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Narkosemord

Titel: Narkosemord
Autoren: Robin Cook
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verabschieden.
    Der Umkleideraum war voll von fröhlichen Menschen. Die meisten Duschen waren besetzt. Jeffrey ging zur Toilette. Dann holte er sein Paregoricum hervor und nahm noch einen kräftigen Schluck. Die leere Flasche warf er in den Abfalleimer. Er duschte noch einmal und zog wieder frische OP-Kleidung an.
    Als er in den Aufenthaltsraum hinausging, fühlte er sich beinahe wieder wie ein Mensch. Er wollte sich für eine halbe Stunde hinsetzen und die Zeitung lesen, aber bevor er dazu Gelegenheit hatte, meldete sich sein Piepser. Er erkannte die Nummer. Es war die Entbindungsstation.
    »Mrs. Owen fragt nach Ihnen«, teilte Monica Garver ihm mit, als er anrief.
    »Wie geht’s ihr?« wollte Jeffrey wissen.
    »Prima«, antwortete Monica. »Sie hat ein bißchen Angst, aber sie hat noch nicht mal nach einem Schmerzmittel gefragt, obwohl die Wehen inzwischen in kürzeren Abständen einsetzen. Sie ist irgendwo zwischen fünf und sechs Zentimetern.«
    »Ausgezeichnet«, sagte Jeffrey; er war erfreut. »Ich bin gleich drüben.«
    Auf dem Weg zur Entbindungsstation ging Jeffrey am Dienstzimmer vorbei, um auf der großen Tafel nachzuschauen, wie die Aufgabenverteilung für den Abend aussah. Wie erwartet, waren alle mit laufenden Fällen beschäftigt. Er nahm ein Stück Kreide und schrieb auf die Tafel, daß jemand, der zufällig frei wäre, auf die Entbindungsstation kommen und ihn ablösen solle.
    Als Jeffrey Zimmer fünfzehn betrat, erreichte gerade wieder eine Wehe den Höhepunkt. Eine erfahrene Geburtshelferin war bei Patty, und die beiden Frauen funktionierten wie ein eingeübtes Team. Schweißperlen bedeckten Pattys Stirn. Ihre Augen waren fest geschlossen, sie hielt die Hände der Hebamme mit beiden Händen fest umklammert. Man hatte ihr bereits die Elektroden des Monitors angelegt, der den Fortgang der Wehen und den Herzschlag des Fötus überwachte.
    »Ah, mein weißer Ritter im blauen Gewand«, sagte Patty, als der Schmerz nachgelassen hatte und sie die Augen öffnete. Jeffrey befand sich am Fußende ihres Bettes. Sie lächelte.
    »Wie steht’s mit dem Epidural?« schlug Jeffrey vor.
    »Wie’s damit steht?« wiederholte Patty.
    Die ganze erforderliche Ausrüstung war auf dem Wagen, den Jeffrey mit hereingerollt hatte. Er legte Patty eine Blutdruckmanschette an und half ihr, sich auf die Seite zu drehen. Mit behandschuhten Händen bestrich er ihren Rücken mit einer Desinfektionslösung.
    »Als erstes gebe ich Ihnen jetzt die Lokalanästhesie, von der wir gesprochen haben«, erklärte er und machte die Spritze bereit. Mit der feinen Kanüle spritzte er ihr eine kleine Dosis in die Kreuzgegend. Patty war so erleichtert, daß sie nicht einmal zusammenzuckte.
    Als nächstes nahm er eine Epiduralnadel und vergewisserte sich, daß der Katheter vorhanden war. Dann drückte er die Nadel mit beiden Händen in Pattys Rücken und schob sie langsam, aber zielstrebig weiter, bis er sicher war, daß er die äußere Knochenhaut des Wirbelkanals erreicht hatte. Er zog den Mandrin heraus, brachte eine leere Glasspritze an und schob mit kundiger Hand die Nadel weiter hinein, bis er in den Epiduralraum eingedrungen war.
    »Alles okay?« fragte er, während er mit einer gläsernen Injektionsspritze eine Testdosis von 2 Milliliter sterilem Wasser mit einer winzigen Menge Epinephrin aufzog.
    »Schon fertig?« fragte Patty.
    »Noch nicht ganz«, sagte Jeffrey. »Es dauert noch ein paar Minuten.«
    Er injizierte die Testdosis und kontrollierte sofort Blutdruck und Puls. Eine Veränderung war nicht festzustellen. Hätte die Kanüle in einem Blutgefäß gesessen, wäre als Reaktion auf das Epinephrin die Herzfrequenz unverzüglich angestiegen.
    Erst jetzt griff Jeffrey nach dem kleinen Epiduralkatheter. Mit geübter Sorgfalt führte er ihn in die hohle Nadel.
    »Ich kriege ein komisches Gefühl im Bein«, verkündete Patty nervös.
    Jeffrey hörte auf, den Katheter weiterzuschieben. Er war erst einen Zentimeter weit über die Nadelspitze hinaus gedrungen. Jeffrey ließ sich von Patty das Gefühl näher beschreiben, dann erklärte er, es sei normal, wenn der Epiduralkatheter periphere Nerven berührte, die den Epiduralraum durchzogen. Das könne der Grund für solche Empfindungen sein. Als die Mißempfindungen nachließen, schob er den Katheter vorsichtig noch anderthalb Zentimeter weiter. Patty klagte nicht.
    Endlich zog Jeffrey die Nadel heraus und ließ den dünnen Plastikkatheter stecken. Er präparierte eine zweite Testdosis mit 2
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