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Wieweitdugehst - Wieweitdugehst

Wieweitdugehst - Wieweitdugehst

Titel: Wieweitdugehst - Wieweitdugehst
Autoren: Friederike Schmöe
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abonniere ja keine Zeitung, sondern lese immer quer im Blattsalat. So kriegst du den richtigen Eindruck von der Welt.«
    »Ein 14-Jähriger! Die arme Mutter!« Ich dachte kurz an Neta und Liliana und ihre warmherzige Zuneigung, die sie so offen zeigten. Der Gedanke machte mich seltsamerweise aggressiv.
    »Mäuselchen«, begann Juliane. Wenn sie mir so kam, war sie mit ihrer Geduld am Ende. »Millionenmal in diesem Augenblick geschehen schockierende Dinge auf unserem Planeten. Wenn du dich in jedes einzelne Desaster hineinsteigern willst, nur zu! Aber erwarte nicht von mir, dass ich die Seelsorge übernehme. Was ist jetzt mit dem Wagen?« Sie tätschelte den tomatenroten Spider. »Nun mach schon, wage eine Entscheidung!«
    Ich hatte eine Schwäche für italienische Autos. Insofern passte ich gut zu Nero. Oder auch wieder nicht. Er liebte Italien, versuchte sich seit Jahren mit dem Erlernen der italienischen Sprache. Doch wenn es um Autos ging, war er ganz versessen auf Sicherheit aus Schwedenstahl.
    Alfas besaßen ein sportliches Herz. Genau das, worauf es mir ankam. Diese Vehikel widersetzten sich dem Begriff ›praktisch‹. Eine Familienkutsche brauchte ich wahrhaftig nicht.
    »Und?« Sven Kraus, der Verkäufer, tauchte hinter uns auf. »Wie war die Probefahrt?«
    Mit Juliane hätte mir sogar die Probefahrt in einer Ente Spaß gemacht. Ich war dankbar, dass Nero von seiner Arbeit zu absorbiert war, um mit mir über die Landstraßen zu brettern. Mit Juliane auf dem Beifahrersitz durfte ich so richtig aufs Gas drücken und Geschwindigkeitsbeschränkungen getrost übersehen. Deshalb würde ich jetzt Nägel mit Köpfen machen. Ich war immer noch allein entscheidungsfähig. Ohne Mann.
    »Es soll auf alle Fälle wieder ein Spider sein. Ein neuer.« Mir fiel ein, dass ich gerade eine kreative Auszeit nahm und meine Einnahmen stagnierten.
    »Sie haben einen Oldtimer gefahren, stimmt’s?« Kraus lachte. »Nehmen Sie den neuen und Sie haben sommers wie winters keine Probleme.«
    »Ich hatte niemals irgendwelche Probleme«, hielt ich dagegen und spürte, wie Tränen meine Augen kitzelten. Bei einer Explosion in die Luft geflogen. Mein kuscheliger alter Schlitten!
    »Wenn Sie ihn leasen, sind Sie mit 295 Euro pro Monat dabei. Als gute Kundin!«
    Ich grinste. »Was meinst du, Juliane?«
    »Rechne ihn als Geschäftswagen ab«, schlug sie vor. Ein sonderbarer Kommentar, wenn man bedachte, dass Juliane noch im Jahr 2009 den Werten des Sozialismus verpflichtet war.
    »Ein Cabrio für den Winter?«, überlegte ich laut.
    »Verdammt, Kea! Heißt du Nero Keller oder was? Seit wann denkst du denn praktisch!«
    Ich lachte. »Ich nehme ihn. Genau diesen. Keine langwierigen Bestellungen. Sind wir uns handelseinig?« Das mit den stagnierenden Einkünften würde ich schon regeln. Das nächste Projekt würde kommen, ich musste nur meine Mails checken, bestimmt häuften sich die Anfragen.
    Sven Kraus wuchs um einige Zentimeter. »Natürlich!«
    »Ich kriege Winterreifen dazu. GPS und einen CD-Wechsler.«
    »Wir können über alles reden, Frau Laverde.«
    »Winterreifen, GPS, CD-Wechsler. Ohne Extrakosten.«
    Sven Kraus hob die Hände. »Wenn Sie diesen hier mitnehmen wollen … Ein Vorführwagen, hat allerdings schon ein paar Kilometer drauf. Navi ist drin, CD-Wechsler auch.«
    »Mit Winterreifen ist er meiner.«
    »Ich kapituliere. Gehen wir in mein Büro.«
    Ich folgte ihm durch den Verkaufsraum. Lange Girlanden flochten sich durch den Raum, daran baumelten Lederhosen, Gamsbarthüte, Dirndl, Brezeln, quietschbunt auf Pappe gedruckt. Kraus streckte den Zeigefinger in die Luft: »Im Sinne unseres Chefs. Die Leute haben Spaß auf der Wiesn. Egal, was da alles passiert.«
    »Ach, Herr Kraus?«
    Er drehte sich zu mir um.
    »Der erste Kundendienst ist im Preis inbegriffen.«
    Kraus verdrehte die Augen.
     
    Eine Stunde später stieg ich in mein neues Auto. Was für ein Gefühl. Tomatenrot und meines. Wir schnallten uns an. Ich drehte den Zündschlüssel und begegnete Julianes Blick.
    Sie grinste. »Go! Seltsam, manchmal kann man sich nur auf Amerikanisch ausdrücken.« Sie schob eine CD von Diana King in den Player. Ich stieß zurück und fuhr vom Hof des Autohauses.
    »Wohin?«, fragte ich.
    »Innenstadt!« Juliane tippte wie wild auf den Tasten des CD-Spielers herum. »Dreh ein paar Ehrenrunden auf der Ludwigstraße. Nur um denen mal zu zeigen, wer wir sind.«
    »Wem? Den Schickis?«, schrie ich gegen den Fahrtwind.
    ›Forever, and ever,
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