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Wie wollen wir leben

Wie wollen wir leben

Titel: Wie wollen wir leben
Autoren: Sandra Maischenberger
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Finanzierungsproblem, wenn Rentner, die früher durchschnittlich neun Jahre in der Rente lebten, nun rund achtzehn Jahre Rente beziehen, und die jungen Generationen zahlenmäßig schwächer werden.« Aber was kann sich bis dahin nicht noch alles ändern? Ist das einigermaßen kalkulierbar?

    Â 
    Und ich hätte gedacht, das wäre vorausschauende Politik und es wäre richtig, darüber zu reden.
    Â 
    Ja, das ist auch richtig. Man soll darüber reden. Aber jetzt schon zu sagen: 2060 muss das Renteneintrittsalter exakt bei neunundsechzig Jahren liegen – das geht mir zu weit.
    Â 
    Aber die Rente mit siebenundsechzig haben Sie doch mit großer Vehemenz vertreten, auch gegenüber der eigenen Partei, die eine Weile anderer Meinung war ...
    Â 
    Ich halte das für richtig, weil es dem Alterungsprozess entspricht. Allerdings immer mit der Maßgabe, dass die Betroffenen in ihrem Beruf körperlich so lange arbeiten können und dass die Älteren insgesamt auch wirklich Arbeit finden. Da muss noch einiges geschehen.
    Â 
    Wann haben Sie das erste Mal gedacht: Ich werde alt?
    Â 
    Da denke ich jetzt mal einen Moment nach. Wahrscheinlich bei einer Bergwanderung, als mir plötzlich Dinge Schwierigkeiten machten, die früher selbstverständlich waren. Vielleicht sogar in Südtirol, bei einer Tour auf den Schlern hinauf. Das kann das erste Mal gewesen sein.
    Â 
    Wie alt waren Sie da?
    Â 
    Ende sechzig, Anfang siebzig. Na ja, und dann macht man natürlich neue medizinische Erfahrungen, die einem deutlich zu verstehen geben, dass man älter wird. Die will ich hier aber nicht aufzählen ...
    Â 
    Aber Anfang siebzig bei einer Bergtour die erste Feststellung zu machen, dass man älter geworden ist, ist doch ein großes Glück, oder?
    Â 
    Ja – ich gehöre nicht zu den Menschen, die gern jammern oder sich gar beschweren.
    Â 
    Als sie 1994 aus dem Bundestag ausschieden, waren Sie achtundsechzig. Wenn Sie sich in diese Zeit zurückversetzen, sagen Sie, das war höchste Zeit gewesen?

    Â 
    Nein. Meine Absicht war, selbst über meinen beruflichen Schlusspunkt zu entscheiden. Ich wollte gehen, solange meine Kollegen und die Menschen, die mich kennen, das noch bedauern. Nie wollte ich in eine Situation kommen, in der man das Stöhnen der anderen – »Jetzt ist der Kerl immer noch da« – nicht mehr überhören kann. Und das ist mir in all meinen Funktionen gelungen – auch mit dem Ausscheiden aus der Politik, aus dem Bundestag. Achtundsechzig, das ist doch eine ganz diskutable Jahreszahl!
    Â 
    Zumal Sie gerade in den letzten vier Jahren davor sowohl den Fraktions- als auch den Parteivorsitz innehatten. Diese Ämter kann man nicht gerade als Schongang bezeichnen, sie bedeuten ein Maximum an Arbeitsbelastung. Hatten Sie damals das Gefühl, Körperkraft und Lebensalter waren in etwa in einer Linie?
    Â 
    Schongänge waren in meinem Leben überhaupt verhältnismäßig selten. Wenn man die Aufgaben betrachtet, die ich nacheinander wahrgenommen habe, dann waren da eigentlich nie ruhige Momente dazwischen. Und das gilt ebenso für die letzten Jahre. 1991 habe ich zuerst den Parteivorsitz an Björn Engholm weitergegeben und anschließend, ein halbes Jahr später, den Fraktionsvorsitz an Hans-Ulrich Klose. Körperlich wäre ich schon noch in der Lage gewesen, weiterzumachen. Aber ich wollte eben den Schlusspunkt selbst setzen und eine vernünftige Nachfolge ermöglichen.
    Â 
    Unterschätzt man die Arbeitskraft der über Sechzigjährigen?
    Â 
    Ich glaube, dass sich in dieser Beziehung inzwischen einiges geändert hat. Wenn ich an die sechziger, siebziger Jahre denke, da meinte man vielleicht noch, dass die Arbeitskraft ab sechzig abnehmen würde. Aber ist das heute noch so? Ich habe den Eindruck, dass viele Sechzig- bis Siebzigjährige noch zum aktiven Lebensabschnitt, jedenfalls zu den jüngeren Alten gehören.
    Auch deshalb wünschte ich mir, dass die über Sechzigjährigen, die momentan schon rund 25 Prozent der Wahlberechtigten und einen noch höheren Prozentsatz derer, die tatsächlich zur Wahl gehen, ausmachen, stärker im Parlament vertreten wären. Und
zwar nicht in der Form, dass einer, der schon Abgeordneter ist, dort einfach noch weiter bleibt. Sondern dass Leute, die ihr Berufsleben abgeschlossen haben, für zwei oder auch drei Legislaturperioden kandidieren
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