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Wildwasserpolka

Wildwasserpolka

Titel: Wildwasserpolka
Autoren: Michaela Kuepper
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das beste Dopingmittel. Leider auch der häufigste Grund, Fehler zu begehen – und diesen Auftrag anzunehmen, war ganz entschieden einer, aber hinterher ist man bekanntlich schlauer.
    Normalerweise bearbeite ich derlei Aufträge nicht allein, sondern ziehe meine zauberhafte Assistentin Denise hinzu. Denise vereint alle Eigenschaften einer guten Observantin in sich, außerdem hat sie ein hervorragendes Personengedächtnis und kann Berichte ohne orthografische Mängel verfassen. Sie ist wirklich gut. Seit der Geburt ihrer Tochter steht sie allerdings lediglich für dringliche Sonderaufgaben zur Verfügung, wobei ihre Definition einer dringlichen Sonderaufgabe recht eigenwillig ausfällt. Sollte beispielsweise Robbie Williams in der Stadt weilen und ein Fan dessen langjährige Tagebuchaufzeichnungen geklaut haben, wäre sie gern bereit, zu helfen, erklärte sie unlängst. Vorausgesetzt natürlich, Robbie würde sich an uns wenden.
    Leider weilt Robbie Williams nie in Siegburg, und ob er ein Tagebuch führt, ist fraglich. Der letzte große Star, der sich hierher verirrte, war Kevin Costner, aber nicht in seiner Eigenschaft als Tänzer mit dem Wolf, sondern als Hobbybarde, und ich bin nach wie vor unentschlossen, wer besser singen kann: er oder ich.
    Neben Denise gehört auch Herbert zu meinem Team, ein mit allen Wassern gewaschener Expolizist und Frührentner mit exzellenten Beziehungen. Leider hat er seit Wochen Rücken und kommt kaum aus seinem Fernsehsessel hoch.
    Andererseits kriegt man Seitensprünge auch gut allein hin, überlegte ich. Dazu bedarf es in der Regel weder eines Superhirns noch eines Linienbusses voller Observanten. Und in dem Moment, in dem ich mich entschied, der Kaulquappe gar nicht erst von meinem Dreamteam zu berichten, sagte sie: »Ich möchte bitten, dass das hier unter uns bleibt.«
    »Selbstverständlich!«
    »Ich meine damit, dass Sie allein arbeiten sollten.«
    »Warum das denn?«, entfuhr es mir.
    »Eine Vertrauensfrage. Mein Mann ist eine bekannte Größe, und ich möchte nicht mehr Personen in die Angelegenheit hineinziehen als nötig.«
    »Eine Observation allein durchzuführen, ist unprofessionell!«, widersprach ich, weil ich mir prinzipiell ungern etwas vorschreiben lasse. »Verstehen Sie doch: Es müssen gewisse Vorermittlungen durchgeführt werden, man muss Ihren Mann beschatten, es gibt womöglich weitere Zielpersonen, die im Auge behalten werden müssen, und von all dem darf selbstverständlich niemand etwas merken. Das ist allein nicht leicht zu bewerkstelligen.«
    »Jemanden beim Fremdgehen zu erwischen, kann wohl nicht so schwer sein«, meinte die Kaulquappe abschätzig und setzte hinzu: »Entweder Sie machen es allein oder gar nicht.« Doch dann merkte sie offenbar, dass sie nicht nur mit der Peitsche knallen, sondern mir auch ein bisschen Zucker geben musste, und schwenkte um. »Selbstverständlich hätte ich mich an eine große Detektei wenden können, aber ich wollte es gern … persönlicher. Ich wollte Sie«, schmeichelte sie mir und rang sich sogar ein Lächeln ab. »Immerhin haben Sie sich einen gewissen Ruf erarbeitet.«
    Hört, hört, einen gewissen Ruf! Fragte sich jedoch, was für einen. Danach fragte ich allerdings nicht, sondern wollte wissen, ob sie selbst bereits aktiv geworden sei. Kunden, die sich als Sherlock Holmes betätigt haben, bevor sie eine Detektei einschalten, haben die Sache meist dermaßen versaut, dass auch professionelle Arbeit zum Scheitern verurteilt ist. Und jeden Schuh will man sich dann doch nicht anziehen.
    Aber die Kaulquappe beteuerte ernsthaft, in dieser Richtung nichts unternommen zu haben. »Da verlasse ich mich völlig auf Ihr professionelles Auge.«
    Also gut. »Eine Frage habe ich allerdings noch. Nehmen Sie sie nicht persönlich, ich stelle sie in derartigen Fällen immer«, erklärte ich, und das entsprach sogar der Wahrheit, denn sie gehört standardmäßig zu dem für meinen Beruf unerlässlichen psychologischen Feingefühl.
    »Nur zu«, ermunterte mich die Kaulquappe.
    Ich schaute in ihre gelben Augen: »Sind Sie sicher, dass Sie die Wahrheit wissen wollen?«, fragte ich ernst. »Ich meine, ist Treue für Sie entscheidend? Bedenken Sie: Niemand ist hundertprozentig glücklich in einer Ehe, dafür sind wir Menschen nun mal nicht gemacht. Ich bin selbst verheiratet, ich weiß, wovon ich rede. Irgendwann kommt unweigerlich der Punkt, an dem einem das Gras auf der anderen Seite des Zaunes grüner erscheint. Vielleicht sollte man
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