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Wie Sand in meinen Händen

Wie Sand in meinen Händen

Titel: Wie Sand in meinen Händen
Autoren: Luanne Rice
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an.
    »Du musst Vertrauen haben, dass alles gut wird«, sagte sie.
    »Aber woher willst du das wissen?« Cece starrte auf die geschlossene Tür des Sitzungssaals, in dem sich Regis und ihre Eltern befanden.
    Die ganze Familie war nach Irland geflogen, alle gemeinsam, um Regis beizustehen. Regis hatte alleine oder mit ihrer Mutter zusammen fliegen wollen, um ihrem Vater die Rückkehr in einen Gerichtssaal zu ersparen. Doch weder John noch Honor hatten etwas davon hören wollen; das galt auch für Agnes und Cecilia.
    Obwohl die Mädchen die ersten Unterrichtstage nach den Sommerferien verpassen würden, hatten sie darauf bestanden, mitzukommen. Chris Kelly hatte mit dem Anwalt ihres Vaters gesprochen und Regis einen eigenen Rechtsbeistand besorgt – ebenfalls ein Mitglied des Kelly-Clans, der in dem hochherrschaftlichen, georgianischen Haus am Merrion Square residierte, dem ursprünglichen Wohnsitz der Familie.
    Sein Name war Sixtus Kelly, und er hatte einen Scherz darüber gemacht und gemeint, dass er aus der gleichen Heiligen-Dynastie wie Chrysogonus stamme, die stets Recht, Gesetz und den Allmächtigen auf ihrer Seite wusste. Er hatte ihnen erklärt, Regis würde ihre Aussage nicht im Cork City, dem alten Stadtgefängnis, sondern vor dem Children’s Court, dem Jugendgericht in Dublin machen, da sie zur Tatzeit erst vierzehn gewesen war.
    Nun waren alle im Gerichtssaal, hinter der geschlossenen Tür. Agnes zitterte und zwang sich, ruhig durchzuatmen. Sie wünschte, sie könnte auf ihre alten Gewohnheiten zurückgreifen – ihr Schweigen und die Visionen als Schutzwall gegen ihre größte Angst, um ein Wunder zu beten, auch wenn es den Verlust ihrer eigenen Klarheit bedeutete.
    Sie hatte viel von Brendan gelernt. Er half ihr, die Angst zu besiegen. Es bedeutete ihr viel, einen Freund zu haben, der Verlust und Angst aus eigener Erfahrung kannte, der etwas über die geheimsten Winkel ihres eigenen Lebens wusste. Irgendwie half er ihr, eine Brücke zwischen ihrem wahrhaft tiefen Glauben und dem Wunschdenken zu bauen, das zu ihrer Religion geworden war.
    »Agnes? Was wird denn jetzt?«, fragte Cece.
    »Regis wird die Wahrheit sagen.« Agnes ergriff die Hand ihrer Schwester. »Alles, woran sie sich erinnern kann.«
    »Muss sie gleich nach der Verhandlung ins Gefängnis? Wird sie eingesperrt?«
    »Nein, sicher nicht.« Agnes’ Magen verkrampfte sich bei dem Gedanken.
    »Was soll das überhaupt? Niemand hätte etwas davon erfahren müssen. Sie wollte ihn nicht umbringen, also warum das Ganze wieder aufwärmen?«
    »Weil die Wahrheit wichtig ist.«
    »Sie hat sich davor versteckt und Alpträume gehabt. Und sie wollte Peter deshalb heiraten.«
    Agnes verkniff sich ein Lächeln. Cece war noch zu jung, um das zu verstehen; Agnes wusste, dass sich Regis wirklich verliebt, aber auch an Peter geklammert hatte, in dem sie eine Art Retter sah. Da ihr Vater im Gefängnis saß, nicht verfügbar war während einer wichtigen Phase ihres Lebens, hatte sie etwas oder vielmehr jemanden gebraucht, an dem sie sich festhalten konnte. Und Peter war zur rechten Zeit am rechten Ort gewesen.
    »Er war nicht der Richtige für sie«, sagte Agnes und dachte daran, dass er Regis fallen gelassen hatte wie eine heiße Kartoffel, als sie ihm alles erzählt hatte.
    »Liebe ist schon etwas Seltsames. Zumindest in unserer Familie«, meinte Cece.
    »Nein.« Agnes schüttelte den Kopf. »Liebe ist etwas Wunderbares.
Vor allem
in unserer Familie.« Das war eine Überzeugung, die niemals ins Wanken geraten war. Selbst in der Zeit, als ihre Mutter nicht gut auf ihren Vater zu sprechen gewesen war, hatte sie gewusst, dass die Liebe ihrer Eltern wirklich und wahrhaftig war. Sie hatten sie ihren Töchtern weitergegeben, und diese Liebe ließ sie nun selbst das Schlimmste durchstehen.
    Sie dachte an Brendan, zu Hause in Connecticut. Er hatte jetzt einen Teilzeitjob an der Akademie, um seinen Lohn aus dem Krankenhaus aufzubessern und genug Geld für sein Medizinstudium zu verdienen. Tom hatte ihn einstweilen in die Truppe seiner Mitarbeiter aufgenommen, und Tante Bernie hatte gesagt, dass er nach Regis’ Rückkehr ins College ihre Aufgabe in der Bibliothek übernehmen würde.
    Falls
Regis ins College zurückkehrt, dachte Agnes. Sie blickte auf ihre Uhr. Die Anhörung war seit mehr als einer Stunde zugange. Irgendwann musste das Gericht doch zu einer Entscheidung gelangen! Zum ersten Mal an diesem Tag geriet ihr Vertrauen ins Wanken. Was war, wenn alles
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