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... Wie Gespenster in der Nacht

... Wie Gespenster in der Nacht

Titel: ... Wie Gespenster in der Nacht
Autoren: Emilie Richards
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ohne den anderen Steinen, die sich verschworen hatten, ihn erneut zu Fall zu bringen, auch nur die geringste Aufmerksamkeit zu schenken. Der Loch Ceo gehörte ihm. Das Wasser des Sees rann durch seine Adern, die Wellen schlugen im gleichen Rhythmus gegen das Ufer wie sein Herz in seiner Brust. Er war untief wie der Uferrand und unergründlich wie die tiefsten Tiefen in der Mitte des Sees. Er war mit dem See verbunden, wie er es mit Jane niemals sein würde.
    „Ich habe jetzt einen Sohn!“, rief er über das Wasser, das an seinen Socken leckte. Seine Schuhe hatte er irgendwo auf dem Weg vom Dorf hierher verloren. Es war ja auch nicht das erste Paar. Er watete tiefer ins Wasser, achtete nicht auf die Kälte. „Ich habe einen Sohn, Darling! Einen Winzling mit Haaren so rot wie die seiner Mum und Augen wie die Heide im Herbst. Hast du gehört, Darling?“
    Die Wellen schwappten stärker heran, als wollten sie antworten. Doch Terence redete nicht mit dem Wasser.
    „Ich weiß nicht, wie wir ihn nennen werden. Vielleicht Fergus. Oder Geddes. Geddes MacDougall. Gefällt dir das, Darling? Wärst du damit einverstanden?“
    Seine Worte hallten übers Wasser und kehrten als Echo zu ihm zurück. Er wusste sofort, dass beide Namen nicht passten. Angestrengt versuchte er, sich daran zu erinnern, welchen Namen Jane ausgesucht hatte. Den Bruchteil einer Sekunde bereute er, dass er nicht besser zugehört hatte. Jane war eine gute Frau. Sie hatte viel mehr verdient, als er ihr gab. Sie konnte schließlich nichts dafür, dass seine Treue und seine wirklich tiefen Gefühle einer anderen gehörten.
    „Andrew!“ Schlagartig fiel ihm der Name wieder ein. Aye, Jane und er hatten eines Abends über Namen für das Baby geredet, bevor er zu seiner allabendlichen Runde in den Pub aufgebrochen war. „Andrew MacDougall. Wie hört sich das für dich an, Darling? Gefällt dir das besser?“
    Nichts auf dem See rührte sich, doch er wusste, dass der Name Andrew passte. Gut passte. „Es sind auch noch zwei andere Jungs geboren worden, aber unser Junge ist der Kräftigste von den dreien, Darling. Man munkelt schon, es sei ein Omen. Weil sie zur gleichen Zeit an Halloween geboren wurden und so. Dass die Schicksale der drei Jungs unzertrennlich miteinander verwoben sind. Glaubst du das auch?“
    Das Bild von den drei Jungen blitzte wieder in Terence’ Kopf auf. Als er in der Klinik angekommen war, da hatten die drei Bettchen mit den winzigen Babys nebeneinander gestanden, und selbst der Lord hatte keinen Ton hervorgebracht. Sobald die Babys beieinander waren, wurden sie still, so als wüssten sie irgendwie, dass sie zusammengehörten. Alle drei waren propere stramme Jungs; kein einziger Kümmerling war dabei.
    Terence merkte erst, dass er weinte, als ihm die Tränen auf den Wangen zu Eis gefroren. In diesem Augenblick wurde ihm auch bewusst, dass seine Füße taub waren und die Taubheit inzwischen bis zu seinen Knien hinaufgekrochen war.
    „Zeig dich, Darling!“, lockte er. „Lass mich sehen, dass du auch glücklich bist!“
    Den größten Teil seines Lebens hatte Terence damit zugebracht, auf den See hinauszustarren. Hätte er die gleiche Ausdauer und Konzentration auf das Studieren verwand, besäße er einen Universitätsabschluss. Hätte er mit der gleichen Energie und Entschlossenheit nach einer Anstellung gesucht, würde er wohl in einer hochherrschaftlichen Villa irgendwo auf der Princes Street in Edinburgh wohnen.
    „Lass dich sehen und zeig mir, dass du dich für mich freust!“
    Regungslos stand er da und wartete. Er spürte seine Beine kaum noch. Eine Wolke schob sich über die silberne Sichel des Mondes, der See wurde zu einem dunklen Spiegel. Dann verzog sich die Wolke, und die Wasseroberfläche hellte sich wieder auf, streckte sich glatt und endlos weit bis zum Horizont. Nur in der Mitte, da tauchten plötzlich Ringe auf, dehnten sich weiter und weiter und kamen auf das Ufer zugerollt.
    „Darling!“, entfuhr es Terence leise. „Mein Darling!“
    Er hielt die Hand über die Augen, obwohl nichts ihn blendete. Er wünschte, er hätte ein Fernglas dabei. Oder noch die gleichen scharfen Augen wie in seiner Jugend. Und vor allem einen klaren Kopf, der nicht vom besten Whisky des Pubs vernebelt war. Ein Schatten erschien, eine Silhouette so anmutig und stolz wie eine wunderschöne Frau.
    „Erbarmen“, flüsterte er. Doch er brauchte weder Erbarmen noch Hilfe und erst recht keine Erklärung. „Darling, endlich! Und was für eine
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