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Wie wollen wir leben

Wie wollen wir leben

Titel: Wie wollen wir leben
Autoren: Sandra Maischenberger
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zurücklassen?
    Â 
    Tatsächlich reduzierten wir uns annähernd auf die Hälfte unserer vorherigen Wohnfläche. Wir mussten Möbel aufgeben, das war aber kein wirkliches Problem. Probleme machte mir nur die Reduzierung meines Buchbestands auf etwa ein Drittel. Das war schwierig, denn ich habe zu Büchern ein persönliches Verhältnis. Die ich nicht mitnehmen konnte, stellte ich der Stadtbibliothek zur Verfügung. Ich bringe es nicht fertig, Bücher wegzuwerfen.
    Â 
    Hat die Stadtbibliothek jetzt eine Vogel-Abteilung?
    Â 
    Nein, das nicht. Die verwenden diese Bücher ganz normal.
    Â 
    Es ist ohnehin eine Lehre, die man im Leben lernen muss, sich von etwas zu trennen, sei es die Gesundheit, die Jugend, die Lieben?
    Â 
    Manchmal wächst einem auch etwas zu. Aber die Fälle, bei denen man sich von etwas oder von jemandem trennen muss, wiegen schwerer.
    Â 
    Was hilft Ihnen, Abschiede zu überwinden?
    Â 
    Das Wissen, dass das zur menschlichen Natur gehört. Wenn wir Roboter wären, wäre das vielleicht anders.
    Â 
    Das Wissen ist das eine, etwas anderes, sich mit dem Gedanken anzufreunden.

    Â 
    Man muss sich nicht unbedingt mit diesem Gedanken anfreunden. Aber es ist wichtig, die Endlichkeit als Realität anzusehen. Man sollte sich dadurch auch nicht in eine Abwehrhaltung drängen lassen und sagen: »Darüber rede ich nicht!« Und natürlich hilft mir hierbei wieder der christliche Glaube. Ob man mit dem Tod wirklich ein für alle Mal ein Ende findet oder ob es eine Fortexistenz der Seele, vielleicht sogar eine körperliche Fortexistenz gibt, das ist etwas, worüber man dann nachdenken kann. Man muss sich aber mit dem Tod in einer sinnvollen Weise auseinandersetzen.
    Â 
    Was wäre eine sinnvolle Weise?
    Â 
    Eine, bei der man die Augen nicht vor der Realität verschließt. Dazu gehört auch, Vorsorge zu treffen. Ein Testament zu machen. Eine Patientenverfügung zu treffen. Gerade diese letzten Entscheidungen sollte man nicht von sich wegschieben, sondern selbst treffen, eben selbstbestimmt leben – und das gerade auch im Alter. Aber jetzt mache ich ungewollt Werbung für ein Buch meiner Frau, das diesen Titel trägt.
    Â 
    Eine Nichtgläubige, wie ich es bin, findet es schwierig, eine naturwissenschaftliche Annahme unseres Daseins mit der religiösen Vorstellung, der Tod sei nicht das definitive Ende, zusammenzubringen. Ist ein Leben nach dem Tod für Sie eine realistische Vorstellung?
    Â 
    Ja. In dieser Beziehung stelle ich aber keine gesicherten Behauptungen auf. Aber ich nehme darauf Bezug, dass diese Vorstellung ein Kernelement meiner Religion ist, dass sie über Jahrtausende Geltung beansprucht hat. Wobei auch in anderen Religionen das Weiterleben nach dem Tode in der einen oder anderen Form ein Bestandteil ist. Und darum sage ich: Ein Weiterleben nach dem Tode ist nicht Bestandteil dessen, was ich beweisen kann, sondern dessen, was ich glaube. Und da setzt eben die Religion meinem Verstand Grenzen. Ich weiß eben, dass ich das mit Verstandesargumenten nicht beweisen kann. Nur die Religion kann Antwort geben.
    Â 
    Nicht der Verstand setzt der Religion Grenzen, sondern umgekehrt?

    Â 
    Ja. Aufgabe des Verstandes ist es, die Religion von menschlichem Beiwerk zu reinigen. Und damit hat er eine Menge zu tun.
    Â 
    Haben Sie eine konkrete Vorstellung vom Weiterleben nach dem Tod?
    Â 
    Nein. Diese Vorstellungen sind vielfältig und unbestimmt.
    Â 
    Ist es einfach nur Hoffnung?
    Â 
    Es geht um Glauben.
    Â 
    Wie gut ist ein Heim wie das Augustinum im Umgang mit dem Tod?
    Â 
    Sehr gut. In den Wohnungen von Verstorbenen wird noch am selben Tag oder am nächsten Morgen eine Andacht abgehalten, zu der die Familienangehörigen, die Nachbarn und die nächsten Bekannten kommen. Dann ist der weitere Umgang insofern rücksichtsvoll, als die Särge zu nächtlicher Stunde aus dem Hause gebracht werden. Einmal im Jahr ist ein Gottesdienst, bei dem aller Verstorbenen gedacht wird. Man stellt für sie Kerzen auf und verliest die Namen. Das ist ein von christlichen Vorstellungen geprägter Umgang mit den Toten. Außerdem liegt im »Raum der Stille« ein Buch aus, in das jeweils die aktuellen Todesfälle eingetragen werden. Manche von ihnen kennt man. Es sterben ja auch Menschen, mit denen man lange am selben Tisch zu Mittag gegessen hat.
    Â 
    Die Wahrscheinlichkeit, dass jemand stirbt,
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