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Wie Sand in meinen Händen

Wie Sand in meinen Händen

Titel: Wie Sand in meinen Händen
Autoren: Luanne Rice
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schiefging? Wenn sie Regis unter Anklage stellten und ins Gefängnis steckten? Und ihren Vater gleich dazu, weil er wichtige Informationen zurückgehalten und damit die Aufklärung einer Straftat vereitelt hatte?
    In diesem Augenblick ging die Tür auf, und Regis trat auf den Gang. Agnes und Cece liefen zu ihr, und sie stürzte sich in ihre Arme. Sie schluchzte so laut, dass die beiden kein Wort verstanden. Agnes blickte über Regis’ Kopf hinweg auf ihre Eltern, die auf der Türschwelle standen und Sixtus Kelly die Hand schüttelten. Er nickte und ging davon. Doch Honors Lächeln sagte genug.
    Es sagte alles, was Agnes wissen musste. Das Gesicht ihrer Mutter strahlte, ihr Blick war offen und sie lächelte selig, ein Anblick, der Agnes willkommener war als jede Vision. Agnes’ Augen füllten sich mit Tränen, und endlich verstand sie, was Regis sagte.
    »Es ist vorbei«, schluchzte sie. »Ein für alle Mal.«
     
    Bei ihrer Ankunft am Flughafen erfuhren sie, dass ihr Flug Verspätung hatte. Die Maschine konnte infolge des schlechten Wetters, das von der Ostküste heraufzog, nicht landen. Während die Mädchen durch die Duty-free-Läden schlenderten, blieben Honor und John in der Nähe des Flugsteigs.
    Sie nahmen mit dem Rücken zur Wand in der letzten Sitzreihe des Wartebereichs Platz, hielten sich an den Händen und beobachteten das bunte Treiben. Menschen, die durch die Abflughalle hasteten, um ihre Maschine noch zu erwischen, Mütter mit kleinen Kindern, Pärchen, die einträchtig beisammensaßen. Durch das Glasfenster sahen sie die Passagiere, die gerade angekommen waren, auf dem Weg zum Zoll. Beim Anblick einer Familie mit drei kleineren Kindern schauderte Honor.
    »So wie wir vor sechs Jahren …«, sagte sie.
    »Sie scheinen sich unbändig zu freuen, hier zu sein«, meinte John, der ihrem Blick gefolgt war.
    »Es gibt ja auch vieles, worüber man sich freuen kann. Gemeinsam verreisen. Und sich alles anschauen, was man noch nicht kennt, ein richtiges Abenteuer.«
    »Vielleicht sind es ja auch Amerikaner, die auf der Suche nach ihren Wurzeln sind. Nach ihrer eigenen Identität.«
    »Waren wir deswegen hier?«, fragte Honor. »War das die große Frage, auf die wir in der Steinmauer gestoßen sind?«
    »Eine von vielen.« Er legte seinen Arm um sie. »Den Rest habe ich vergessen.«
    Sie schmiegte sich lachend an ihn. Die Mädchen eilten an ihnen vorüber, warfen einen Blick auf den Monitor mit den aktuellen Informationen über die voraussichtliche Abflugzeit und machten sich abermals auf den Weg, um zu sehen, was es sonst noch in den Duty-free-Läden gab. Regis wurde in einem Monat einundzwanzig und würde ins College zurückkehren, um ihren Abschluss zu machen, aber sie wirkte jünger und unbeschwerter denn je.
    »Die Mädchen wirken richtig befreit«, sagte Honor. »Wir alle. Als wäre uns eine Last von der Seele genommen.«
    »Ja.«
    »Ich habe mir solche Sorgen gemacht.« Honor sah wieder den Richter vor sich, ein großer Mann mit strenger Miene, der auf seinem Stuhl Platz genommen und aufmerksam zugehört hatte, als Regis ihre Aussage machte. Angeleitet von Sixtus, der seiner Mandantin ebenso klare wie einfühlsame Fragen zu den genauen Umständen stellte, die mit dem Tod von Gregory White und ihrer eigenen Rolle verbunden waren, an die sie sich nach der anhaltenden Gedächtnisstörung nun wieder erinnern konnte.
    »Sie hat sich wacker geschlagen«, meinte John. »Ich war stolz auf sie.«
    »Ich auch. Und auf dich.«
    »Auf mich? Warum?«
    Honor drückte seine Hand. »Weil du beschlossen hast, deine Tochter gewähren zu lassen. Ich hatte Angst, dass sie dich wegen Irreführung anklagen könnten.«
    »Regis gewähren lassen? Ich hätte sie nicht einmal dann aufhalten können, wenn ich es versucht hätte. Sie war entschlossen, meinen Namen reinzuwaschen.«
    »Das hat sie ja geschafft.«
    Der Richter hatte sich bei John entschuldigt, ihn aber im gleichen Atemzug gerügt, weil er die Wahrheit verschwiegen hatte. Regis’ Darstellung habe erwiesen, dass beide in Notwehr gehandelt hatten, dass Gregory White versucht hatte, John und möglicherweise auch seine Tochter umzubringen, und dass John nicht zu einer Gefängnisstrafe verurteilt worden wäre, wenn das Gericht die Wahrheit gekannt hätte.
    »Wir haben viel Zeit vergeudet«, meinte Honor.
    »Dann haben wir ja einiges nachzuholen«, sagte John und legte den Arm um ihre Schulter.
    »Sobald wir zu Hause sind. Wir werden eine Party geben. Und ein paar Leute
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