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Wie Pferde denken und fühlen - Wendt, M: Wie Pferde denken und fühlen

Wie Pferde denken und fühlen - Wendt, M: Wie Pferde denken und fühlen

Titel: Wie Pferde denken und fühlen - Wendt, M: Wie Pferde denken und fühlen
Autoren: Marlitt Wendt
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kann.
    Stress lass nach!
    Stress lass nach!
    Stress und Frustration gehören zum Leben. Die Natur bietet dem Pferd nicht immer unbegrenzt alles, was es an Futter und Wasser benötigt, ohne dass es sich dafür anstrengen muss. Auch die Anwesenheit von Fressfeinden bedeutet Stress, und Artgenossen können der Erfüllung eigener Wünsche mitunter im Wege stehen. Die individuelle Persönlichkeit des einzelnen Pferdes entscheidet, welche Situationen als frustrierend oder stressig empfunden werden und wie die Reaktionen darauf aussehen. Dazu spielen die genetische Veranlagung für bestimmte Stressreaktionen ebenso eine Rolle wie die individuelle Lebensgeschichte und Lernerfahrungen des jeweiligen Pferdes.
    Zunächst einmal ist die Empfindung von Stress per se nicht schlecht oder unnatürlich, sondern einfach eine Anpassung des Körpers an unterschiedliche äußere Bedingungen. Der Körper wird in eine Art Alarmbereitschaft versetzt, die ihn dazu befähigt, sehr schnell zu reagieren und Entscheidungen zu treffen. In dieser Ausnahmesituation übernimmt ein sehr ursprünglicher Bereich des Gehirns, das Stammhirn, die Kontrolle, um auf eine unerwartete oder neue Situation blitzschnell reagieren zu können. Dazu wird im Bruchteil einer Sekunde der gesamte Körper mobilisiert: Die Herzfrequenz wird erhöht, der Blutzuckerspiegel steigt, die Muskulatur wird stärker durchblutet und die Bronchien werden erweitert. In diesem Zustand sorgt das „Stresshormon“ Adrenalin für eine Hemmung der Verdauungs-, Wachstums- und Erneuerungsprozesse im Organismus, damit die gesamte verfügbare Energie der Flucht oder Verteidigung zur Verfügung steht.
    Dagegen führt dauerhafter Stress zu schädigenden Veränderungen des Stoffwechsels, des Immunsystems und der Fortpflanzung. Im Extremfall macht Dauerstress das Tier krank und es kann zu schwerwiegenden geistigen Beeinträchtigungen wie verringerter Lernfähigkeit oder stark eingeschränktem Erinnerungsvermögen kommen, da das Pferd sich nicht mehr in seinem natürlichen inneren Gleichgewicht befindet.
    Es ist nicht immer ganz einfach, Stress beim Pferd zu erkennen. Es gibt aktive Stresstypen, die herumtänzeln, schnappen oder auch eine Tendenz zum Steigen aufweisen. Dagegen zeigen die passiven Stresstypen eher Verhaltensweisen wie das Erstarren und wirken dann schnell „stur“, „faul“ oder schlicht unaufgeregt, sodass der Mensch nur zu gern glaubt, sein Pferd sei ausgeglichen und stressresistent. Das Problem besteht jedoch darin, dass dieser Stresstyp „seinen Kummer lange Zeit in sich hineinfrisst“, bis er dann scheinbar unvermittelt aus seiner misslichen Lage auszubrechen versucht. Jeder Reiter sollte auf die Calming Signals, wie häufiges Gähnen oder auch Leerkauen, defensiver Gesichtsausdruck oder fehlendes Ohrenspiel achten (siehe die Ausführungen → hier). Auch bestimmte körperliche Signale wie veränderte Atmung, verstärktes Schwitzen, häufiges Appeln oder eine verspannte Muskulatur weisen auf einen erhöhten Stresslevel hin. Kennt man sein Pferd gut genug, wird man ein Gefühl dafür entwickeln, wie gestresst das eigene Tier gerade ist.
    Pferde können kurzfristige Frustrationen schadlos ertragen, wenn sie Lösungswege erkennen können und gelernt haben, selbst Lösungsstrategien zu entwickeln. So können sie über Belohnungen lernen, sich auf einem Ausritt kurzfristig von einem vierbeinigen Freund zu trennen. Dazu ist es wichtig, dem Pferd als Handlungsalternative zum Hinterherstürmen eigene, schon gut gelernte Aufgaben zu stellen. Positive Verstärkung während des Trainings hilft, den Stresslevel so niedrig wie möglich zu halten. Dennoch kann es immer mal wieder Anlass zu Frust geben, wenn das Pferd keine Lösungsmöglichkeit erkennt oder es eine Übung nicht versteht. Durch geschickten Übungsaufbau und viele kleine Erfolgserlebnisse kann man dem Pferd helfen, seine Frustration zu überwinden und Freude am Training zu behalten.
    Vor allem sollten alle an der Erziehung des Pferdes beteiligten Personen an einem Strang ziehen und dieselbe Methode verwenden, einheitliche Signale geben und klare Verhaltensregeln aufstellen. Andernfalls kann sich das Pferd nicht in seiner Trainingswelt zurechtfinden.
     
    Strategien gegen Stress

Veränderungen sind für ein Pferd ebenso potenzielle Stressfaktoren wie eine ständige Über- oder Unterforderung. Jede Veränderung im Training, in der Haltung und bei der Fütterung sollte deshalb sehr behutsam vorbereitet und durchgeführt
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