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Wie Inseln im Strom

Wie Inseln im Strom

Titel: Wie Inseln im Strom
Autoren: Kathleen O`Brien
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noch nicht einmal meine Freunde begrüßt”, sagte sie mit gespielter Strenge und zog Kara zu sich. “Ich glaube, Sie kennen Mrs. Karlin noch nicht. Sie ist die Vorsitzende der ehrenamtlichen Helfer im Krankenhaus.”
    Karas Augen wurden groß, als Adam ihr zulächelte, und sie tarnte ihre Befangenheit, indem sie ihm unglaublich heftig die Hand schüttelte. Er protestierte nicht, sondern hob lediglich eine Augenbraue. Irgendwann wurde Kara bewusst, dass sie seine Hand noch immer festhielt. Abrupt gab sie sie frei und murmelte etwas Unverständliches, das vermutlich eine Entschuldigung sein sollte.
    Schmunzelnd wandte Tilly sich Lacy zu und legte fürsorglich einen Arm um ihre Schultern. “Und natürlich erinnern Sie sich an unsere kleine Lacy.”
    Lacy zwang sich, ihm ins Gesicht zu schauen, und machte sich auf den Schmerz gefasst. Sie hatte seine Augen immer geliebt. Ein atemberaubendes Blau, umrahmt von schwarzen Brauen und seidigen Wimpern. Klar, intelligent, verwegen, sexy. Mit einem verborgenen Lachen darin, das einst nur sie gesehen hatte.
    Und das Feuer! Wie hatte sie nur glauben können, dass die zehn Jahre ihrer Trennung es zum Erlöschen gebracht hätten? Es war noch da, das Feuer, das sie selbst in den kältesten Nächten ihres Lebens gewärmt hatte …
    Offenbar brauchte es mehr als zehn Jahre, um Adam Kendall in einen Eisblock zu verwandeln. Sie konnte sich gut vorstellen, wie viele Frauen Schlange gestanden hatten, um sein Feuer zu schüren, nachdem er Pringle Island und Lacy Mayfair hinter sich gelassen hatte.
    Mit Tillys Hilfe schaffte sie es, die Fassung zu bewahren. Lächelnd streckte sie ihm die kalten blassen Finger entgegen. “Hallo, Adam”, sagte sie höflich. “Willkommen daheim.”
    Er ergriff ihre Hand. Seine war warm, ihr Griff kräftig. Lacy nahm es kaum wahr.
    Adam kam es vor, als würde er einer Schaufensterpuppe die Hand schütteln.
    “Hallo, Mrs. Morgan”, erwiderte er, und sie fragte sich, ob außer ihr noch jemand die leise Schärfe hörte, mit der er ihren Namen aussprach. “Es ist mir ein Vergnügen. Sie sehen gut aus.”
    “Sie sieht gut aus? Unsinn!”, rief Tilly. “Sie sieht fantastisch aus, und Sie wissen es.”
    Adam musterte Lacy. “Ja”, sagte er schließlich. “Sie hat recht, Mrs. Morgan. Sie sehen … wohlhabend aus. Die Ehe scheint Ihnen gutgetan zu haben.”
    Tilly runzelte die Stirn. “Adam …”
    Aber Lacy brauchte ihre Hilfe nicht. Selbst Schaufensterpuppen fanden die Sprache wieder, wenn man sie genug provozierte.
    “Und dir scheint das Reisen gutgetan zu haben, Adam”, entgegnete sie mit einem demonstrativen Blick auf seinen zweifellos maßgeschneiderten Smoking. “Auch du bist auf Hochglanz poliert.”
    Lächelnd zuckte er mit den Schultern. “Nur äußerlich.” Er legte den Kopf schief und war plötzlich nicht mehr der gepflegte Gentleman, sondern ein verwegener Pirat. “Offenbar haben wir beide gelernt, die richtige Uniform zu tragen.”
    Lacy kniff die Augen zusammen. “Uniform?” Sein Lächeln war unangenehm. Warum ließ es ihr Herz noch immer schneller schlagen?
    “Ja.” Sein Lächeln wurde breiter, reichte jedoch nicht bis zu den Augen. “Ohne die korrekte Garderobe gehört man nicht dazu, oder?”
    Sie atmete tief durch und wehrte sich gegen den Zorn, der in ihr aufstieg. Wie konnte er es wagen? Vielleicht war sein Outfit nur eine Maskerade, hinter der sich der respektlose Rebell verbarg, der er immer gewesen war. Aber ihre Verwandlung ging tiefer. Sie war nicht mehr das ungezähmte Kind, das er gekannt hatte. Fast mager von der Armut, ein wenig schäbig von der Vernachlässigung und voller Sehnsucht nach Liebe. Seiner Liebe.
    Nein, sie hatte sich nicht kostümiert, um die selbstsichere junge Witwe zu spielen. Sie hatte mehr gewechselt als nur die Garderobe. Sie war nicht mehr naiv, verzweifelt oder dumm. Und sie hatte gelernt, ohne Liebe zu leben.
    “Ich kenne mich da nicht so aus”, antwortete sie kühl. “Und jetzt entschuldige mich, ich muss zurück zu den anderen Gästen.”
    Sie ignorierte Karas schockiertes Luftschnappen. Wie sollte die Frau sie auch verstehen? Kara Karlin, die Tochter des Bürgermeisters, wusste nichts von ihrer Vergangenheit. Für die feinen Kreise von Pringle Island hatte Lacy Mayfair früher gar nicht existiert. Für die war sie erst an dem Tag ‘geboren’ worden, an dem sie Malcolm Morgan geheiratet hatte.
    Lacy sah Tilly an. “Vielleicht solltest du Adam einige der teureren Bilder zeigen”,
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