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Wo unsere Träume wohnen

Wo unsere Träume wohnen

Titel: Wo unsere Träume wohnen
Autoren: KAREN TEMPLETON
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hinauf.

13. KAPITEL
    Als es hell wurde, gab Rudy endgültig auf. Er schlief nicht wieder ein, so viel war klar; zwei Stunden mussten für diese Nacht reichen. Kevin schnarchte noch immer, als Rudy – geduscht, rasiert und äußerst missmutig – die Schlafzimmertür leise hinter sich schloss und in die Küche ging, um die erste Kanne Kaffee dieses Tages zu kochen.
    Überrascht wirbelte Violet herum, als er hereinkam. Kaffeepulver flog durch die Luft.
    „Warum bist du so früh auf?“
    „Ich habe nicht erwartet …“
    Errötend wandte Violet sich ab. Ihr Mund bewegte sich, als sie den Filter füllte und dabei die Löffel abzählte. Es war ein warmer Morgen, fast frühlingshaft, und sie trug einen leichten gelben Pullover über einem weißen Top, dazu einen der langen Röcke, wie Zigeunerinnen sie trugen, und Schuhe, die nur von einem marokkanischen Basar stammen konnten. Ihr Duft wehte zu Rudy herüber. Die Vorstellung, dass sie bald …
    „Möchtest du, dass ich gehe?“, fragte sie, während sie den Filter in die Kanne schob.
    „Was für eine dumme Frage“, erwiderte er sanft.
    Sie warf ihm einen verlegenen Blick zu, ging an den Besenschrank und holte den kleinen Staubsauger heraus. Wortlos nahm er ihn ihr ab, um den verschütteten Kaffee aufzusaugen.
    „Es ist noch nichts entschieden“, sagte Violet und strich mit den Fingern durch ihr offenes, nur von zwei Clips an den Schläfen gehaltenes Haar.
    Rudy schaltete den Staubsauger aus und stellte ihn weg. „Damit habe ich auch nicht gerechnet.“ Er drehte sich zu ihr um. „Du brauchst uns kein Frühstück zu machen.“
    „Kein Problem. Ich treffe mich erst um zehn mit Mitch.“ Sie zögerte. „Ich muss mich ablenken. Ich bringe die Jungs zu Betsy.“
    „Also seid ihr beide allein?“
    Ihr Mund zuckte. „Wie du weißt, ist es schwer, sich zu unterhalten, wenn George dabei ist.“
    Fast hätte Rudy gelächelt. „Du kannst die Jungen hierlassen.“
    Violet ging zum Kühlschrank und nahm einen großen Karton Eier heraus. „Ich kann dich wohl kaum bitten, auf meine Kinder aufzupassen, während ich … Das wäre reichlich unverschämt, oder?“
    Er schwieg, und nach einigen Sekunden sah sie ihn an.
    „Stacey ist ziemlich sauer auf uns beide“, sagte er, und sie runzelte die Stirn.
    „Auf uns beide? Warum sollte sie dir böse sein?“
    „Weil sie der Ansicht ist, dass ich nicht um dich kämpfe.“
    Der Rock bauschte sich an ihren Waden, als sie sich bückte, um die Pfanne aus einem Unterschrank zu holen. „In ihrem Alter haben Mädchen viel zu romantische Vorstellungen …“
    „Ich werde dir nicht nachjagen, Violet“, sagte Rudy leise. „Oder betteln. Das ist nicht mein Stil. Aber ich kneife auch nicht, wenn es ernst wird.“ Der Kaffee war fertig, und er goss sich einen Becher ein. „Das solltest du nicht vergessen.“ Er prostete ihr zu, bevor er die Küche verließ.
    „Du siehst hübsch aus“, sagte Mitch, nachdem sie die Jungen zu Betsy gebracht hatten und wieder in seinem Wagen saßen. „Ist das ein neuer Pullover?“
    „Nein.“ Violet warf ihm einen Blick zu. „Ich habe mir seit zwei Jahren nichts Neues mehr gekauft.“
    Wenigstens war er anständig genug, ein betretenes Gesicht zu machen.
    Sie fuhren nicht weit, nur zu einem kleinen See, an dem sie sich vor der Heirat oft getroffen hatten. Als sie ausstiegen und zum Ufer gingen, schreckten sie einen Schwarm Stockenten auf. Quakend paddelten sie davon, und die Wellen glitzerten in der Sonne.
    „Wie war es in der Kirche?“, fragte Mitch. Violet schnaubte, und er lächelte. Es war das gleiche Lächeln, in dem sie sich früher hatte verlieren wollen. Er ging in die Hocke, hob einen Kieselstein auf und warf ihn ins Wasser, in dem sich Himmel, Wolken und Bäume spiegelten. Er ist kräftiger geworden, dachte Violet. Die Schultern waren breiter, die Beine muskulöser, aber er war noch immer schlank und drahtig.
    Und sein Anblick weckte in ihr nicht das geringste körperliche Interesse.
    Doch tief in ihr regte sich etwas anderes – als streckte jemand die Hand nach ihr aus, damit sie ihm folgte.
    „Was willst du, Mitch?“, fragte sie sanft. Er runzelte die Stirn. Keine Angst, das ist keine Fangfrage, dachte sie. „Warum bist du hier? Jetzt, meine ich.“
    Er erhob sich und schaute mit zusammengekniffenen Augen über den wieder zur Ruhe gekommenen See. „Also hast du George nicht dazu angestiftet?“
    „Wozu sollte ich George angestiftet haben?“
    Endlich drehte er sich zu ihr um.
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