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Wilder Wein

Wilder Wein

Titel: Wilder Wein
Autoren: Heinz G. Konsalik
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… ist ja egal. Er dachte jedenfalls: Warum nicht, für dein Geld male ich dir deine Ohren mit deinem Weinberg.
    »Hoffentlich haben Sie ein gutes Foto mitgebracht«, sagte er.
    »Ein Foto?«
    »Ja.«
    »Von wem?«
    »Von Ihrem Weinberg.«
    »Ach«, erkannte der Winzer, »Sie wollten den von einem Foto abmalen?«
    »Sicher, Herr Selzer, ich brauche doch eine Vorlage.«
    »Ich habe mir gedacht, die sollen Sie in natura haben.«
    »In natura?«
    »Ich lade Sie ein, nach Wehlen zu kommen, bei mir zu wohnen und zu essen und das Bild anzufertigen. Wie stellen Sie sich dazu?«
    Küssen könnte ich dich, du Dickwanst, dachte der Maler, aber das wäre die falsche Taktik. Man muß sich teuer verkaufen.
    »Herr Selzer«, sagte er, »das ist nicht so einfach …«
    »Warum?«
    »Zeitlich, meine ich.«
    »So?«
    »Ich habe auch noch andere Aufträge.«
    »Der meine wäre aber eilig.«
    »Das sind sie alle, Herr Selzer.«
    »In drei Wochen ist die Jahrhundertfeier des Winzervereins. Dazu muß ich das Bild haben.«
    »In drei Wochen?«
    »In knapp drei Wochen sogar.«
    Frédéric Bruhère seufzte.
    »Wie stellen Sie sich das vor, Herr Selzer?«
    Der dicke Winzer richtete sich ein wenig auf, was zur Folge hatte, daß der wackelige Stuhl knarrte. Es sah aus, als ob Selzer sich erheben wolle und die Unterredung für ihn beendet sei. Das ging aber dem Maler durch und durch.
    »Warten Sie«, stieß er hervor, die Hand an die Stirn legend, um scharf nachdenken zu können. »In drei Wochen, sagten Sie?«
    »Knapp drei Wochen.«
    »Eine verdammt kurze Zeit, aber …«
    Er verstummte, sich bei geschlossenen Augen die Stirn reibend.
    »Aber«, sagte er rasch, als er den Stuhl ein zweites Mal knarren hörte, »ich könnte Ihren Auftrag vielleicht vorziehen und dafür das Porträt des Abgeordneten …«
    »Was zahlt Ihnen der?« fiel zupackend der Winzer ein.
    »Zweitausend«, antwortete kühn Frédéric Bruhère, als der sich der Maler in diesem Augenblick ganz und gar empfand. Als Fritz Brühe hätte er sich mit der Hälfte begnügt.
    Zweitausend, das war viel. Die Bauernseele des Winzers rebellierte.
    »Zweitausend?« brummte er mißmutig.
    Frédéric Bruhère nickte mit einer Miene, in die Vorwürfe gegen sich selbst geschrieben standen, sich so billig verkauft zu haben.
    »Aber ohne Kost und Logis zahlt Ihnen der das«, sagte Selzer, sich dem Zwang ausgesetzt sehend, nicht unter zweitausend gehen zu können. »Ich zahle Ihnen das gleiche – mit Kost und Logis! Zählt das nicht?«
    Fritz Brühe hätte am liebsten einen Indianertanz aufgeführt. Frédéric Bruhère jedoch sagte gemessen: »Ich bin mit Ihnen einverstanden, Herr Selzer. Die Arbeit im Freien wird einen gewissen Reiz auf mich ausüben. In der letzten Zeit war ich immer nur ans Atelier gefesselt. Wann soll ich mich nach Wehlen begeben?«
    »Möglichst bald. Wenn's geht, morgen schon.«
    »Gut. – Noch eine Frage, Herr Selzer …«
    »Ja?«
    »Wie sind Sie auf mich gekommen?«
    »Sie wurden mir empfohlen.«
    »Empfohlen? Von wem?«
    »Vom Wirt Ihres Stammlokals hier in Koblenz, in das ich zufällig geraten bin. Ich kam mit ihm ins Gespräch. Sie wissen ja, er hat Bilder von Ihnen an den Wänden hängen. Eins gefiel mir besonders.«
    »Welches?«
    »Die drei Zechbrüder beim Wein. Deshalb fragte ich nach Ihnen. Der kann was, sagte ich mir, und wird trotzdem nicht zu teuer sein, da mir seine Bilder an den Wänden verraten, auf welche Weise er seine Schulden beim Wirt abträgt. Ich hatte an fünfhundert Mark für meinen Auftrag gedacht.«
    Herr Selzer erhob sich seufzend.
    »Aber«, fuhr er fort, »da kam mir ja nun ein Abgeordneter in die Quere. Darf ich fragen, von welcher Partei?«
    Baptist Selzer blickte den jungen Maler in aller Naivität an. War diese nun gespielt oder nicht? Nur er selbst hätte es sagen können.
    »Von welcher Partei, Herr Selzer?«
    »Ja, das würde mich interessieren.«
    »Er hat es mir noch nicht gesagt. Warum würde Sie das interessieren?«
    »Weil er so mit dem Geld herumwirft – mit dem Geld von uns Steuerzahlern.«
    Der Winzer ging zur Tür, wobei er hinzusetzte: »Sie finden mich in Wehlen ohne Schwierigkeiten. Jeder kennt mich.«
    Dann fiel ihm noch etwas ein.
    »Eine kleine Bedingung möchte ich allerdings noch mit meinem Auftrag verbinden …«
    »Welche?«
    »Während Ihrer Zeit bei mir in Wehlen wird von Ihnen kein Tropfen Bier, sondern nur Wein getrunken. Klar?«
    »Klar«, lachte der Maler.
    Nachdem der Winzer gegangen war, entdeckte
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