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Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde

Titel: Wimsey 08- Zur fraglichen Stunde
Autoren: Dorothy L. Sayers
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beugte er sich mit dem Rasiermesser von hinten über ihn …
Weldon war natürlich ein Idiot. Alles, was falsch zu machen war, hat er falsch gemacht. Er hätte ihm die Handschuhe ausziehen und darauf achten sollen, daß er den Originalbrief bekam. Vielleicht hätte er die Leiche durchsuchen sollen. Aber ich glaube, das wäre noch schlimmer gewesen. Es hätte den selbstmörderischen Anschein zerstört. Bewegen Sie einmal eine Leiche vom Fleck, und ihr erstes Jubelsingen würd zweimal nicht gelingen. Außerdem tobte das Pferd und drohte sich loszureißen. Das wäre tödlich gewesen …
Wissen Sie, in dem Punkt muß ich vor Weldon wirklich den Hut ziehen. Haben Sie schon einmal ein Pferd erlebt, das plötzlich von oben bis unten mit frischem Blut vollgespritzt wird? Das ist nicht schön. Ganz und gar nicht. Kavalleriepferde muß man natürlich daran gewöhnen – aber die braune Stute kann noch nie im Leben Blut gerochen haben. Wenn ich mir vorstelle, daß Weldon vom Felsen hinunter auf ein schreiendes, bockendes, vor Angst halbtotes, ungesatteltes Pferd springen und es wegreiten mußte, ohne es einmal in den Sand treten zu lassen – da kann ich nur sagen, Hut ab!«
    »Sie wollen sagen, Sie müßten den Hut vor ihm ziehen, wenn es so zugegangen wäre.«
    »Genau. Ein Mann, der die Durchführung eines solchen Planes ernsthaft in Betracht ziehen konnte, mußte etwas von Pferden verstehen. Vielleicht verstand er auch zuviel davon. Ich meine … es gibt Mittel und Wege, tobender Tiere Herr zu werden, und eins ist grausamer als das andere …
Na ja, aber wir nehmen an, er hat es geschafft.
    Irgendwie hat er das Pferd vom Felsen losgebunden und ins Meer hinausgezwungen. Das wäre das beste gewesen. Dort konnte es sich müde toben, und zugleich wurde das Blut abgewaschen. Nachdem er das Tier dann wieder unter Kontrolle hatte, ritt er damit auf demselben Wege zurück, auf dem er gekommen war. Aber bei seinem wilden Keilen hatte das Pferd sich ein Hufeisen losgerissen, und unterwegs ging es ganz ab. Wahrscheinlich hat er das gar nicht gemerkt. Er reitet an seinem Lager vorbei zu der Stelle, wo er seine Kleider zurückgelassen hat, läßt das Pferd frei, zieht sich an und läuft zur Straße, um den zurückkehrenden Bentley anzuhalten. Ich glaube nicht, daß er viel früher als fünf vor eins dort war. Er wird mitgenommen und um ein Uhr vor den Drei Federn abgesetzt. Und hiermit verlassen wir die Fiktion und kehren zu den Tatsachen zurück. Nach dem Essen geht er dann zu seinem Zeltplatz zurück, verbrennt das Zaumzeug, das voll Blut ist, und gibt unserm Freund Perkins einen Tritt in den Hintern, weil der sich sonst vielleicht zu sehr für das Zaumzeug interessieren könnte.«
    »Das hatte er wohl in den Drei Federn nicht bei sich?«
    »Nein, ich denke, er hat es auf dem Rückritt vom Bügeleisen an einer geeigneten Stelle abgeworfen – irgendwo in der Nähe des Bachs, könnte ich mir vorstellen. Nun, und danach braucht er nur noch dafür zu sorgen, daß Polwhistle kommt und sich um seinen Morgan kümmert. Da hat er natürlich wieder einen Fehler gemacht. Als er die Kabel in die Tasche steckte, hätte er dafür sorgen müssen, daß sie drinblieben.
    Aber Sie sehen, daß auch für ihn die Sache dreifach gesichert war. Zuerst sollte der Tod natürlich wie Selbstmord aussehen; zweitens war der am Hinks’s Lane kampierende Naturfreund ein Mr.
    Martin aus Cambridge, der mit niemandem irgend etwas zu tun hatte; und drittens, wenn Mr. Martin als Henry Weldon identifiziert werden sollte, konnte er mit dem Alibi in Wilvercombe aufwarten, mit Bach und Hemdkragen und allem Drum und Dran sowie einer vollkommen unabhängigen Zeugin in einem Bentley, die seine Darstellung bestätigen konnte.«
    »Ja, aber –«, sagte Umpelty.
    »Ich weiß, ich weiß – nur Geduld. Ich weiß, daß der Plan schiefgegangen ist, aber ich möchte, daß Sie sehen, wie alles gedacht war. Angenommen, es hätte geklappt, wie es sollte – was wäre geschehen?
    Um zwölf Uhr hätte die Leiche auf dem Felsen gelegen, das Rasiermesser darunter. Um halb eins war der Mörder über alle Berge, wahrscheinlich schon fast in Darley. Um eins saß er in den Drei Federn und aß und trank, und eine Zeugin konnte beschwören, daß er den ganzen Vormittag in Wilvercombe verbracht hatte. Wenn die Leiche gefunden wurde, bevor die Flut wendete, waren keine Fußspuren da, nur die des Toten selbst, und wahrscheinlich hätte man ohne weiteres an einen Selbstmord geglaubt – vor allem
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