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Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)

Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)

Titel: Winter People - Wer die Toten weckt: Wer die Toten weckt (German Edition)
Autoren: Jennifer McMahon
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sah eine bleiche Gestalt in den Wald eintauchen, unmittelbar bevor er das Bewusstsein verlor.
    Auf halber Strecke den Abhang hinunter brach der Karren, und die Stute kehrte, die Überreste von Deichsel, Vorderachse und zerborstenen Rädern hinter sich herziehend, zur Scheune zurück. Hinterher erfuhr Martin, dass Sara, nachdem sie das Pferd gesehen hatte, eine Laterne genommen hatte und losgegangen war, um ihn zu suchen.
    »Ich war mir so sicher, dass ich dich tot finden würde«, gestand sie ihm später. »Ich konnte mich fast nicht dazu überwinden, auf den Hügel zu steigen. Ich wollte es nicht sehen.«
    Sie fand ihn lebend, jedoch bewusstlos, schwer verletzt und blutend. Es gelang ihr, aus zwei jungen Baumstämmen und Martins Mantel eine Trage zu bauen, auf der sie ihn eigenhändig den Hügel hinunter nach Hause zog.
    In den langen Wochen seiner Genesung, nachdem Lucius die Brüche so gut es ging gerichtet und Sara sein Bein und seinen Fuß in Umschläge gewickelt hatte, um die Heilung zu beschleunigen, fragte Martin seine Frau immer wieder, wie sie, die doch so klein und zart war, es geschafft habe, ihn nach Hause zu bringen.
    »Gott muss mir geholfen haben«, lautete ihre Antwort.
    Immer weiter folgte er den zierlichen Pfotenabdrücken des Fuchses, bis er irgendwann nicht mehr wusste, wo er sich befand und wie viel Zeit vergangen war. Er hielt Ausschau nach der Sonne am Himmel, doch da war zu viel Schnee, zu viel Grau, man konnte sie nicht einmal sehen. Obschon er die Wälder um die Farm herum gut kannte, seit Jahren in ihnen jagte, Holz sammelte und Ahornsaft zapfte, erkannte er keinen einzigen Orientierungspunkt wieder. Die Bäume um ihn herum reckten sich dürr und gespenstergleich dem Licht entgegen. Das Schneetreiben war zu dicht, das Weiß wischte alle Unterschiede fort. Er folgte der Spur. Sie war das Einzige, was er klar erkennen konnte. Mit Erleichterung stellte er fest, dass sie in einem Bogen zurück zum Felskamm führte. Er war zu Tode erschöpft. Ausgehungert. Sein Fuß schmerzte, und sein Mund war trocken. Er lutschte Schneebrocken, doch das half nur wenig, seinen Durst zu stillen.
    Er kreuzte das, was noch von seinen eigenen Fußspuren übrig war, und erklomm den Hügel. An den steilen Stellen glitt er aus, so dass er sich an Pappeln und Buchen festhalten musste. Schließlich hatte er die Teufelshand erreicht – die Formation großer Felsen, die aussah wie in den Himmel weisende Finger und die nun eine Decke aus Neuschnee trug. Doch im Schatten des mittleren Fingers, genau dort, wo die Spur des Fuchses hinführte, war der Schnee beiseitegescharrt worden, und Martin sah eine kleine Öffnung, die ihm zuvor noch nie aufgefallen war. Der schmale Eingang zu einer Art Höhle.
    Martin pirschte darauf zu. Die Öffnung war sehr eng, kaum groß genug, dass ein Mann sich hindurchzwängen konnte, und schien nicht sehr tief zu gehen. Eine behagliche kleine Felsnische. Dort hinein hatte sich der Fuchs geflüchtet. Er drückte sich hechelnd an die Wand, vielleicht im Glauben, dass der Schatten ihn vor Martins Blicken verbarg. Martin lächelte. Es war eine Fähe, und er hatte sie in die linke Flanke getroffen. Unter einem Loch in ihrem Fell sah man das nackte Fleisch. Er roch den schweren Eisengeruch ihres Blutes. Sie zitterte am ganzen Leib, während sie ihn abwartend beobachtete.
    Martin hob das Gewehr und richtete den Lauf in die Höhlung hinein.
    Er zielte auf ihren Kopf, um den Pelz nicht zu verderben.
    »Wo ist Gertie?« Sara kam auf die Scheune zugeeilt, gerade als Martin ins Freie trat. Er hatte die Fähe gehäutet und den Pelz zum Trocknen innen an die Nordwand der Scheune genagelt. Es war keine saubere Arbeit – nicht zu vergleichen mit dem, was Sara vermocht hätte, aber immerhin war er nun fertig. Er hatte sein Ziel erreicht.
    Martin blinzelte. Nach der Düsternis der Scheune blendete ihn das fahle Sonnenlicht. »Hier nicht«, antwortete er. Er war müde. Durchgefroren. Ungehalten. Den Fuchs zur Strecke gebracht zu haben hätte ihm ein Gefühl der Genugtuung verschaffen sollen, doch stattdessen hatte es ihn verstört. Vielleicht lag es daran, dass es am Ende kein fairer Kampf gewesen war. Er hatte ein verängstigtes, in die Enge getriebenes Tier getötet.
    Saras Blick war wild und panisch. Sie hatte sich keinen Mantel übergeworfen, sondern stand zitternd in Pullover und Hauskleid vor ihm. Dicke Schneeflocken lagen in ihrem Haar und auf ihren Schultern.
    »Wo warst du?«, fragte sie, während sie
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