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Wieweitdugehst - Wieweitdugehst

Wieweitdugehst - Wieweitdugehst

Titel: Wieweitdugehst - Wieweitdugehst
Autoren: Friederike Schmöe
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auftauchen. Eine Tankstelle, ein Parkplatz. Irgendjemand würde einem dreckverschmierten Geist schon helfen. Ich könnte mich hinstellen und sagen: Huu, ich bin ein Gespenst. Jetzt hieß es laufen.

48
    Streifenpolizistin Anneli Wegener hielt dem Fahrer ein Foto von Astrid Nedopil hin.
    »Haben Sie diese Frau vom Klinikum in die Stadt gefahren?«
    »Nein. Die war alt, dick. So aufgedunsen. Das ganze Gesicht rund wie der Mond und schwabbelig.«
    Anneli Wegener war beinahe 1,90 Meter groß und überragte den Taxifahrer Anton Kohlhammer um Längen. Sie war stolz, dass sie dem LKA aushelfen konnte. Ewig wollte sie nämlich nicht Streife fahren.
    »Hätte das eine Maske sein können?«
    »Maske? Na, ich weiß nicht.«
    »Wo haben Sie sie denn hingefahren?«
    »Hier ums Eck. Brunnhausgasse. Zu ihrer Tochter. Da wollte sie bleiben, bis sie sich von dem Klinikaufenthalt erholt hat.« Kohlhammer stieg in sein Taxi und sah zum Kirchturm hoch. »Die Leute erzählen einem ja alles Mögliche. War’s das?«
    Anneli Wegener nickte und ging schnurstracks auf das Apartmenthaus zu, das Kohlhammer ihr gezeigt hatte. Zwei Minuten später stand die kleine, dicke Frau vor ihr. Sie ging ihr gerade bis zum Bauchnabel.

49
    Ich war schon eine gute halbe Stunde über den Standstreifen gehinkt, als hinter mir ein Auto langsamer wurde. Mein rechter Knöchel tat weh, der Durst wurde unerträglich. Ich sah das gelbe An und Aus einer Warnblinkanlage. Drehte mich um, sprungbereit. Zur Not würde mich der freie Flug wieder über die Leitplanke in die Tiefe führen.
    »Brauchen Sie Hilfe?«, rief eine Frau.
    »Ja!« Ich blieb stehen, von den Scheinwerfern geblendet.
    »Dann steigen Sie mal ein.« Sie stieß die Beifahrertür auf. »Normalerweise nehme ich keine Anhalter mit. Aber bei Ihnen muss man wohl eine Ausnahme machen. Stören die Sachen?« Sie warf eine Tasche auf den Rücksitz.
    Ich wäre auch im Kofferraum mitgefahren. Erschöpft kroch ich in den Wagen.
    Die Frau fuhr los. Ich bemerkte die Knarre zu spät, die auf dem Armaturenbrett lag. Als ich mich langsam umdrehte, sah ich auf dem Rücksitz eine ganze Kiste mit Handschellen, zwei Jagdmessern und etwas, das als Pumpgun durchgehen konnte.

50
    Die Schaffnerin, die Astrid Nedopil im ICE nach Saarbrücken erkannte, war im dritten Monat schwanger. Sie hatte eine Menge gute Ermahnungen von ihrem Freund bekommen, von ihrer Mutter und Schwiegermutter in spe, und sie nahm den Beisatz auf dem Fahndungsaufruf ›Täterin ist bewaffnet‹ ernst. Mit einem Lächeln gab sie Astrid Nedopil das Ticket zurück und kontrollierte die Fahrgäste im gesamten Wagen, bis sie sich an ihre Kollegin wandte.
    Der Anruf bei der Polizei war schnell erledigt. An den Bahnhöfen in Kaiserslautern und Saarbrücken würden Zivilfahnder warten, damit die Nedopil nicht gewarnt war. Die Nacht war tintenschwarz, hin und wieder sausten die Lichter eines Bahnhofs vorbei. Die Schaffnerin nutzte eine längere Strecke, auf der nichts zu tun war, um sich einen grünen Tee im Speisewagen zu holen und wieder einmal über die schwierige Namenswahl für ihr Kind nachzudenken.

51
    Ich bekam Schluckstörungen.
    »Was ist eigentlich mit Ihnen passiert?«, fragte die Frau. Sie trug eine Baseballkappe auf dem kurzen Haar, einen Rollkragenpullover und sah müde aus. »Aussetzung?«
    »So ähnlich«, krächzte ich.
    »Möchten Sie was trinken?« Sie wies auf das Handschuhfach. »Da drin sind zwei Dosen Cola.«
    Meine Rettung. Ich riss das Fach auf. Kleine Kapseln rollten mir entgegen, auf denen ›Gift‹ stand.
    »Ach, das!« Sie lachte. »Machen Sie sich nichts draus. Ich bin Krimiautorin. Gerade auf Lesereise. Das sind Dekorationsstücke, die ich für die Atmosphäre mitnehme. Damit es ein bisschen gruselig aussieht, wenn man in den Buchhandlungen zwischen den Regalen hockt.«
    Ich lehnte mich zurück, öffnete eine Cola und trank sie in einem Zug aus. Meine Mitfahrgelegenheit drückte auf eine Taste am CD-Spieler. Wind of Change.
    »Haben Sie ein Handy?«, fragte ich.
    »Telefonieren Sie ruhig. Flatrate für ganz Deutschland.« Sie griff ins Seitenfach und angelte ein Telefon hervor. Es war bleischwer, musste ein Handy der ersten Stunde sein. Alles egal. Ich tippte Neros Nummer.

Epilog
    Eine warme Oktobersonne vergoldete Lilianas Wohnzimmer. Laut Wetterbericht würde uns in wenigen Tagen ein Wetterumschwung heimsuchen. Jetzt stand die Terrassentür weit offen. Neta brachte Kaffee und einen Teller mit Kuchen. Am letzten Wiesntag war sie
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