Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Wildwasserpolka

Wildwasserpolka

Titel: Wildwasserpolka
Autoren: Michaela Kuepper
Vom Netzwerk:
nicht gerade die Klientel, mit der Waskovic sich sonst zu umgeben pflegt. Vorzugsweise hält er sich nämlich auf dem Golfplatz auf, wie die Kaulquappe mir mitteilte, doch seine Liebe zum Sport scheint nicht so ausgeprägt zu sein, wie sie vermutet, denn während sie ihn beim Einlochen auf Gut Heckenhof wähnt, lümmelt er meist in ganz anderen Ecken herum. Ich fand heraus, dass er sich ungefähr ein- bis zweimal pro Woche mit seinen Gespielinnen traf. An jenem Montag, gut drei Wochen, nachdem die Kaulquappe in meinem Büro aufgetaucht war, lag wie üblich eine Reservierung in der Rheinperle vor, einem kleinen Hotel vor den Toren Kölns, das mit seinen schmiedeeisernen Balkonen zur Rheinseite hin wie geschaffen für Einblicke aller Art ist.
    An jenem besagten Abend wollte ich Waskovic heimlich zu seinem amourösen Stelldichein begleiten und meinen Auftrag damit abschließen: Ich im Verborgenen auf dem Balkon, er in flagranti in der Nobelsuite. Ein paar aussagekräftige Bilder untermalt von O-Ton-Einspielungen, und die Beweislage wäre komplett – so der Plan.
    Mein Equipment im Gepäck, eilte ich Waskovic ins Hotel voraus, nahm ein Zimmer neben dem seinen in Beschlag und brachte mich in Stellung. In derlei Fällen ist es gut, der Igel und nicht der Hase zu sein, und ich konnte mein Glück kaum fassen, als ich die Balkontür weit geöffnet vorfand. Offenbar wollte man noch einmal ordentlich durchlüften, bevor der Gast eintraf. Also schlüpfte ich hinein und steuerte den schwarzen Papierkorb unter dem Schreibsekretär an der Wand an. Ich klebte die ebenfalls schwarze, selbsthaftende Wanze hinein, eine Errungenschaft von Mr. Q’s Secrets, und wieder ab nach draußen. Wenige Sekunden später kam ein Zimmermädchen, um die Balkontür zu schließen, blickte dabei allerdings so verträumt drein, dass sie wohl nicht einmal einen Elefanten im Handstand auf dem Balkon bemerkt hätte. Soweit alles bestens. Bis dahin jedenfalls.
    Doch dann entpuppte sich das vermeintliche Schäferstündlein unversehens als waschechter Männerabend – kurz, aber heftig –, statt der langbeinigen Schönen tauchte der kurze Dicke mit der Ernie-Frisur auf, und zum krönenden Abschluss dieser Verwechslungstragödie textete Waskovic mir den Auftragsmord aufs Band. Oder vielmehr zwei Morde, denn es waren zwei Personen, die ausgeschaltet werden sollten. Bert Waskovic schien in allen Lebenslagen eine Vorliebe für Paarungen zu haben.
    Offenbar ging es um zwei Angestellte seiner Firma – Thomas und Stefan mit Namen –, die irgendeinen Deal an ihm vorbei gemacht hatten. Der Dialog war ziemlich kryptisch, und die genauen Zusammenhänge erschlossen sich mir nicht, der Dicke hingegen schien keinerlei Verständnisschwierigkeiten zu haben. Waskovic blieb ruhig, während er die Sachlage erörterte, als spräche er von zwei uneinsichtigen Schülern, die man zu ihrem eigenen Besten von der Klassenfahrt heimschicken wollte. Auch Salatohr-Ernie wirkte so gefasst, als nähme er den Auftrag zum Brötchenholen entgegen, er nickte immerzu, und als er fertig war mit Nicken, ging Waskovics Daumen runter.
    »Ich habe jetzt genug von unserem Dr. No – und vor allem von seinen beiden Freunden « , resümierte er. »Schalte sie aus, so schnell wie möglich.«
    Der Dicke blähte die Nasenlöcher. Mir klatschte ein Tautropfen in den Nacken. Kurz darauf Waskovics Nachsatz: »Pass mir ein bisschen auf Galina auf.«

    Genau. Genau das habe ich auch getan, oder gemeint, es tun zu müssen: nämlich aufzupassen, auf seine Frau. Auf Galina, die Kaulquappe. Schließlich ist sie meine Klientin, und Klienten gegenüber hat man eine gewisse Fürsorgepflicht, insbesondere, wenn deren Ehemänner mit dem Gedanken spielen, sie auszuschalten. Es ging nicht länger um irgendwelche feuchtfröhlichen Matratzenspielchen, sondern um Mord. Und wenn herauskäme, dass die Kaulquappe mich auf ihren Mann angesetzt hat, wäre sie in höchster Gefahr; Waskovic hatte deutlich genug ausgesprochen, wie überdrüssig er ihrer ohnehin war.
    Was mir selbst blühen könnte, daran mochte ich gar nicht denken. Aber ich tat es unweigerlich.

    Tief durchatmen. Ruhe bewahren. Nachdenken.
    Was nun? Mein erster Reflex ist, schnurstracks zur Polizei zu laufen. Doch was soll ich der erzählen? Meine O-Ton-Aufnahme ist schlicht und einfach illegal.
    Gut, ich bräuchte sie nicht vorzuspielen. Ich könnte sagen, ich hätte die Unterhaltung mit angehört. Das wäre nur noch relativ illegal, dann hätte ich allerdings
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher