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Winter in Maine

Winter in Maine

Titel: Winter in Maine
Autoren: Gerard Donovan
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betrachtete seine Stiefel, ohne nachzuden ken. Ich konnte es nicht erkennen. Und ich fror an den Armen, an den Ohren. Die Bäume hinter ihm schienen sich anders zu wiegen, bestimmt weil die Temperatur bald sinken und der Luft jegliche Wärme entziehen würde.
    Ob sie glücklich ist? Ich habe - ich glaube schon.
    Der erste Zweifel, der an diesem Tag über seine Lippen kam.
    Ich betrachtete wieder das Blumenbeet, den Streifen Schnee, den ich weggekratzt hatte, ein kleines Fleckchen vom Ange sicht des Todes, so nutzlos, wie ihn auszugraben und noch mal an mich zu drücken. Ihn so nah bei mir zu haben, ohne ihn wirklich zu haben.
    Dann war sie also glücklich. Bei diesen Worten wusste ich, dass sie tatsächlich weg war und nie wieder vor mich treten würde, keine Frau, die aus dem Wald kam, kein Salbenduft in der Hütte, keine Stimme, die in der Küche oder am Feuer nach Einbruch der Dunkelheit die Hand nach mir ausstreckte. Ich liebte sie immer noch, falls das Gefühl in mir, die Erinnerung diese Bedeutung hatten. Aber da war noch Hobbes, den man mir genommen hatte, dem man sein Leben, seine Freude ge nommen hatte.
    Ich stand da und sagte: Dann ist es gut. Du musst dich jetzt auf den Weg machen.
    Ich blickte zu den Bäumen hinüber, die nach Fort Kent führ ten, als bildeten sie einen Highway, dem er einfach nur folgen musste.
    Du wirst mich umbringen, sagte er.
    Ich gab keine Antwort, aber es stimmte, ich hatte hin und her überlegt. Er war der Täter. Jetzt hatte ich ihn.
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    Er blickte zu den Bäumen, auf die ich deutete, dann zu den an deren Bäumen ringsum, als wollte er verschleiern, wo er hinlaufen würde. Er atmete tiefer, um genug Luft für eine schnelle Flucht in der Lunge zu haben.
    Du wirst mich erschießen.
    Ich hab gesagt, du sollst gehen. Wie oft muss man dir das sagen?
    Ich war es Claire schuldig, diesen Mann zu ihr zurückzu bringen. Ich musste dem plötzlichen Drang, ihn gehen zu lassen, rasch nachgeben, bevor ein stärkerer Drang zurückkehrte, bevor mein Blick über das Blumenbeet schweifte, wo Hobbes in seinem Grab lag, stumm im Tod, der uns alle erwartet.
    Das Gesicht mir zugekehrt, trat Troy einen Schritt zurück und tastete sich erst mit dem einen, dann mit dem anderen Fuß weiter, wagte aber nicht, sich umzudrehen und davonzu laufen.
    Du musst etwas für mich tun, sagte ich. Er starrte mich an.
    Richte nie mehr auch nur ein einziges Wort an mich, sagte ich, und guck nie wieder in meine Richtung, sonst wird es das letzte Mal sein.
    Er wartete keine weiteren Anweisungen ab, und ich sah, dass er sich von der Stadt und meiner Hütte entfernte und wieder in das Waldstück ging, in dem wir uns begegnet waren. Das be deutete, dass er dort irgendwo ein Fahrzeug abgestellt hatte.
    Ziemlich dreist, sagte ich.
    Was? Er drehte sich nicht zu mir um.
    Du sollst zu Fuß nach Fort Kent zurückgehen, sagte ich, zumindest einen Teil der Strecke. Und Fort Kent liegt meines Wissens da drüben. Ich schwenkte das Gewehr in Richtung der unsichtbaren Stadt. Los. Vergiss deinen Wagen. Und be deck deinen Schlund.
    Er fragte nicht, was ein Schlund sei, schlang dennoch den Schal um den Hals und durchquerte vor meinen Augen den Garten, dieser Polizist, zu Fuß unterwegs nach Fort Kent. Als er zwanzig Meter weit im Unterholz war, fünfzig Schritte ent fernt im Schnee, zielte ich auf seinen Hinterkopf, was er bestimmt erwartete, und zog den Abzug, bis er unter Spannung stand und Troy zwischen Leben und Tod schwebte.
    Dreh dich um, Troy, sagte ich.
    Doch zu meiner Überraschung tat er es nicht. Ich hatte ihn für einen Menschen gehalten, der unbedingt tun muss, was ihm verboten wird. Ich hatte gedacht, er würde mir noch et was zurufen, während er über den Waldboden eilte und sich mit schnellen Schritten davonmachte. Dann würde ich ihn erschießen, ihn so lange verfolgen, bis ich ihn erwischt hatte. Schließlich begann er zu laufen und tauchte zwischen die Bäume, ich ließ den Abzug los, gab Troy dem Leben zurück, und dann war er weg, zusammen mit der Gelegenheit, ihn in den Tod zu befördern, verschwunden mit meiner letzten Umarmung für Claire, dieser Mann, der sie mir weggenommen und dessen Leben sie gerade gerettet hatte.
    Auf dieser Seite der Landstraße standen keine Häuser, und bei den Wetterverhältnissen würde er gut drei Stunden brauchen, vorausgesetzt, er verirrte sich nicht. Dann würde ihn jemand mitnehmen, samstagabends war bestimmt irgendwer auf der Straße nach St. John unterwegs, und danach waren es
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