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Wieweitdugehst - Wieweitdugehst

Wieweitdugehst - Wieweitdugehst

Titel: Wieweitdugehst - Wieweitdugehst
Autoren: Friederike Schmöe
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you’ll stay in my heart and I’ll love you‹, trällerte Diana King. Stets und überall der Traum von der Liebe.
    »Wem auch immer. Ich liebe Cabrios.« Juliane lehnte sich zurück. Ich drehte die Lautstärke hoch. Der milde Septemberwind blies durch unser Haar.
    ›Forever and ever we never will part, oh, how I’ll love you.‹
    »Kindchen!« Julianes Fransen standen in alle Richtungen. Sie stülpte eine Baseballkappe über ihren Kopf. »Wenn du mich fragst, da sollte jemand ganz anderes umgebracht werden. Ein ganzes LKA-Team in ›The Demon‹ – das ist doch die ideale Chance für Durchgeknallte, die Rache nehmen wollen. Wofür auch immer!«

10
    Nero hatte nur eine Tasse Tee im Magen. Er stand auf dem Gang vor Sandra Berlins Büro. Kea war am Morgen abgedampft, um mit Juliane zum Autohaus zu fahren. Sie war nicht einmal auf die Idee gekommen, ihn zu fragen, ob er mitkommen wollte. Immer Juliane! Wenigstens schliefen die beiden nicht miteinander. Wobei man bei Kea nie wissen konnte und bei Juliane noch weniger. Nero spürte Eifersucht aufsteigen. Er musste zugeben, es war zu einem großen Teil Juliane zu verdanken, dass er und Kea ein Paar waren. Sie hatte, nachdem sie Neros seelische Not intuitiv erfasst hatte, bei Kea aufs Gas gedrückt. Dieser Mann will dich. Also halte dich ran. Juliane durfte das. Sie war überhaupt die Einzige, die bei Kea irgendetwas durfte.
    Sind wir ein Paar, Kea und ich?, dachte Nero. Kea konnte ganz schön hart gegen sich selbst sein, aber auf seine Bedürfnisse nahm sie genauso wenig Rücksicht wie auf ihre eigenen. Wütend kickte er mit dem Fuß an den Türsturz. Klopf vernünftig an, dachte er und hob die Hand. Da öffnete sich die Tür und Sandra Berlin stand vor ihm.
    »Herr Kollege, kommen Sie rein.«
    Nero murmelte eine Begrüßung und trat durch die Tür. Sandra trug seidige, weich fallende Sommerhosen, eine Bluse und eine Strickjacke. Sie mochte sich kleiden wie ein Frauchen aus einer Hausfrauenserie, sie sah darin so sexy aus, dass Nero seine Vorliebe für mollige Frauen vergaß.
    »Ich nehme an, Sie interessieren sich für den Report unseres Rechtsmediziners.« Sie strich sich die Locken aus der Stirn und wies auf ihren Schreibtisch. »Ein ziemliches Chaos. Wir haben gleich Sitzung.« Sie angelte ein paar Papiere aus dem Haufen auf ihrem Tisch. »Der Arzt sagt, der Junge wäre sofort tot gewesen. Kammerflimmern und Herzstillstand. Bei einer Stromstärke von weit mehr als 50 Milliampere kein Wunder. Die Hand des Sensenmannes legte sich direkt auf die Brust des Jungen. Sie haben ihn beatmet: Haben Sie die Strommarke nicht gesehen?«
    »Nein.«
    »Auf zarter und feuchter Haut sieht man sie nicht so gut«, nickte Sandra. »Der Junge hat geschwitzt, es war warm in der Bahn …«
    »Ja, ich erinnere mich. Als wir einfuhren, schien mir die Luft extrem stickig.« Mit Schrecken dachte er an die enge Gondel, in der er kaum seine langen Beine untergebracht hatte, ohne an Sigruns Füße zu stoßen.
    »Man hat dann keine Zeit, auf irgendetwas zu achten, nicht wahr?«, sagte Sandra Berlin. »Schon traurig. Der Vater des Jungen ist erst vor wenigen Monaten gestorben. An Krebs. Möchten Sie Kaffee?« Sie wies zur Kaffeemaschine auf dem Fensterbrett.
    Instinktiv legte Nero seine Hand auf den Magen. »Nein, danke.«
    »Sodbrennen?«
    Er winkte ab. »Die arme Frau.«
    »Sie war mit dem Vater des Kindes nicht verheiratet. Was auf einen komplexen Hintergrund schließen lässt.«
    »Muss nicht«, erwiderte Nero. Warum zum Teufel konnten sich die wenigsten Menschen zu einer Entscheidung durchringen, wie und mit wem sie leben wollten? Konnte das wirklich so schwierig sein?
    Sandra lachte. »Ich bin alleinerziehend. Und das ist immer kompliziert, machen wir uns nichts vor.«
    »Der Junge sah käseweiß aus!« Nero sicherte sich Boden auf einem unverfänglichen Terrain.
    »Wegen der fehlenden Pumpleistung des Herzens sehen die Opfer nicht blau, sondern blass aus, obwohl die Atemmuskulatur krampft.« Die Hauptkommissarin fuhr mit dem Finger über den Befundbericht.
    »Was sagt die Kriminaltechnik?«, fragte Nero. Er gehörte nicht zu Sandras Team. Dennoch weihte sie ihn ein. Wahrscheinlich, weil sie genügend Empathie besaß, um zu erkennen, wie nahe ihm der Tod des Jungen ging. Sich mit dem Fall zu beschäftigen, gab ihm die Chance, seinen Schrecken loszuwerden, langsam abtropfen zu lassen wie Spülwasser. Um in einigen Tagen nur noch durch die Zeitungsberichte an seine Erlebnisse erinnert zu
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