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Wo unsere Träume wohnen

Wo unsere Träume wohnen

Titel: Wo unsere Träume wohnen
Autoren: KAREN TEMPLETON
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ganzes Geld in einen schäbigen Gasthof mitten im Nichts …“
    „In New Hampshire. Und in jeder Richtung stößt du in spätestens einer Stunde auf irgendetwas. Lake Winnipesaukee, die Berge, sogar eine Rennbahn. Was willst du mehr?“
    „Zivilisation?“
    „Jetzt klingst du wie Stacey.“
    „Aus gutem Grund. Was hast du dir bloß dabei gedacht?“
    Rudy strich über den staubigen Kaminsims. „Dass ich mich zwölf Jahre lang nur um mein Kind gekümmert und mein eigenes Leben vernachlässigt habe. Endlich habe ich mal an mich selbst gedacht.“
    Kevins Mundwinkel zuckten. „Und deshalb hast du dieses Psycho-Motel gekauft.“
    Stacey schrie. Rudy rannte los, dicht gefolgt von seinem Bruder, und stieß mit seiner hysterischen Tochter zusammen, die aus der Gegenrichtung kam.
    „Es ist da drin!“, kreischte sie und zeigte zur Küche. „Hol es raus, Daddy! Hol es raus !“
    „Was denn, Honey?“, fragte er, während Kevin und er zur Tür schlichen, bewaffnet mit nichts als ihren Handys und den Wagenschlüsseln.
    „Das weiß ich nicht!“, wimmerte das Mädchen hinter ihnen. „Es war groß und fett und haarig, mit schrecklichen Knopfaugen!“ Stacey packte Rudys karierte Jacke. „Ich hasse es hier, ich hasse es! Ich will nach Hause!“
    Okay, in ihrem Alter hasst sie alles, sagte Rudy sich und betrat die Küche. Geräumig, dachte er, und seine Stimmung hob sich schlagartig. Viel Licht.
    Und abgrundtief hässlich, aber das lässt sich ändern. Er lächelte.
    Die Farbkombination aus Avocado und Orange erinnerte ihn an seine Kindheit, Kühlschrank und Herd hätten besser in ein Museum gepasst, den Boden bedeckte rissiges Linoleum, aber ein Fenster ging nach Osten, also zur Morgensonne hinaus, das andere zum Wald hinter dem vernachlässigten Garten. Tapeten konnte man entfernen, und unter dem Kunststoffbelag fand sich ja vielleicht …
    „Was immer es war, es muss geflüchtet sein“, sagte Kevin. „Neben der Hintertür ist ein Loch in der Wand.“
    Richtig. Die einheimische Tierwelt.
    Sein Bruder inspizierte die Öffnung. „Könnte ein Waschbär gewesen sein. Oder ein Stinktier.“
    „Ein Stinktier!“, kreischte Stacey. „Krass!“ Doch dann überlegte sie kurz. „Nein, ein Stinktier war es bestimmt nicht – es war nicht schwarzweiß.“ Plötzlich schien ihr aufzugehen, wie uncool es war, sich an ihren Daddy zu klammern, und sie ließ Rudys Jacke los. „Müssen wir wirklich hier übernachten?“
    „Natürlich übernachten …“
    „Keine Heizung, Bruderherz“, erinnerte ihn Kevin und betätigte einen Schalter. „Und kein Strom.“
    Verdammt. Die Maklerin hatte ihm versprochen, das Haus wieder anzuschließen. Aber sie hatten Kerzen, und auf der hinteren Veranda stapelte sich Kaminholz. Notfalls lag das nächste Motel auf der anderen Seite der Stadt.
    „Wir machen Feuer in den Holzöfen“, verkündete Rudy unbeschwert. „Zünden Kerzen an. Und wir haben jede Menge Campingsachen mit. Morgen rufe ich an und lasse den Strom einschalten.“ Als Stacey ihm einen skeptischen Blick zuwarf, drückte er aufmunternd ihre Schulter. „Ach, komm schon – wo ist deine Abenteuerlust geblieben?“
    „Auf den Bahamas“, erwiderte sie trocken.
    Hinter ihm verschluckte Kevin sich fast vor Lachen.
    Der Imbiss war voller Gäste, die auf ihr Abendessen warteten. Violet Kildare nahm zwei, drei, vier Tagesgerichte für Tisch sechs aus der Durchreiche. Was mich nicht umbringt, macht mich stärker, dachte sie.
    „Mom!“, rief George, ihr neunjähriger Sohn, aus der Ecke, in der er und sein jüngerer Bruder Julian saßen, umgeben von Rucksäcken, GameBoys, Schulsachen und dem Rest der Burger mit Pommes frites, die sie ihnen vor einer Stunde gebracht hatte. „Wie viel sind fünf plus vier?“
    „Nimm die Finger!“, rief sie zurück, als sie die Teller vor Olive, Pesha und die Millies hinstellte, die an jedem Abend aus der Seniorenwohnanlage herkamen. Sie lächelte ihnen zu, obwohl sie nie ein Trinkgeld gaben und mindestens eine von ihnen immer am Essen herummäkelte.
    „Das sollten Sie nicht zu ihm sagen, Liebes“, meinte Old Millie, die mit sechsundachtzig zwei Jahre älter als Young Millie war. Die anderen Ladys nickten zustimmend, bis Pesha – knochig, blond und halb blind – Violet einen spitzen Fingernagel in die Hüfte rammte.
    „Das hier habe ich nicht bestellt.“
    „Doch, Pesha. Sie haben das Tagesgericht bestellt. Warmes Roastbeef.“
    „Nein, das Tagesgericht ist Salisbury-Steak.“
    „Das gab es
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