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Wie Inseln im Strom

Wie Inseln im Strom

Titel: Wie Inseln im Strom
Autoren: Kathleen O`Brien
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die Enttäuschung zu überspielen, drehte sich auf den Bauch und wedelte mit den Fingern vor dem Scheinwerfer herum. “Schau mal”, sagte er. “Ich kann Schattenfiguren auf den Vorhang werfen.”
    Gwen folgte seinem Blick und kniff die Augen zusammen. Auf den Stoffbahnen hinter dem Podium tanzte etwas, das aussah wie eine Kreuzung aus dem Osterhasen und einem Tyrannosaurus Rex.
    Teddy schmunzelte zufrieden. “Sieh hin. Das hier habe ich aus der Schule. Es sind zwei Leute mit …”
    “Psst!” Gwen hielt seine Finger fest und presste sie an ihr pinkfarbenes, mit Strass besetztes T-Shirt. Lacy war wieder in der Nähe und unterhielt sich mit jemandem, den Gwen nicht erkennen konnte. Ihr war, als hätte sie gerade ihren Namen gehört.
    “Was?”
    “Sei still!”, fauchte sie Teddy an.
    “… lebt sie in Boston, nicht wahr?”, fragte die unbekannte Stimme und klang, als wäre Boston ein wahrer Sündenpfuhl. Offenbar ein typischer Pringle-Island-Snob. Gwen kannte die Sorte. Ihr Vater war der schlimmste gewesen. “Wir konnten es kaum glauben, als wir erfuhren, dass Gwen im Haushalt eines Arztes wohnt … als Au-pair-Mädchen!”
    “Ja”, erwiderte Lacy ruhig. “Ich glaube, das stimmt.”
    “Oh, Lacy, meine Liebe.” Jetzt erkannte Gwen die Stimme, in der gekünsteltes Mitgefühl lag. Sie gehörte Jennifer Lansing, der größten Klatschtante der Stadt. “Ich weiß, wie du dich fühlen musst. Ein Kindermädchen! Nach allem, was du und Malcolm für sie getan habt, arbeitet sie als … eigentlich nur ein besserer Babysitter, nicht? Bestimmt dreht Malcolm sich im Grab um.”
    Lacy lachte. “Er hätte sicher Verständnis dafür. Sie ist doch noch jung und hat viel Zeit, sich einen richtigen Beruf zu suchen.”
    Jennifer schnalzte mit der Zunge. “Sie ist nur ein paar Jahre jünger als du, Lacy, und … Nun ja, natürlich ist der Vergleich unfair, nicht wahr? Wenigstens jobbt sie nicht mehr als Kellnerin im Honeydew Café. Wenn ich an diese hautengen Tops denke … Besser Babys als lüsterne alte Männer, die ihre Hände nicht bei sich behalten können, nehme ich an.”
    Lacy neigte den Kopf. “Ja, da hast du sicher recht. Aber da wir gerade von Babys reden, hast du den hübschen Verengeti gesehen, der für die Auktion gespendet wurde? Ich könnte ihn mir sehr gut in deinem Wintergarten vorstellen. Nicht jeder hat einen so stilvollen Raum, um ein solches Gemälde zur Geltung zu bringen, aber …”
    Mühsam unterdrückte Gwen ihren Zorn, als Lacy Jennifer davonführte. Diese selbstgerechten Snobs! Was war daran schlecht, als Kindermädchen zu arbeiten? Nur weil keine von beiden eigene Kinder hatte … Und was das Honeydew Café anging – na ja, Jennifer Lansing war so dürr und knochig, dass man sie dafür bezahlen würde,
kein
enges Top zu tragen.
    Erst als Teddy protestierte, merkte Gwen, dass sie seine Finger noch immer festhielt. “He! Entspann dich!”
    Sie sah ihn an. “Entschuldigung”, murmelte sie und wahrte nur mühsam die Fassung. Am liebsten hätte sie ihre Wut hinausgeschrien. Ihr Vater mochte aus Lacy einen gehorsamen kleinen Robotersnob gemacht haben, aber bei seiner Tochter war ihm das nicht gelungen.
    Teddy musste ihren Blick falsch gedeutet haben, denn seine Augen wurden groß, und er beugte sich mit kussbereit gespitzten Lippen zu ihr. Seine unbeholfene Umarmung beförderte sie beide direkt vor den Scheinwerfer. Geblendet vom grellen Licht schloss Gwen die Augen. Plötzlich wurde ihr klar, dass ihre und Teddys Umrisse sich auf dem Vorhang hinter dem Podium abzeichneten – wie ein nicht jugendfreies Schattenspiel.
    Eine ziemlich drastische Art, ihre Ankunft auf Pringle Island bekannt zu geben. Aber plötzlich fand Gwen Gefallen an der Vorstellung, ihre Stiefmutter vor allen Leuten zu blamieren. Also hörte sie auf, sich zu wehren, und ließ zu, dass Teddy seine Lippen auf ihre presste.
    Mal sehen, wie die Stiefhexe damit fertig wird, dachte sie hämisch. Eins hatte sie in all den Jahren immer wieder festgestellt – wenn es etwas gab, das ihre frigide kleine Stiefmutter nervös machte, dann war das Sex.
    Während sie Teddy, der sein Glück gar nicht fassen konnte, ihren Hals darbot, erinnerte sie sich daran, was für eine kalte, passive und widerwillige Ehefrau Lacy Mayfair ihrem Vater gewesen war.
    Vermutlich kannte sie so etwas wie Leidenschaft nur aus dem Kino – wenn überhaupt.
    Sie strich immer wieder über Teddys Rücken und wand sich unter ihm. Um unten Aufsehen zu erregen,
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