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Wo unsere Träume wohnen

Wo unsere Träume wohnen

Titel: Wo unsere Träume wohnen
Autoren: KAREN TEMPLETON
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Kevin unter dem Tisch einen Tritt verpasste.
    Noch vor drei Minuten war es Rudy nicht schwergefallen, sich seine gute Laune zu bewahren. Die drei Schlafzimmer oben sahen gar nicht so übel aus, genau wie die Bäder. Sicher, die Treppe war marode, aber damit hatte er gerechnet. Nach vier Stunden gründlicher Inspektion und oberflächlicher Reinigung war niemand von ihnen – auch er nicht – auf Dosennahrung versessen gewesen, also hatten sie den Anhänger abgekoppelt und sich in seinen klapprigen Wagen gesetzt. Die „Stadt“ selbst bestand aus der Hauptstraße, fünf Blocks lang, mit einem altmodischen Platz, an dem Maude’s Diner lag. Nichts für Feinschmecker, doch je früher sie sich eingewöhnten, desto besser war es für alle.
    „Eingewöhnen? Niemals!“, hatte seine Tochter gemurmelt, aber ihm war nicht entgangen, dass ihr Blick bereits auf dem Stück Schokoladentorte ruhte, das in der Vitrine auf dem Tresen ausgestellt war.
    Nicht erwartet hatte Rudy allerdings, dass ihre neuen Nachbarn sie anstarrten, als hätte er gerade mit seinem Wagen ein Kornfeld umgepflügt. Was war los mit diesen Leuten? Du meine Güte, Kevin und er brauchten nur den Mund aufzumachen, und jeder konnte hören, dass sie nichts Besseres als die meisten braven Einwohner von Mulligan Falls waren!
    Die Kellnerin servierte ihre Getränke, genauer gesagt, sie knallte sie auf den Tisch. Ihr Mund war schmal, und Rudy sah ihr an, wie frustriert sie war. Hatte das etwas mit ihm zu tun? Wohl kaum. Der Polizist in ihm spürte, dass sie kurz vor dem Explodieren stand und sich nur mühsam beherrschte. Was um alles in der Welt war hier los?
    „Ach, Miss?“, begann er sanft. „Meine Tochter möchte das Stück Schokoladentorte aus der Vitrine. Ist das machbar?“
    „Sicher“, sagte sie, ohne ihn anzusehen, aber sie lächelte Stacey kurz zu.
    Dann rief eine der alten Schachteln am Tisch auf der anderen Seite in herrischem Ton nach ihr. Sie ging hinüber und musste sich anhören, dass etwas zu kalt oder heiß oder was auch immer war. Gleichzeitig meldete sich im hinteren Teil ein kleiner Junge lautstark zu Wort. „Mom? Wie viel ist zwölf minus sieben?“ Am Tresen schlug eine Frau auf die viel zu schrille Klingel. „Violet! Bestellung ist fertig!“
    Er sah, wie sie – Violet – eine Sekunde erstarrte und tief durchatmete. „Nimm die Finger!“, befahl sie dem Jungen, der mit einem anderen in einer Nische saß, halb begraben unter Schulbüchern. Dann nahm sie den Teller der alten Lady, trug ihn zur Küche und lud sich drei voll beladene auf.
    Mit den Tellern auf dem Arm drehte sie sich ausgerechnet in der Sekunde um, in der der kleinere Junge aufsprang und ihr in die Quere kam. Mit einem Aufschrei geriet Violet ins Stolpern. Die Teller segelten durch die Luft und landeten krachend auf den Fliesen. Violet riss ihren Sohn an sich, bevor auch sie zu Boden ging.
    Rudy und Kevin sprangen auf und liefen zu den beiden. Während Kevin das Kind aus dem Haufen zersplitterten Porzellans und verstreuter Spaghetti hob, griff Rudy nach der benommen wirkenden Kellnerin.
    „Lassen Sie mich in Ruhe!“, fauchte sie, schlug nach seinen Händen und kämpfte sich auf die Knie, bevor sie die Arme nach ihrem Sprössling ausstreckte. „Julian, Julian! Ist dir etwas passiert? Tut dir etwas weh?“ Ohne auf die Tomatensauce an ihrer Brust zu achten, suchte sie an ihm nach Blut und blauen Flecken. Eine Nudel baumelte zwischen ihrem Haar, und sie nahm sie missmutig heraus und warf sie zur Seite. Dann legte Violet eine Hand auf die winzige Schulter des Jungen und hielt ihm die andere vor die Nase. „Wie viele Finger?“
    „Drei“, antwortete er mit zitternder Stimme. „Tut mir leid, Mama, ich musste mal! Ich hab dich nicht gesehen!“
    „Schon gut, schon gut.“ Sie drückte ihn an sich und küsste ihn auf die blonden Locken. „So etwas passiert eben. Es ist nicht deine Schuld.“
    Aus den Augenwinkeln sah Rudy, wie Stacey näher kam. „Wenn Sie möchten, gehe ich mit Ihrem kleinen Jungen in den Waschraum und mache ihn sauber“, bot sie an. Rudy traute seinen Ohren nicht.
    „Danke“, sagte Violet und schien erst jetzt zu bemerken, welches Chaos die Kollision angerichtet hatte. Als Stacey mit Julian davonging, stöhnte seine Mutter kurz auf. Eine hochgewachsene Brünette mit fleckiger Schürze und Haarnetz baute sich vor ihr auf. Im Raum herrschte absolute Stille. Rudy schaute über die Schulter. Alle Gäste sahen jetzt herüber.
    „Das wievielte Mal war
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