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Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Titel: Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel
Autoren: Dorothy L. Sayers
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der seinem Opfer lautlos folgte, sah es unter der Lampe stehenbleiben und anscheinend etwas in einem Notizbuch nachsehen.
    Noch vier Schritte, und Pender war bei ihm. Er zog den Sandsack aus der Tasche.
    Der Mann sah auf.
    »Diesmal hab ich dich«, sagte Pender und schlug mit aller Kraft zu.
    Pender hatte recht gehabt. Er bekam die Grippe. Es dauerte eine Woche, bis er wieder aufstehen und ausgehen konnte. Das Wetter hatte sich gebessert, und die Luft war rein und frisch. Obwohl er von der Krankheit noch geschwächt war, fühlte er sich, als ob ihm ein schweres Gewicht von den Schultern genommen wäre. Er begab sich in einen seiner Lieblingsbuchläden an den Strand und erstand zu einem Preis, von dem er wußte, daß er halb geschenkt war, eine Erstausgabe von D. H. Lawrence. Aufgekratzt betrat er daraufhin ein Restaurant, in dem vorwiegend Zeitungsleute aus der Fleet Street verkehrten, und bestellte ein Grillkotelett und einen halben Krug Bitterbier.
    Am Nebentisch saßen zwei Journalisten.
    »Gehst du zu Buckleys Beerdigung?« fragte der eine. »Ja«, sagte der andere. »Der arme Teufel. Wenn man sich das vorstellt, so ein Ding über den Schädel zu bekommen. Er muß unterwegs gewesen sein, um die Witwe von diesem Mann zu interviewen, der im Bad gestorben war. Eine zweifelhafte Gegend. Wahrscheinlich hatte ihn einer von Karten-Jims Leuten auf dem Kieker. Ein hervorragender Gerichtsreporter – so einen wie Bill Buckley bekommen die so schnell nicht wieder.«
    »Und ein feiner Kerl war er. Ein fabelhafter Kumpel. Und wie er die Leute immer auf den Arm nahm! Erinnerst du dich noch an seine Masche mit dem Thanatolsulfat?«
    Pender schrak zusammen. Das war das Wort, das ihm die ganzen Monate auf der Zunge gelegen hatte. Ein sonderbares Schwindelgefühl überkam ihn, und er griff nach dem Bierkrug, um sich festzuhalten.
    »… guckte einen dabei mit strengem Richterblick an«, erzählte der eine Journalist gerade. »Diesen Bären hat er immer so armen Tröpfen in der Eisenbahn aufgebunden, um zu sehen, wie sie darauf reagierten. Kannst du dir vorstellen, daß ihm einmal sogar einer angeboten hat –«
    »Hoppla!« unterbrach ihn sein Kollege. »Der Kerl da drüben ist in Ohnmacht gefallen. Ich denke mir schon die ganze Zeit, er sieht ein bißchen blaß aus.«

Wasserspiele
    »Ja«, sagte Mr. Spiller im Ton der Zufriedenheit, »ich muß sagen, solche Wasserspiele mag ich gern. Sie runden das Ganze gewissermaßen ab.«
    »Ein Hauch von Versailles«, pflichtete Ronald Proudfoot ihm bei.
    Mr. Spiller blickte ihn scharf an, als argwöhne er Ironie, doch Mr. Proudfoots Miene drückte nichts dergleichen aus. Mr. Spiller fühlte sich nie so recht behaglich in Gesellschaft des Verlobten seiner Tochter, obschon er auf die Eroberung des Mädchens auch wieder stolz war. Bei all seinen (für Mr. Spiller) unliebenswürdigen Eigenschaften war Ronald Proudfoot doch ein Gentleman vom Scheitel bis zur Sohle, und Betty war ganz und gar von ihm eingenommen.
    »Das einzige, was jetzt noch fehlt«, fuhr Mr. Spiller fort, »ist – in meinen Augen – noch etwas freier Raum drumherum. Damit man auch etwas davon sieht. Die Büsche auf allen vier Seiten nehmen die ganze Wirkung weg.«
    »Nun, das weiß ich nicht, Mr. Spiller«, widersprach Mrs. Digby mit ihrer sanften Stimme. »Finden Sie den Überraschungseffekt nicht auch faszinierend? Man kommt hier den Weg entlang, ohne zu ahnen, daß hinter diesen Fliedersträuchern noch etwas sein könnte, biegt um die Ecke und steht plötzlich davor. Ich muß jedenfalls sagen, als Sie mich heute nachmittag hierherführten, hat es mir förmlich den Atem verschlagen.«
    »Da ist natürlich etwas dran«, räumte Mr. Spiller ein. Er fand – nicht zum erstenmal –, daß Mrs. Digbys silbrige Erscheinung etwas sehr Attraktives hatte. Und sie stellte auch etwas dar. Wenn eine Witwe und ein Witwer, beide in den reifen Lebensjahren und beide mit etwas Geld im Rücken, sich zusammentäten und sich in einem hübschen Haus mit zwanzig Ar Garten und Wasserspielen gemütlich einrichteten, so wäre das nicht das schlechteste.
    »Und so hübsch und abgeschieden ist das«, fuhr Mrs. Digby fort, »vor allem durch diese herrlichen Rhododendren. Sehen Sie doch mal, wie schön das ist – voller Wassertropfen, wie Feenperlen – und die rustikale Bank vor diesen dunklen Zypressen hinten. Richtig italienisch. Und dieser wunderbare Fliederduft dazu!«
    Mr. Spiller, der wußte, daß die Zypressen eigentlich Eiben waren,
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