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Wilder Wein

Wilder Wein

Titel: Wilder Wein
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Sprechen immer die Zungenspitze durch eine Zahnlücke schoß.
    Ein Sechzehnjähriger fiel aus dem Rahmen. Sein Sinn für die Realität war schon stärker entwickelt, er zog einen Klassenkameraden von der Berufsschule etwas beiseite und fragte ihn: »Wie wär's heut abend mit deinem Moped? Ich müßte mal wieder rüber nach Ürzig. Die Ingrid hat's nötig.«
    »Kauf dir doch endlich selber eins.«
    »Mit was denn? Mein Alter hat kein Geschäft. Er kann mich nicht an die Kasse stellen, wenn Mutti mit ihren schlechten Zähnen so oft zum Zahnarzt muß wie die deine.«
    Inzwischen war Frédéric alias Fritz Brühe herangekommen.
    Auch er schätzte Autos. Notgedrungen war dies aber bei ihm eine ›stille‹ Liebe. Die Jungs konnte er verstehen. Er nickte ihnen deshalb lächelnd zu, als er den Parkplatz überquerte, und verschwand im ›Winzergold‹.
    Das Lokal war voll besetzt. Freien Tisch gab's keinen mehr, nur an einem saß im Moment niemand, doch Autoschlüssel und ein goldenes Feuerzeug sowie Zigaretten, die auf diesem Tisch lagen, zeigten an, daß sich da auch schon jemand niedergelassen hatte. Es war ein kleinerer Tisch mit insgesamt vier Plätzen. Der Maler steuerte darauf zu und setzte sich. Der Kellner brachte ihm die Speisekarte. Frédérics Wahl fiel auf einen Nierenbraten.
    Das Feuerzeug war ein Dunhill; sehr teuer. Leute, die so etwas achtlos auf dem Tisch liegen lassen, müssen nicht mit dem Pfennig rechnen. Der Besitzer (oder die Besitzerin?) erschien lange nicht am Tisch.
    »Sie wissen ja, daß meine Zeche auf Rechnung des Hauses geht«, sagte Frédéric zum Kellner, als dieser ihm das Dessert brachte.
    »Oui, monsieur Bruhère.«
    Er wurde also auch hier aufgrund seines Eintrags ins Gästebuch anders eingeordnet, als es ihm zukam, und er brachte dies nun in Ordnung, indem er seinen deutschen Namen nannte. Irgendwie hatte er plötzlich das Gefühl, daß das angebracht war.
    Der Kellner, dessen Französischkenntnisse nicht weit gereicht hätten, nahm erleichtert die Aufklärung zur Kenntnis.
    »Hat's Ihnen geschmeckt, Herr Brühe?« fragte er nach dem Mahl dienstbeflissen.
    »Sehr gut.« Der Maler zeigte auf Feuerzeug, Zigaretten und Autoschlüssel. »Das liegt schon die ganze Zeit hier. Hoffentlich wurde es nicht von jemandem, der schon wegging, vergessen.«
    »Nein, nein«, antwortete der Kellner. »Der Herr kommt wieder. Wir kennen ihn. Er wohnt hier und mußte noch einmal mit Übersee telefonieren.«
    »Er wohnt hier?«
    »Ja, seit heute vormittag wieder.«
    »Wieder?«
    »Er gibt uns häufig für jeweils einige Tage die Ehre.«
    »Und dann«, sagte Brühe ironisch, »muß er mit Übersee telefonieren.«
    Der Kellner zuckte die Achseln.
    »Stundenlang!« bekräftigte Brühe.
    Abermals enthielt sich der Kellner einer Äußerung.
    »Was kostet das?« fragte der Maler.
    »Sicher einiges Geld, Herr Brühe.«
    »Hat er's?«
    Diese Fragerei war unfein. Knapp antwortete der Kellner nur: »Ja.«
    Das Gespräch war beendet. Brühe ließ sich ein Glas Wein bringen. Wieder vergingen mindestens zehn Minuten, und dann erst tauchte der Dunhill-Mann am Tisch auf.
    »Guten Tag«, sagte er, setzte sich und griff zu Zigaretten und Feuerzeug.
    Er war schätzungsweise ein Vierziger, gepflegt, sehr gut angezogen. Dick war er nicht, aber auch nicht unbedingt schlank. Das Kinn zeigte einen kleinen Ansatz, sich zu verdoppeln. Sein Haar war noch erstaunlich dicht, konnte jedoch nicht jede Ermüdungserscheinung verbergen: Es hatte schon angefangen, zu ergrauen. Das Gesicht wirkte jugendlich, jugendlicher als seine Hände mit ersten Pigmentflecken, und erweckte dadurch den Verdacht, daß es von Zeit zu Zeit bereits Kosmetikerinnenhänden anvertraut wurde. Alles in allem: ein Vierziger, wie gesagt; einer mit Geld.
    »Wie fährt sich das neue Modell?« fragte ihn Brühe.
    »Was?«
    »Wie sich der neue Porsche da draußen fährt? Der gehört doch Ihnen?«
    Darüber mußte natürlich erst ein bißchen gelacht werden, von beiden, und nachdem die von Brühe verursachte Überraschung auf diese Weise verarbeitet worden war, sagte der Vierziger: »Ich weiß noch nicht so recht. Mir hängt etwas der Jaguar nach, den ich bis vorige Woche fuhr.«
    »Irgendwie stehe ich auf dem Käfer.«
    »Auf was?«
    »Auf dem Käfer von VW. Schade, daß es ihn nicht mehr gibt.«
    Dafür konnte der Vierziger nur eine Erklärung Finden.
    »Sie sind wohl ein Snob, wie?«
    »Nein, ein Kunstmaler.«
    Nun ging dem anderen ein Licht auf.
    »Noch unbekannt,
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