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Narkosemord

Titel: Narkosemord
Autoren: Robin Cook
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»Das erste, was wir tun müssen, ist,
    daß wir alle Rechtsgelehrten umbringen. «
     
    William Shakespeare
    Heinrich VI. 2. Teil, 4. Aufzug
     
     
    PROLOG
      
    9. September 1988, 11 Uhr 45
    Boston, Massachusetts
     
    Nach den ersten stechenden Krämpfen, die gegen halb zehn an jenem Morgen einsetzten, war Patty Owen sicher, daß es soweit war. Sie hatte befürchtet, sie würde vielleicht nicht unterscheiden können zwischen den Symptomen, die das Einsetzen der Wehen signalisierten, und dem leichten Strampeln und allgemeinen Unbehagen im letzten Drittel der Schwangerschaft. Aber ihre Befürchtungen erwiesen sich als grundlos; der kneifende, brennende Schmerz, den sie jetzt fühlte, war ganz anders als alles Bisherige. Vertraut war er ihr nur insofern, als er in seiner Beschaffenheit und seiner Regelmäßigkeit den Lehrbüchern geradezu klassisch entsprach. Alle zwanzig Minuten, wie von einem Uhrwerk ausgelöst, spürte Patty einen gleichmäßigen, stechenden Schmerz im Kreuz. In den Perioden dazwischen ließ er nur nach, um dann wieder aufzulodern. Trotz der zunehmend akuten Qual konnte Patty ein flüchtiges Lächeln nicht unterdrücken. Sie wußte, der kleine Mark war unterwegs in die Welt.
    Sie bemühte sich, Ruhe zu bewahren, und suchte in dem Durcheinander von Papieren auf dem Tisch in der Küche nach der Telefonnummer des Hotels, die Clark ihr am Tag zuvor gegeben hatte. Er hätte seine Geschäftsreise lieber abgesagt, weil Pattys Termin so kurz bevorstand, aber die Bank hatte ihm keine andere Wahl gelassen; sein Chef hatte darauf bestanden, daß er die letzte Verhandlungsrunde übernahm, mit der ein Geschäft zum Abschluß kommen sollte, an dem er seit drei Monaten arbeitete. Die beiden Männer hatten sich auf einen Kompromiß geeinigt: Ganz gleich, wie der Stand der Verhandlungen sein mochte, Clark würde nur zwei Tage wegbleiben. Er war zwar immer noch widerstrebend gefahren, aber zumindest würde er doch noch eine volle Woche vor Pattys Entbindungstermin zurück sein…
    Patty hatte die Nummer des Hotels gefunden. Sie wählte und ließ sich von einer freundlichen Hoteltelefonistin mit Clarks Zimmer verbinden. Als Clark nach dem zweiten Läuten nicht abgenommen hatte, wußte sie, daß er schon zu seiner Besprechung gefahren war. Nur, um sicherzugehen, ließ sie es noch fünfmal klingeln; vielleicht stand er unter der Dusche und meldete sich plötzlich atemlos. Sie sehnte sich verzweifelt nach seiner beruhigenden Stimme.
    Während sie auf den Klingelton lauschte, schüttelte sie den Kopf und kämpfte die Tränen nieder. So glücklich sie über diese - ihre erste - Schwangerschaft gewesen war, sie hatte doch von Anfang an die vage, besorgniserregende Vorahnung gehabt, daß etwas Schlimmes passieren würde. Als Clark mit der Neuigkeit nach Hause gekommen war, daß er zu einem so kritischen Zeitpunkt nicht in der Stadt sein würde, hatte Patty ihre Vorahnung bestätigt gesehen. Nach all den Schwangerschaftskursen und Übungen, die sie zusammen absolviert hatten, würde sie die Sache nun allein durchstehen müssen. Clark hatte ihr versichert, sie sei übermäßig besorgt, was nur natürlich sei, und er werde ganz sicher rechtzeitig zur Entbindung wieder zurück sein.
    Die Telefonistin meldete sich noch einmal und fragte, ob Patty eine Nachricht hinterlassen wolle. Patty bat, ihrem Mann auszurichten, er möge so bald wie möglich zurückrufen, und sie hinterließ die Nummer des Boston Memorial Hospital. Sie wußte, daß eine so knappe Nachricht auf Clark beunruhigend wirken mußte, aber das geschah ihm ganz recht, wenn er sie in einem solchen Augenblick allein ließ.
    Als nächstes rief sie Dr. Ralph Simarians Praxis an. Die dröhnende, fröhliche Stimme des Arztes vertrieb ihre Sorgen für einen Moment. Clark, sagte er, solle sie gleich ins BM bringen - wie er das Boston Memorial scherzhaft nannte - und sie einweisen lassen. Er werde sie in zwei Stunden dort erwarten. Die Zwanzig-Minuten-Intervalle, meinte er, bedeuteten, daß sie noch viel Zeit habe.
    »Dr. Simarian«, sagte Patty, als der Arzt gerade auflegen wollte, »Clark ist auf Geschäftsreise. Ich komme allein.«
    »Ein großartiger Zeitpunkt!« Dr. Simarian lachte. »Typisch Mann. Die haben alle gern ihren Spaß, und dann verschwinden sie, wenn es ein bißchen Arbeit gibt.«
    »Er dachte, es dauerte noch eine Woche«, erklärte Patty; sie hatte das Gefühl, Clark verteidigen zu müssen. Sie selbst durfte sich über ihn ärgern, aber niemand
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