    Etwas in ihrer Stimme ließ mich aufmerken. »Grauenhafter als irgendein anderer Mord?«, wollte ich wissen.
    »In gewisser Weise ja. Da geht eine Frau in einer so vornehmen Gegend praktisch vor ihrer eigenen Haustür spazieren, und dann wird sie überfallen und erstochen. Mein erster Gedanke war, sie sei wegen ihrer Ansichten getötet worden. Aber vielleicht war es ja auch bloß irgendein Irrer, der zufällig ausgerechnet sie erwischt hat.
    Na ja, wenigstens kümmerst du dich jetzt um die Sache, Milo. Schon was rausgefunden?«
    »Noch nicht«, antwortete er. »In solchen Fällen fängt man noch mal ganz von vorn an. Hoffen wir das Beste.«
    Selbst in guten Zeiten war Milo nicht gerade optimistisch.
Aus seinem Mund klang der letzte Satz so unecht, als probte er für ein Schülertheater.
    »Außerdem«, sagte er, »habe ich mir überlegt, ob Alex mir vielleicht helfen könnte. Schließlich war Dr. Devane ja Psychologin.«
    »Hast du sie gekannt, Alex?«
    Ich schüttelte den Kopf.
    Der Kellner trat an unseren Tisch. »Noch Wein, die Herrschaften?«
    »Ja«, sagte ich. »Bitte noch eine Flasche.«
     
    Am nächsten Morgen brachte Milo mir die Kisten mit den Unterlagen und ging wieder. Zuoberst lag der Lebenslauf.
    Ihr voller Name lautete Hope Alice Devane. Vater: Andrew. Mutter: Charlotte. Beide verstorben.
    In der Rubrik »Familienstand« hatte sie verheiratet eingetragen, ohne jedoch Philip Seacrests Namen anzugeben, in der Rubrik »Kinder« keine.
    Sie stammte aus dem kalifornischen Städtchen Higginsville, von dem ich noch nie gehört hatte, das aber vermutlich in der Nähe von Bakersfield lag, denn dort hatte sie die High-School als Beste ihres Jahrgangs absolviert und anschließend ein Stipendium für ihr Psychologiestudium an der University of California in Berkeley bekommen. Nach dem Studium, das sie mit Auszeichnung abschloss, hatte sie dort auch mit der Promotion begonnen.
    Noch während des Studiums hatte sie ihre ersten beiden Arbeiten veröffentlicht. Nach Abschluss der Promotion war sie nach Los Angeles gekommen, wo sie in der Psychiatrie des County General Hospital arbeitete. Anschließend wurde sie als Lehrbeauftragte für Frauenstudien an die Universität berufen und erhielt schon ein Jahr darauf eine Stelle als Privatdozentin am Institut für Psychologie.

    Auf den nächsten zehn Seiten waren zahllose Mitgliedschaften in Forschungsgesellschaften aufgeführt, wissenschaftliche Veröffentlichungen, Auszüge aus Artikeln und Vorträgen, die sie auf Kongressen gehalten hatte. In ihren Forschungen hatte sie sich zunächst mit dem unterschiedlichen Leistungsvermögen von Jungen und Mädchen bei mathematischenTests beschäftigt, dann hatte sie sich auf die Erforschung von Geschlechterrollen und Erziehungsmethoden verlegt und schließlich die Auswirkung der jeweiligen Geschlechterrolle auf die Selbstkontrolle untersucht.
    Pro Jahr hatte sie im Durchschnitt fünf Artikel in angesehenen Zeitschriften veröffentlicht, was ihr einen blitzartigen Aufstieg auf der Karriereleiter garantierte. Trotzdem war an diesem Lebenslauf nichts Ungewöhnliches, bis ich an das Ende ihrer Bibliographie gelangte, wo eine Überschrift »Populärwissenschaftliche Veröffentlichungen und Medienarbeit« in etwa erahnen ließ, welche Wendung ihr Leben in dem Jahr vor ihrem Tod genommen hatte.
    »Wölfe und Schafe«, die Angaben der verschiedenen Übersetzungen, dann zahllose Interviews für Radio, Fernsehen und Zeitschriften, Auftritte in
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher