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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde
Autoren: Dorothy L. Sayers
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umgebracht, weil er erst um zwei Uhr gestorben ist. Das sind doch die Tatsachen, oder?«
    »Nein.«
    »Nein?«
    »Nein.«
    »Sie meinen, einer von ihnen war doch um zwei Uhr am Tatort?«
    »Nein.«
    »Wollen Sie sagen, sie haben Alexis um zwölf Uhr umgebracht?«
    »Ja.«
    »Indem sie ihm die Kehle durchgeschnitten haben?«
    »Ja.«
    »Ganz durch?«
    »Ganz durch.«
    »Und wieso ist er dann erst um zwei Uhr gestorben?«
    »Wir haben«, sagte Wimsey, »keinerlei Anhaltspunkte für die Zeit, wann Alexis gestorben ist.«

34
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Wie es wirklich war
    Nimm du diese Blume, und streu sie auf sein Grab, Ein Maiglöckchen ist’s, das Schellen trägt, Denn selbst die Pflanzen, scheint es, brauchen ihren Narren, So allumfassend ist der Geist der Narretei;
Und flüstre dann den Plagegeistern seines Grabes zu: ›Fürst Tod hat Eselsohren.‹
DEATH’S JEST-BOOK

    MITTWOCH, 8. JULI
    »Wollen Sie damit plötzlich sagen«, fragte Inspektor Umpelty mit langsamer Entrüstung, »daß die junge Dame sich die ganze Zeit geirrt hat?«
    Harriet schüttelte den Kopf, und Wimsey sagte: »Nein.«
    »Nun, Mylord, ich glaube nicht, daß Sie gegen die Ärzte ankommen. Ich habe noch andere Ärzte danach gefragt, und sie sagen alle, daß es da keinen Zweifel gibt.«
    »Weil Sie ihnen nicht alle Fakten genannt haben«, sagte Wimsey. »Das ist kein Vorwurf gegen Sie«, fügte er freundlich hinzu, »denn die restlichen Fakten sind mir selbst vorhin erst klargeworden. Etwas, was Sie von Blut gesagt haben, Harriet, hat mich auf die Idee gebracht. Ich schlage vor, wir schreiben einmal ein paar Dinge auf, die wir über diesen vermeintlichen Sproß der Romanows wissen.«
Hat als Kind lange sehr krank gelegen, nachdem er auf dem Schulhof umgestoßen worden war.
Als Einundzwanzigjähriger trug er einen Bart und hatte noch nie ein Rasiermesser benutzt.
Er hatte ungewöhnlich große Angst vor scharfen Gegenständen und vor dem Zahnarzt.
Mindestens ein Backenzahn hatte eine Krone, damit er nur ja nicht gezogen werden mußte.
Obendrein trug er am Donnerstag, dem 18., Handschuhe, als er über Felsen klettern mußte.
Periodische Schmerzen in den Kniegelenken machten ihm sehr zu schaffen.
Hilfe dagegen erwartete er von Antipyrin.
Ist um keinen Preis zum Arzt gegangen, obwohl er wußte, daß die Gelenkschmerzen ihn schließlich zum Krüppel machen würden.
Leichenschau ergab völliges Fehlen von Totenflecken.
In der Untersuchungsverhandlung wurde protokolliert, daß der Körper fast vollkommen blutleer war.
Endlich und schließlich kann man über die weibliche Linie mehr erben als Kaiserkronen.
    Harriet und der Inspektor starrten kurz auf das Blatt. Dann lachte Harriet.
    »Natürlich!« rief sie. »Ich fand Ihren Stil ja stellenweise ein bißchen gequält. Aber für einen ersten Versuch kann er sich durchaus sehen lassen.«
    »Ich weiß nicht, was Sie da alles herauslesen«, sagte Umpelty, um sehr mißtrauisch fortzufahren: »Soll das ein Scherz sein? Ist das wieder eine von diesen Geheimschriften?« Er riß das Blatt an sich und fuhr mit einem großen Daumen die Zeilen hinunter. »Na los!« sagte er. »Worauf wollen Sie hinaus? Ist es ein Rätsel?«
    »Nein, es ist die Lösung«, sagte Harriet. »Sie haben recht, Peter, Sie haben recht – so muß es sein. Es würde so vieles erklären. Nur das mit dem Antipyrin, das wußte ich nicht.«
    »Ich bin fast sicher, daß es stimmt; ich glaube, es irgendwo gelesen zu haben.«
    »Hat er das von den Romanows?«
    »Möglich. Es beweist allerdings noch lange nicht, daß er wirklich ein Romanow war, falls Sie das meinen. Obwohl es sein könnte, denn dem jungen Simon ist in seinem Gesicht irgendwie eine Ähnlichkeit aufgefallen – vielleicht eine Familienähnlichkeit. Aber es kann genausogut auch umgekehrt gewesen sein: Die Tatsache, daß er es hatte, mag ihn in seiner Einbildung bestärkt haben. So etwas tritt manchmal auch spontan auf.«
    »Was soll das alles?« fragte der Inspektor.
    »Spannen Sie ihn nicht so auf die Folter, Peter. Lesen sie mal die Anfangsbuchstaben, Mr. Umpelty.«
    »Äh – oh! Sie müssen aber auch immer Ihren Spaß haben, Mylord! H, A, E – Haemophilie. Was in drei Teufels Namen ist das, bitte?«
    »Die sogenannte Bluterkrankheit«, sagte Wimsey, »hervorgerufen durch einen Mangel an irgend etwas im Blut, Kalzium oder was weiß ich. Sie wird, wie Farbenblindheit, durch die Mutter vererbt, tritt aber fast nur bei Männern auf, und auch da nur in jeder zweiten Generation. Das heißt, sie kann in
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