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Wildwasserpolka

Wildwasserpolka

Titel: Wildwasserpolka
Autoren: Michaela Kuepper
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rechte Hand meines Mannes, falls Sie das noch nicht selbst herausgefunden haben«, erklärt die Waskovic gereizt. »Er ist diplomierter Betriebswirt oder Bankkaufmann oder was auch immer – jedenfalls kein Killer.«
    »Als diplomierter Killer wird er sich auch kaum beworben haben«, wende ich ein, sie lässt sich jedoch nicht beirren.
    »Kemper trägt Personalverantwortung«, fährt sie fort, »das heißt, er hat Konsequenzen zu ziehen, wenn der Laden nicht läuft. Und der Laden ist, was die beiden Herren betrifft, offenbar nicht gelaufen. Ich kann Ihnen die Zusammenhänge nicht genau erklären, wie gesagt, aus den geschäftlichen Dingen halte ich mich heraus, es hört sich allerdings sehr danach an, als hätten diese Mitarbeiter meinen Mann hintergangen und ihre Vertrauensstellung missbraucht. Folglich hat Kemper dafür zu sorgen, dass sie nicht weiter in die Geschäftsprozesse integriert werden. Er wirft sie raus aus dem System. Er schaltet sie ab, schaltet sie aus – was auch immer. Das heißt allerdings noch lange nicht, dass er sie umbringt!«
    »Genau das habe ich allerdings herausgehört.«
    Erneut schüttelt Galina den Kopf, mit resignierter Miene, als sei jedes ihrer Worte verschwendet gewesen, da bei mir ohnehin Hopfen und Malz verloren sei. »Was sollen denn diese Mafiosi-Theorien, Frau Schiller? Wir sind hier nicht auf Sizilien! Mein Mann handelt mit Holz, nicht mit Waffen. Aber laufen Sie ruhig zur Polizei mit Ihrem Mitschnitt, wenn Sie es für Ihre Pflicht halten.« Ihre Hand vollführt eine fahrige Geste, als sei ihr das alles einfach nur lästig, doch nach einer kurzen Pause fügt sie hinzu: »Sie sollten allerdings nicht davon ausgehen, dass mein Mann sich das bieten lassen wird. Private Gespräche aufzuzeichnen, ist illegal, das sagten Sie selbst.« In ihrer Stimme liegt plötzlich neue Kraft. »Sollten Sie ihn trotzdem irgendwelchen falschen Verdächtigungen aussetzen, kassieren Sie garantiert eine Strafanzeige; fleißige Anwälte hat mein Mann genug.« Sie beugt sich vor und fixiert mich mit ihren gelben Hexenaugen. »Und ich sage Ihnen gleich, wie die Sache ausgehen wird: Sie können Ihren Laden dichtmachen. So wird es enden.«
    Ich suche nach einer Erwiderung, doch mir will keine einfallen. Zugegeben: Mir wächst die Sache über den Kopf. In welchen Schlamassel habe ich mich da nur reingeritten!
    »Wissen Sie, welche Schwierigkeiten es derzeit in der Firma gibt?«, beharre ich in dem Bemühen, einen Rest Professionalität zu wahren. »Besondere Vorkommnisse, Umbrüche, Neuerungen?«
    »Nein.«
    »Sie können mir nichts über die aktuelle Lage des Unternehmens sagen?«
    »Nein. Ich sagte doch: Aus den geschäftlichen Angelegenheiten halte ich mich heraus!«
    Soll ich das glauben? Worüber reden die Waskovics denn beim Abendbrot? Nur über ihre Maledivenreisen? Und warum, zum Kuckuck, wirkt die Waskovic viel geschäftstüchtiger, als sie sich gibt? Hat sie womöglich ihre Berufung nicht erkannt, oder ignoriert sie sie einfach?
    Wenn ich es mir recht überlege, kann von Ignoranz allerdings gerade keine Rede sein. Sie legt sich vielmehr unheimlich ins Zeug, ihrem Bert die Flecken von der Weste zu reiben. Und ich habe sie unterschätzt. Eindeutig. Ich habe ihre gelben Augen nicht ernst genug genommen, mich von all der Schminke und dem falschen Flitter blenden lassen, hinter dem sie ihren Verstand verbirgt. Ich bin auf einen der ältesten Tricks der weiblichen Welt reingefallen.
    »Wie erklären Sie sich, dass Ihr Mann mit Kemper nicht in seinem Büro, sondern außer Haus gesprochen hat?«, nehme ich einen neuen Anlauf, in dem festen Willen, mich nicht unterkriegen zu lassen.
    Die Kaulquappe zieht eine Augenbraue in die Höhe, als sei meine Frage höchst absonderlich und kaum der Mühe wert, darüber nachzudenken, ringt sich dann schließlich doch zu einer Antwort durch. »Ganz einfach«, erklärt sie. »Bert hatte einen Termin in Köln, der ziemlich lange dauern sollte, wie er mir zuvor sagte. Anschließend wollte er wohl nicht extra ins Büro fahren und hat Kemper ins Hotel bestellt, da es offensichtlich dringliche Angelegenheiten zu klären gab.«
    »Gut. Aber warum ins Hotel, warum nicht beispielsweise zu Ihnen nach Hause?« Ich denke an das riesige Himmelbett im Hotelzimmer. Nicht gerade eine alltägliche Umgebung für Dienstgespräche.
    Wieder zuckt die Augenbraue, diesmal braucht meine Klientin jedoch keine Bedenkzeit, um mich anzufahren: »Diese Frage sollten eigentlich Sie mir beantworten,
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