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Wo unsere Träume wohnen

Wo unsere Träume wohnen

Titel: Wo unsere Träume wohnen
Autoren: KAREN TEMPLETON
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schaute ihn mit schräg gelegtem Kopf an, als würde er nicht begreifen, was um alles in der Welt passiert war.
    Willkommen im Klub, dachte Rudy.
    Die Pizzeria in Laconia war dunkel, überfüllt und viel zu laut, um sich ernsthaft zu unterhalten. Vielleicht ist es besser so, dachte Violet, während sie Julian zum dritten Mal in zehn Minuten Tomatensauce vom Kinn wischte. Denn um sich zu unterhalten, musste man wissen, was man sagen wollte. Und sie hatte keine Ahnung. Aber dieser Abend gehörte den Jungen und ihrem Vater. Sie selbst konnte sich morgen überlegen, worüber sie mit Mitch reden wollte.
    Natürlich kann ich den Gasthof nicht verlassen, bevor Rudy Ersatz gefunden hat, dachte Violet, während sie mit nur einem Ohr dem aufgeregt erzählenden George zuhörte. Mitch schaute immer wieder von einem Jungen zum anderen und hin und wieder auch zu ihr hinüber. Sie musste gehen, egal, was jetzt passierte. Wenigstens das stand fest, auch wenn es Rudy das Herz brach.
    „Du siehst gut aus“, übertönte Mitch die blecherne Musik, die aus den Lautsprechern drang. Sie warf ihm einen Blick zu, mitten hinein in das schüchterne, arglose Lächeln, das für sie einst der Fels in der Brandung gewesen war. Er trug das karierte Hemd, das sie ihm vor einer Million Jahren von Wal-Mart mitgebracht hatte. „Du trägst das Haar jetzt hochgesteckt. Sieht hübsch aus.“
    „Danke.“
    Die Jungen waren satt, und ihr Vater hatte ihnen ein paar Münzen für die Videospiele in der Ecke spendiert. Mit klopfendem Herzen nahm Violet einen Schluck Cola. „Ich muss die Jungen nach Hause bringen. Wir wollen morgen früh zur Kirche.“
    „Seit wann gehst du zur Kirche?“
    „Seit morgen.“
    Ein verlegenes Lächeln huschte über sein Gesicht. „Wir beide sind noch gar nicht zum Reden gekommen.“
    „Wir können morgen reden. Ich … lasse die Jungen bei Betsy. Wo wohnst du?“
    „Im Gasthof ist kein Zimmer frei, was?“
    „Bestimmt kann Betsy dich unterbringen. Ich weiß, dass die Schlafcouch frei ist.“
    Im Halbdunkel war nicht zu erkennen, ob Mitch tatsächlich errötete. Aber sein Blick war fest und gelassen. Er ist reifer geworden, dachte sie, als er aufstand und seine Brieftasche herausnahm.
    „Es tut mir leid. Du hast jedes Recht, mich zu hassen …“
    „Ich verstehe dich nicht, Mitch“, sagte Violet müde. „Warum du das getan hast.“
    Er stützte sich auf den Tisch und kam ihr so nahe, dass sie den Duft wahrnahm, der für sie damals Sicherheit bedeutet hatte. „Ich habe es auch nicht verstanden“, gab er zu. „Jedenfalls sehr lange nicht. Aber ich schwöre, ich bin nicht mehr der Idiot, der dich vor zwei Jahren im Stich gelassen hat.“
    Was sollte sie darauf antworten?
    Auf der Rückfahrt beschrieb Mitch ihr, wie er sich in seiner kleinen Versandfirma zum Abteilungsleiter hochgearbeitet hatte, und sie hörte den Stolz in seiner Stimme.
    „Schön für dich“, sagte sie und meinte es ernst, obwohl sie genau wusste, warum er es ihr erzählte.
    Kurz darauf setzte er sie am Gasthof ab und versprach, sie am Morgen abzuholen. Er berührte sie nicht, versuchte erst recht nicht, sie zu küssen, und vor Dankbarkeit kamen ihr fast die Tränen. Es ist normal, so durcheinander zu sein, sagte sie sich, als sie seinem zehn Jahre alten Pick-up nachsah. Ein Essen in einer Pizzeria reichte einfach nicht aus, um die Vergangenheit zu bewältigen.
    Lachen drang durch das offene Fenster des Salons ins Freie – Rudys älterer Bruder und sein Vater. Es war noch früh, noch nicht mal acht. Unter anderen Umständen hätte sie Julian erlaubt, noch eine Weile mit George zu spielen. Aber nicht heute Abend.
    „Nein, wir müssen zurück in die Wohnung!“ Violet blieb hart, als sie über den gepflasterten Weg zur Garage gingen.
    „Aber warum denn?“, protestierte Julian. „Es ist gerade erst dunkel geworden. Ich wette, George muss noch lange nicht ins Bett!“
    „Hey, wer als Erster oben ist!“, rief George grinsend. Er war noch immer so aufgeregt, dass er die schlechte Laune seines kleinen Bruders gar nicht mitbekam. Die Jungen rannten davon, und nachdenklich wühlte Violet in ihrer Handtasche nach dem Wohnungsschlüssel. Gerade hatte sie die Treppe erreicht, da bemerkte sie aus den Augenwinkeln eine Bewegung. Sie drehte sich um und sah Stacey auf der beleuchteten Seitenveranda des Gasthofs stehen. Ihr Blick war traurig und vorwurfsvoll.
    Nein, Herzen zu brechen, liegt mir wirklich nicht , dachte Violet und stieg langsam die Stufen
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