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Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel

Titel: Wimsey 10 - Das Bild im Spiegel
Autoren: Dorothy L. Sayers
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verbesserte sie nicht. Ein wenig Unwissenheit stand einer Frau ganz gut. Er blickte von den Steinquitten auf der einen Seite des Springbrunnens zu den Rhododendren auf der anderen, deren regenbogenfarbene Blütendolden von Wassertröpfchen funkelten und blitzten.
    »Ich hatte auch nicht vor, die Rhododendren und Steinquitten anzurühren«, sagte er. »Ich wollte nur diese Fliederhecke etwas lichten, damit man vom Haus aus etwas sieht. Aber den Damen gebührt das letzte Wort, nicht wahr
    – äh – Ronald?« (Proudfoots Vorname ging ihm noch immer etwas schwer von den Lippen.) »Wenn es Ihnen so gefällt, wie es ist, Mrs. Digby, ist die Sache schon entschieden. Die Fliederbüsche bleiben.«
    »Sie schmeicheln mir«, sagte Mrs. Digby, »aber Sie dürfen auf keinen Fall um meinetwillen Ihre Pläne ändern. Ich habe nicht das mindeste Recht, Ihnen in Ihren schönen Garten hineinzureden.«
    »O doch, das haben Sie«, sagte Mr. Spiller. »Ich unterwerfe mich ganz Ihrem Geschmack. Sie haben ein Wort für die Fliederbüsche eingelegt, und damit sind die Fliederbüsche ab sofort für mich geheiligt.«
    »Dann werde ich mich künftig nicht mehr trauen, zu irgend etwas meine Meinung zu sagen«, antwortete Mrs. Digby kopfschüttelnd. »Aber wie Sie sich nun auch entscheiden, es wird auf jeden Fall wunderhübsch sein. Es war eine großartige Idee von Ihnen, hier einen Springbrunnen anzulegen. Er verändert den ganzen Garten.«
    Mr. Spiller fand, daß sie da vollkommen recht hatte. Und es stimmte ja auch, daß dieser Springbrunnen – auch wenn die Bezeichnung »Wasserspiele« ein bißchen hochtrabend dafür war, bestand er doch lediglich aus einem Marmorbecken in der Mitte eines einszwanzig mal einszwanzig großen Bassins – sich mit der fast fünf Meter hohen Wasserfontäne, die über das niedrigere Gesträuch weit emporschoß und fast sogar die hohen Fliederbüsche überragte, recht gut machte. Und sein kühlendes Plätschern wirkte so beruhigend auf das Ohr an diesem schönen Frühsommertag.
    »Kostet sicher eine schöne Stange, das Ding in Betrieb zu halten, wie?« meinte Mr. Gooch. Er hatte bis jetzt geschwiegen, und Mrs. Digby fand, daß diese Bemerkung eine recht niedrige Lebensanschauung verriet. Sie hatte Mr. Gooch ja auch vom ersten Augenblick des Kennenlernens an für einen ausgesprochen gewöhnlichen Menschen gehalten und sich darüber gewundert, daß er mit ihrem Gastgeber auf so vertrautem Fuß stand.
    »O nein«, antwortete Mr. Spiller. »Das ist gar nicht teuer. Es wird ja immer wieder ein und dasselbe Wasser benutzt. Einfach genial. Die Springbrunnen auf dem Trafalgar Square arbeiten nach demselben Prinzip, glaube ich. Natürlich mußte ich für die Installation erst mal etwas zahlen, aber ich glaube, das war es wert.«
    »Und ob«, sagte Mrs. Digby.
    »Ich hab ja schon immer gesagt, daß du ein reicher Mann bist, Spiller«, erklärte Mr. Gooch mit seinem vulgären Lachen. »In deinen Schuhen möchte ich mal stecken. Wie die Made im Speck lebst du hier, wie die Made im Speck.«
    »Ich bin kein Millionär«, versetzte Mr. Spiller ziemlich kurz angebunden. »Aber es könnte mir schlechter gehen, wenn man die Zeiten betrachtet. Natürlich«, fügte er etwas freundlicher hinzu, »muß man schon ein bißchen sparsam sein. Zum Beispiel stelle ich den Springbrunnen bei Nacht immer ab, damit nicht soviel Wasser verlorengeht.«
    »Das kann ich mir vorstellen, du alter Geizkragen«, sagte Mr. Gooch in kränkendem Tonfall.
    Der Klang eines fernen Gongs ersparte Mr. Spiller die Antwort.
    »Ah, der Tisch ist gedeckt!« verkündete er mit einer gewissen Erleichterung in der Stimme. Die Gesellschaft kam hinter den Fliederbüschen hervor und begab sich über den Steinweg, der zwischen Blumen und Rasen und zwei langgestreckten Beeten kleiner, mit Schildchen versehener Rosenstöcke hindurchführte, gemächlich zu der prächtigen Villa, die Mr. Spiller auf den Namen »The Pleasaunce« getauft hatte.
    Beim Essen hatte Mrs. Digby den Eindruck, daß die Atmosphäre leicht gespannt war, obwohl Betty, bildhübsch und in Ronald Proudfoot bis über beide Ohren verliebt, eine bezaubernde kleine Gastgeberin abgab. Die Mißklänge kamen von Mr. Gooch. Er aß geräuschvoll, trank zuviel, ging Proudfoot auf die Nerven und benahm sich gegenüber Mr. Spiller mit einer verdeckten Unverschämtheit, die für die andern peinlich und unangenehm war. Wieder fragte sich Mrs. Digby, woher er wohl kam und warum Mr. Spiller sich mit ihm abgab. Sie
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