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Wo unsere Träume wohnen

Wo unsere Träume wohnen

Titel: Wo unsere Träume wohnen
Autoren: KAREN TEMPLETON
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„Er hat mir geschrieben, Vi. Hat gesagt, dass ich zurückkommen muss, bevor – ich zitiere – ‚alles noch schlimmer wird‘.“
    Verblüfft starrte sie ihn an. „Du wusstest wirklich nichts davon?“
    „Nein. Glaub mir, ich hatte keine Ahnung. Aber wie …“ Ein Windstoß wehte ihr das Haar ins Gesicht. Sie strich sich eine Locke aus den Augen. „Ich kann nicht fassen, dass er das getan hat.“
    „Oh, sei ihm nicht böse. Er hat es nur gut gemeint. Und du musst zugeben, es hat funktioniert. Ich bin hergekommen.“
    Violet senkte den Blick, stieß mit dem Fuß gegen einen Stein, und ein Käfer krabbelte panisch davon. „Und du glaubst, das beeindruckt mich?“
    „Offenbar nicht“, sagte Mitch nach einem Moment und fuhr sich mit der Hand durchs Haar. Mehrmals. „Ich weiß, ich habe einen Fehler gemacht, Vi. Und ich bereue ihn zutiefst. Aber ich habe nie aufgehört, dich zu lieben, das schwöre ich.“
    Violet ließ das Wort nachklingen, bevor sie sich eine trockene Stelle suchte und sich ins Gras setzte, der weite Rock wie ein Zelt um die Knie.
    „Du hast dich nicht mal gegen die Scheidung gewehrt“, sagte sie leise.
    „Ich weiß.“
    Die Sonne blendete sie, und sie hielt sich eine Hand vor ihre Augen. „Ist das alles, was du dazu zu sagen hast?“
    Mitch zuckte mit den Schultern, eine hilflose Geste, die ihr Mitgefühl weckte.
    Sonst nichts.
    Mitch setzte sich zu ihr. Hier hatte er sie zum ersten Mal geküsst, nicht weit von dieser Stelle. Sie würde ihn nicht daran erinnern.
    „Es ist zu spät, nicht wahr?“, fragte er, und plötzlich wurde Violet bewusst, dass sie nicht mehr nach hinten, sondern nach vorn schaute. Auf die Tür in die Zukunft. Sie brauchte sie nur zu öffnen und hindurchzugehen. Nichts – absolut nichts – hielt sie davon ab.
    Sie schloss die Augen und genoss die überwältigende Erleichterung, die sie durchströmte.
    „Ja“, sagte sie leise, als der Rausch abklang und nichts als Ruhe und Gelassenheit zurückließ. „Das ist es.“
    Mitch hob einen weiteren Stein auf und warf ihn ins Wasser. „Wegen Rudy?“
    Erstaunt sah Violet ihn an. Er war Rudy nur kurz begegnet, wusste kaum etwas über ihn … „Was hat George dir geschrieben?“
    Mitch griff in die Hemdtasche und zog eine gefaltete Seite aus einem Spiralblock heraus. „Lies es selbst.“
    Ihr Sohn hatte eine ebenso schwer zu lesende Handschrift wie sein Vater. Aber jedes einzelne Wort war richtig geschrieben. Bitte komm nach Hause, Dad. Denn ich glaube, Mom mag Rudy. Er und Mom sind Partner hier im Gasthof. Des halb musst du zurückkommen, bevor alles noch schlimmer wird. Ich vermisse dich. In Liebe, dein Sohn George. P.S. Wir haben einen Hund, er heißt Simon.
    Violet faltete den Brief zusammen, doch als sie ihn Mitch wiedergeben wollte, schüttelte er den Kopf. „Du magst Rudy also?“
    Es war nicht die Frage, die sie irritierte, sondern die Unterstellung, die darin mitschwang. „Hast du wirklich erwartet, dass ich für immer auf dich warte?“
    Er antwortete nicht sofort. „Du hast mir nie gesagt, dass du es tust.“
    „Ich habe es aber. Viel länger, als gut für mich war. Selbst nach der Scheidung habe ich noch gehofft, obwohl ich mich dagegen gewehrt habe. Weil die Jungen dich vermisst haben. Genau wie ich.“
    „Es tut mir leid, Vi …“
    „Das hilft mir nicht, Mitch. Und ob du es glaubst oder nicht, es hat nichts mit Rudy zu tun. Denn selbst wenn du vor sechs Monaten aufgetaucht wärst, wäre es zu spät gewesen. Das ist mir jetzt klar.“
    „Weil ich dich und die Kinder verlassen habe?“
    „Weil ich nicht mehr der Mensch bin, der ich damals war.“
    Dieses Mal war das Gefühl, die Vergangenheit endgültig hinter sich zu lassen, so berauschend, dass es ihr den Atem verschlug und sie erst nach einer Weile merkte, dass Mitch wieder ans Ufer ging.
    Violet raffte den Rock zusammen und stand auf, um ihm zu folgen. „Mitch, als wir uns kennengelernt haben, war ich ein Teenager, der von Liebe ungefähr so viel wusste wie von Atomkraftwerken. Deine Mutter und du, ihr wart wunderbar zu mir, das stimmt, aber …“
    Ruckartig drehte er sich zu ihr um. „Aber was?“
    „Was ich für dich empfunden habe … Oh, es ist so schwer.“ Sie schluckte und legte eine Hand auf seinen Arm. „Ich glaube … ich glaube, es war eher Dankbarkeit als Liebe. Die Art von Liebe, die zwei Menschen für immer verbindet, meine ich. Die Art von Liebe, die sich mit ihnen entwickelt, anstatt sie zu bremsen. Und wir haben uns
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