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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde
Autoren: Dorothy L. Sayers
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Generationen über Generationen von Töchtern versteckt liegen und dann durch einen bösartigen Zufall beim Sohn eines vollkommen gesunden Vaters und einer scheinbar gesunden Mutter plötzlich zutage treten. Und soviel man bisher weiß, ist sie unheilbar.«
    »Und was ist das genau? Und warum glauben Sie, daß Alexis es hatte? Und was bedeutet es, wenn er es hatte?«
    »Es ist eine Krankheit, bei der das Blut nicht richtig gerinnt; man kann am kleinsten Kratzer verbluten. An einem gezogenen Zahn oder einem Schnitt am Kinn vom Rasieren kann man sterben, wenn man nicht weiß, was man zu tun hat, und bluten tut man auf jeden Fall stundenlang wie ein gestochenes Schwein. Und wenn man hinfällt oder einen Schlag bekommt, kann es innere Blutungen geben, die sich in dicken Schwellungen äußern und entsetzlich schmerzhaft sind. Und wenn Sie noch so gut aufpassen, kann es ohne jeden Anlaß zu inneren Blutungen an den Gelenken kommen. Das passiert von Zeit zu Zeit und ist grauenvoll schmerzhaft und verursacht hohes Fieber. Darum, wenn ich mich recht erinnere, das Antipyrin. Und darüber hinaus endet es meist damit, daß die Gelenke versteifen und man für den Rest seines Lebens ein Krüppel ist.«
    »Der Zarewitsch hatte das natürlich«, sagte Harriet. »Das habe ich in einem von Alexis’ Büchern gelesen, aber dumm wie ich bin, habe ich es nicht mit diesem Mord in Verbindung gebracht.«
    »Ich sehe da auch jetzt noch keinen Zusammenhang«, sagte der Inspektor, »außer daß es erklärt, warum Alexis so eine Zimperliese war und so weiter. Oder meinen Sie, es beweist, daß Alexis wirklich irgendeine königliche Hoheit war und die Bolschewiken –?«
    »Das mag es beweisen oder nicht«, sagte Wimsey. »Aber verstehen Sie denn nicht, altes Haus, daß damit das medizinische Gutachten erledigt und mausetot ist? Wir haben den Tod auf zwei Uhr festgelegt, weil sein Blut nicht geronnen war – aber wenn Alexis haemophil war, hätten wir bis zum Jüngsten Tag warten können, und sein Blut wäre nicht geronnen. Er kann daher schon am Mittag oder meinetwegen sogar im Morgengrauen gestorben sein. In Wirklichkeit würde zwar das Blut nach ein paar Stunden leicht zu gerinnen anfangen, je nachdem, wie stark er die Krankheit hatte, aber als Indiz für den Todeszeitpunkt ist das Blut ein glatter Ausfall.«
    »Mein Gott!« sagte Umpelty.
    Er saß mit offenem Mund da.
    »Ja«, sagte er, nachdem er sich wieder ein wenig erholt hatte, »aber da ist ein Haken. Wenn er zu einer beliebigen Zeit gestorben sein kann, wie sollen wir dann beweisen, daß er um zwölf gestorben ist?«
    »Ganz leicht. Erstens wissen wir, daß dies die fragliche Stunde gewesen sein muß, weil dafür alle ein Alibi haben.
    Wie Sherlock Holmes einmal irgendwo gesagt hat: ›Nur der Mann mit kriminellen Absichten bemüht sich um ein Alibi.‹ Ich muß sagen, dieser Fall ist auf seine Weise wirklich einzigartig. Ich erlebe zum erstenmal, daß der Mörder nicht weiß, um welche Zeit er den Mord begangen haben soll. Kein Wunder, daß die Beweisaufnahme bei der Leichenschau ein solcher Schock für Henry Weldon war!«
    »Ja – aber –« Der Inspektor machte ein unglückliches Gesicht. »Das mag uns ja überzeugen, aber ich meine, es beweist noch immer nicht, daß es Mord war – ich will sagen, man muß doch erst mal beweisen, daß es Mord war, bevor man etwas anderes beweist. Ich meine –«
    »Ganz recht«, sagte Wimsey. »Im Gegensatz zu Mr. Weldon haben Sie die petitio elenchi erkannt. Aber sehen Sie, wenn Alexis zwischen halb elf und halb zwölf noch lebend auf der Straße gesehen wurde und um zwei Uhr tot war, muß er in der Zeit gestorben sein, die durch die Alibis abgedeckt ist, das steht fest. Und ich glaube, wir können die Zeit noch weiter einengen. Jem Pollock und sein Großvater haben uns mit der Behauptung in Erstaunen versetzt, daß sie den Mann schon einige Zeit vor zwei Uhr auf dem Felsen liegen sahen. Wahrscheinlich war er dann auch schon tot. Wir wissen jetzt, daß sie mit ziemlicher Sicherheit die Wahrheit gesagt haben, und brauchen sie nicht mehr als Komplizen des Verbrechens anzusehen. Man kann den Zeitraum, in dem der Tod eingetreten sein muß, auf etwa zwei Stunden einengen – sagen wir zwischen halb zwölf, als Alexis beim Felsen angekommen sein könnte, und halb zwei, als die Pollocks die Leiche zum erstenmal sahen. Das müßte genau genug für Sie sein, zumal Sie einwandfrei nachweisen können, daß die Tatwaffe sich eine Zeitlang im Besitz eines der
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