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Wie wollen wir leben

Wie wollen wir leben

Titel: Wie wollen wir leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Sandra Maischenberger
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Gewissensentscheidung einen gangbaren Weg.
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    Den Sie offensichtlich für sich gehen konnten. War es für Sie eine Überlegung, sich aus Gründen der Exkommunikation vielleicht nicht scheiden zu lassen?
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    Nein, das war keine ernsthafte Überlegung.
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    Meine Güte, »… bis dass der Tod euch scheidet« – dieses Eheversprechen ist doch faktisch überholt, das belegt jede Scheidungsstatistik der letzten Jahre. Mag es sein, dass man dieses Ideal zu einer Zeit erdacht hat, in der das Leben des Menschen einfach zu kurz war, um sich vorzustellen, dass die Ehe kürzer sein könnte als das Leben – aber heute?
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    Das mag durchaus eine Rolle spielen. Ich gebe aber zu: Die Idealvorstellung von einer Ehe, die ein Leben lang hält, diese Idealvorstellung sollte man nicht einfach beiseite legen. Und es gibt doch gute Beispiele dafür, etwa Helmut und Loki Schmidt. Sie waren achtundsechzig Jahre verheiratet. Ich bin dafür, dass den Menschen
solche Beispiele bewusst werden. Sie geben Anlass zum Nachdenken. Auch über das, was die Kirche zur Ehe sagt, sollte nachgedacht werden. Doch scheitert eine Ehe, gelingt sie nicht, dann erhebt sich eben die Frage, ob die kirchliche Reaktion darauf wirklich gottgewollt ist und den Menschen gerecht wird.
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    Mögen Sie die Idee eines Ehevertrags? Die Vorstellung, dass Menschen sich nur dann verheiraten, wenn sie vorher vertraglich festgelegt haben, unter welchen Bedingungen sie sich wieder trennen? Als Jurist könnte Ihnen das doch gefallen?
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    Von solchen Verträgen höre ich jetzt zum ersten Mal. Mir wäre das auch fremd. Denn schon meine erste Ehe war auf Dauer angelegt. Und die zweite, die nun schon achtunddreißig Jahre währt, nicht minder.
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    Aber zeigt es nicht, dass viele Menschen der Institution Ehe nicht mehr in einem Maße vertrauen, wie sie es früher getan haben?
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    Das mag so sein. Aber rechnen Sie es meinem Alter zugute, dass mir der Gedanke, vor der Heirat auf dem Standesamt und vor der kirchlichen Trauung Trennungsbedingungen festzulegen, befremdlich vorkommt.
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    Macht es Sie traurig, wenn Sie hören, dass besonders in Großstädten jede zweite Ehe geschieden wird? Oder muss man das einfach akzeptieren ?
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    Man sollte darüber nachdenken. Freuen kann ich mich darüber nicht. Sicher gibt es dafür eine Reihe von Sachargumenten. Eines haben Sie eben genannt, es gibt aber noch andere. Ich habe aber den Zustand der Gleichgültigkeit gegen diese Entwicklung noch nicht erreicht – und will das auch nicht.
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    Familie ist da, wo Kinder sind. Würden Sie diesen Satz so unterschreiben? Oder macht dann das Eheprivileg im Grundgesetz keinen Sinn mehr?
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    Selbst wenn es keine Kinder gibt, aus welchen Gründen auch immer, ist deswegen nicht der besondere Charakter einer Ehe in Zweifel zu ziehen. Kinder sind aber wünschenswert, und wer sein
Leben in sinnvoller Weise reicher machen will, der wird Kinder bejahen. Die Bestimmung im Artikel 6 des Grundgesetzes, auf die Sie Bezug nehmen – »Ehe und Familie stehen unter dem besonderen Schutze der staatlichen Ordnung« –, hat nach wie vor Bedeutung. Das Bundesverfassungsgericht hat entschieden, dass zwar andere Gemeinschaften in einer ganzen Reihe von Punkten in ähnlicher Weise rechtlich geregelt werden können wie die Ehe, diese aber jedenfalls als ein fester Bestandteil unserer Rechtsordnung geschützt bleibt.
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    Man darf also niemanden dafür bestrafen, dass er einen gleichgeschlechtlichen Menschen liebt?
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    Er wird nicht nur nicht mehr bestraft, sondern er hat seit längerer Zeit die Möglichkeit, eine Lebensgemeinschaft zu vereinbaren. Für diese sind rechtliche Regeln normiert worden, die in mancher Hinsicht Regeln entsprechen, die für die Ehe gelten.
    Â 
    Stück für Stück ist das erkämpft worden.
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    Was ist denn nicht erkämpft worden?
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    Aber warum stellt man gleichgeschlechtliche Beziehungen nicht vollkommen gleich?
    Â 
    Zum einen hat das historische Gründe. Zum anderen sehe ich in Verbindungen, in denen die gemeinsam gezeugten Kinder eine zentrale Rolle spielen, einen Unterschied gegenüber Gemeinschaften, bei denen dieser Gesichtspunkt entfällt.
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    Es gibt viele schwule und lesbische Paare, die Kinder adoptieren, was aber nur in einer rechtlichen Grauzone möglich ist. Wenn in diesen Partnerschaften in gleicher Weise elterliche

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