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Wir schaffen es gemeinsam

Wir schaffen es gemeinsam

Titel: Wir schaffen es gemeinsam
Autoren: Berte Bratt
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Toilettenkoffer, Plaid und Regenschirm.
    Am Tage zuvor war ich dagewesen, um ihr Zimmer einzurichten.
    Als Tante Beate ihre Wohnzimmermöbel und die Hälfte ihres Schlafzimmers in der neuen Umgebung sah, weinte sie wieder. Sie sank in ihren lieben, altvertrauten Fenstersessel.
    Aus Killes Korb kam ein vernehmliches Miau.
    „Ach, mein Kille!“ rief Tante Beate und öffnete den Korb. Fröhlich hüpfte der Kater auf ihren Schoß.
    Die Heimvorsteherin, die dabei war, öffnete den Mund, und ich ahnte, was kommen würde.
    „Bitte, jetzt nicht“, flüsterte ich. „Warten Sie bitte bis morgen! Sie ahnen nicht, was für ein Trost ihr die Katze ist!“
    Am folgenden Tag besuchte ich sie. Sie saß als Mittelpunkt im roten Plüsch des Salons, und dreizehn Damen im Alter von sechzig bis neunzig saßen und standen um sie.
    „Er ist angora, nicht wahr?“
    „Nein, persisch… die stahlblaue Farbe…“
    „Mein Schwiegersohn hatte eine Burmakatze, die…“
    „Es ist ein prächtiges Tier…“
    „Wollten sie Ihnen die Katze wirklich wegnehmen?“
    „Sie wissen, die Hausordnung…“
    „Pussy, Pussy, komm, hier ist noch etwas Kaffeesahne!“ Ich zog mich erleichtert zurück. Das Wunder war geschehen. Trotz Reglement und Vorstand und Hausordnung war Kille anerkannt und aufgenommen worden und war auf samtweichen Pfötchen in die letzte und herrlichste Periode seines Lebens geschritten – ein Dasein, von so vielen Sahneresten und so vielem delikatem Tellergekratze angefüllt, wie es keiner Katze weder früher noch später in der Weltgeschichte vergönnt worden ist.
    Dann war die Wohnung leer. Meine letzten Sachen waren abgeholt. Die beiden Koffer, das weiße Bett, die kleinen weißen Stühle, das Bücherbord und die Stehlampe. Und ein Wald von Zimmerpflanzen.
    Der Umzugswagen hielt vor dem Haus wo Yvonne ihr Atelier hatte.
    Hinterher kam ich auf dem Motorrad. Das hatte ich bekommen. „Mach was du willst damit“, hatte Tante Beate gesagt. „Ich will es nie mehr sehen.“
    Durch eine unbegreifliche Laune des Schicksals war das Motorrad sozusagen heil geblieben.
    Am Abend saßen Yvonne und Ich in ihrem Atelier unter dem schrägen Dach, auf der Couch zusammengekrochen, und redeten. Ab und zu schlug irgendwo eine Turmuhr. Wir merkten es kaum.
    Endlich räumten wir die Kaffeetassen zusammen und fingen an, die Betten zu machen.
    „Es wird schon gehen, Wibke“, sagte Yvonne. „Jedenfalls bist du weder leichtsinnig optimistisch noch niederschmetternd pessimistisch. Du hast Ideen, und ich glaube, du hast die Durchhaltekraft.“
    „Und vergiß nicht – ein Motorrad als Startkapital!“ sagte ich.

„Wollen Sie Ihre Töpfe umpflanzen lassen?“
     
     
    Onkel Mathias hatte für das Motorrad achttausendfünfhundert Kronen gegeben. Ich war dabeigewesen, als er es kaufte.
    Ich traf den Geschäftsführer selbst im Laden an und erklärte ihm ohne Umschweife, daß ich das Rad verkaufen wolle.
    Es wurde auf Herz und Nieren untersucht. Abgesehen von ein paar Beulen und Schrammen war es bestens erhalten, soviel verstand ich davon. „Tja“, sagte der Geschäftsführer und rieb das Kinn. „Ich kann 1800 dafür bieten.“
    Mehr nicht?! Ich glaube, die Enttäuschung malte sich deutlich auf meinem Gesicht. Denn er fing an, alles mögliche über gebrauchte Motorräder zu sagen, und es sei immerhin vier Jahre gefahren worden und…
    Mein Blick schweifte in dem geräumigen Laden umher und blieb an einem Mofa haften, auf dem ein Zettel steckte: „Führerscheinfreies Liefer-Mofa! Ihr Laufjunge kann es fahren! Lassen Sie es sich von uns vorführen!“
    Ich handelte mein Rad auf vierhundert in bar plus Mofa hinauf. Zwei Tage später begann ich, durch die Stadt zu knattern. Ich hatte mir einen Plan von meiner Vaterstadt angeschafft und sie in Tagesbezirke aufgeteilt.
    In jeden Briefshlitz oder, wenn keiner da war, Türschlitz wurde eine Reklamekarte gesteckt:
    Sie erhalten in einigen Tagen Besuch! Die Blumenärztin Wibke Grundt wird Sie aufsuchen und ihre Dienste anbieten. Jetzt ist es Zeit, Stecklinge zu pflanzen und den Topfpflanzen neue Erde zu geben. Lassen Sie dies von einem Fachmann machen. Preis: von 4o bis 7o öre pro Topf, je nach Größe. Außerdem erhalten Sie kostenlos Ratschläge und Hinweise.
    Yvonne und ich hatten den Wortlaut der Karten gemeinsam entworfen. Wir fanden, daß wir riesig erfinderisch gewesen waren. Dann schwang ich mich auf mein Führerscheinfreies und fuhr zu meinem Freund, dem Gärtner, dem ich im Laufe der Jahre
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