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Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Wie weit du auch gehst ... (German Edition)

Titel: Wie weit du auch gehst ... (German Edition)
Autoren: Alexandra Stefanie Höll
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erreichten sie die Tür. Ohne anzuhalten, kämpften sie sich die Treppe hinunter. Michaels Gebrüll war noch zu hören, bis sie durch die Eingangshalle stolperten, dann brach es abrupt ab.
    Silas drückte Constanze fester an sich, zog sie aber unverändert weiter. Erst als sie sich im Freien befanden, blieb er stehen. Besorgt sah er auf sie hinab. »Wie geht es dir?«
    Ihre Augen tränten vom Rauch. Obwohl sie mehrmals blinzeln musste, erwiderte sie seinen Blick. »Besser.«
    Aneinandergedrückt humpelten sie auf den CLK zu, der gottlob noch immer unbehelligt im Hof parkte. Silas riss die Wagentür auf, doch Constanze packte ihn am Arm.
    »Warte! In deinem Zustand kannst du nicht fahren.«
    Silas gab ihr ausnahmslos recht. Unerträglicher Schmerz pochte in seinen Rippen und seine Lungen fühlten sich an, als hätte er pures Feuer geatmet. Ohne Diskussion ließ er ihr den Vortritt und setzte sich auf den Beifahrersitz. Constanze kroch hinters Lenkrad und drehte den Zündschlüssel, den sie in weiser Voraussicht hatte stecken lassen. Der zuverlässige Motor sprang sofort an. Schon im selben Moment stieg Constanze aufs Gaspedal. Silas erkannte ziemlich schnell, dass sie fast auf gleichem Niveau fuhr wie er. Schock und Entsetzen peitschten ihren Adrenalinspiegel in die Höhe und ließen sie Unglaubliches leisten. Sie rauschte in einer Geschwindigkeit die Auffahrt hinunter, die sie sich unter normalen Umständen garantiert nie zugetraut hätte.
    Vor dem geschlossenen Tor bremste sie scharf ab. Die Wachposten hatten längst ihren Platz aufgegeben. Wahrscheinlich gehörten sie zu den Männern, die sie in dem Kaminzimmer zurückgelassen hatten.
    Constanze riss die Tür auf und stürmte das Pförtnerhäuschen. Sie war zurück, während das Tor noch auffuhr, und drückte das Gas durch. Der rote Sportwagen schnellte wie ein flüchtendes Tier auf die Straße. Mit quietschenden Reifen folgte sie der Kurve um die Außenmauer und brauste in den Wald hinein.
    Sie behielten die halsbrecherische Geschwindigkeit bei, bis sie die Anhöhe hinter sich gebracht hatten und eine gerade Strecke vor ihnen lag. Unmerklich erst, dann immer spürbarer, begann Constanze zu zittern. Zuerst bebten nur ihre krampfhaft um das Lenkrad gelegten Finger, dann klapperten ihr die Zähne.
    Silas legte behutsam eine Hand auf ihren Oberschenkel. »Halt an«, sagte er ruhig. »Wir sind weit genug.«
    Constanze setzte fahrig den Blinker, trat auf die Bremse und bog schlingernd in einen unbefestigten Waldweg. Nach einigen Metern kam der Wagen zum Stehen. Schwer atmend saß sie da. Unbewegt, dann drehte sie den Kopf zu Silas. Einen Herzschlag lang sahen sie sich an, dann riss er sie in die Arme.
    »Mein Gott, Constanze.« Er küsste sie wie verrückt. »Was um Himmels willen machst du hier?« Er presste sie fest an sich, küsste sie immer wieder.
    Sie grub die zitternden Finger in seine Haare. »Ich bin so froh, dass du am Leben bist. Als Nevio und Eliah allein zurückgekommen sind, bin ich vor Angst um dich fast durchgedreht. Nevio hat mir gesagt, was passiert ist. Ich wollte dich retten.«
    »Und deshalb bringst du dich in Gefahr?« Er schüttelte ungläubig den Kopf, nicht in der Lage, das Grauen zu unterdrücken, das durch sein Herz wirbelte. »Du hättest bei dem Versuch, mich zu retten, sterben können.«
    Constanze schluchzte erstickt. »Das war mir egal.«
    »Das sollte es aber nicht. Du musst auch an Eliah denken. Du bist alles, was er hat.«
    Sie blinzelte die Tränen zurück. »So wie du. Er braucht dich genauso wie ich. Du bist ein Teil unserer Familie. Ohne dich können wir nicht leben.«
    Silas drückte gerührt seine Stirn gegen ihre. »Das müsst ihr auch nicht.« Er schluckte. »Der Albtraum ist vorbei. Endgültig. Wir brechen sofort nach Chile auf.«
    Ein Wagen fuhr vorbei. Silas hob den Kopf, senkte ihn aber wieder, als er sah, dass es sich nur um einen Obstlaster handelte. Er umfasste Constanzes Hände, die trotz der ausgestandenen Hitze eiskalt waren. »Bist du allein hier?«
    Sie nickte. »Nevio und Jara sind mit Eliah nach Paris aufgebrochen, so, wie es geplant war.
    »Gut.« Er rieb über die Rußflecken auf ihrer zarten Haut. »Dann treffen wir sie unterwegs. Alles andere wäre zu umständlich. Wir fliegen zunächst über Bern.« Silas berichtete ihr von dem weiteren Vorgehen, bis er spürte, dass sie wieder ruhiger wurde, dann ließ er sie den Wagen starten.
     
    *
     
    Im Schutz der Dämmerung fuhren sie in die übernächste Kleinstadt.
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