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... Wie Gespenster in der Nacht

... Wie Gespenster in der Nacht

Titel: ... Wie Gespenster in der Nacht
Autoren: Emilie Richards
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PROLOG
    E  s waren nur wenige Sterne zu sehen. Die aber schossen wie Blitze über das tiefschwarze Himmelszelt, jedes Mal, wenn Terence MacDougall die Augen zusammenkniff und den Kopf in den Nacken legte.
    „Sie fallen alle runter! Die verdammten Sterne fallen alle von dem verdammten Himmel, und es gibt nichts, was man dagegen tun kann!“
    Beim letzten Wort stolperte er über einen Stein und fiel vornüber aufs Gesicht. Er versank ein Stückchen in der torfigen Erde, bevor ihm so recht bewusst wurde, was eigentlich passiert war. Umständlich und nur mit beträchtlicher Anstrengung rollte er sich auf den Rücken und sah wieder zum Himmel hinauf. Als er seinen Kopf jedoch endlich bequem gebettet hatte, war der Sternschnuppenschauer vorbei. Stattdessen tanzten die Sterne jetzt kokett über die Highlands, zwinkerten ihm mit ihren strahlenden Augen zu und wackelten mit ihren winzigen Hinterteilen. Und Terence stimmte ein fröhliches Liedchen an.
    „Oh, die süßen Mädels aus den Highlands poussieren lustig und werden willig die Deine. Doch die Mädchen aus den Lowlands, die sind so ernst und legen dich erst einmal an die Leine …“
    Terence mochte einen gerammelt vollen Pub mit seiner klaren Tenorstimme und seinen deftigen Texten unterhalten, doch flach auf dem Rücken, keine fünfzehn Meter vom Ufer des Loch Ceo entfernt und ohne Publikum lief er nicht unbedingt zu seiner Höchstform auf. Er räusperte sich, um erneut anzusetzen, aber ihm fiel einfach kein Lied ein. Er starrte zum Himmel hoch. Vor seinen Augen verschoben sich die Sterne und fügten sich zu einer Bekanntmachung zusammen, wie auf den Leuchtreklametafeln der piekfeinen Theater im weit entfernten Edinburgh.
    Er zeichnete die Worte mit dem Zeigefinger nach und las laut vor: „Der hochwohlgeborene Terence MacDougall gibt sich die Ehre, Sie zum Tauffest seines erstgeborenen Sohnes zu bitten …“
    Seine Stimme erstarb. Ihm fiel nicht mehr ein, welchen Namen Jane für den kleinen Wurm ausgesucht hatte. Er hatte natürlich nichts zu sagen gehabt. Seine Jane war eine starke Frau mit viel Durchsetzungsvermögen. Und sie besaß das typische Temperament eines Rotschopfs.
    War es etwa seine Schuld, dass die Wehen eine Woche früher als geplant eingesetzt hatten? Wie hätte er das wissen sollen? Und konnte er etwa was dafür, dass Janes Granny, die versprochen hatte, das Kind zu holen, wie ein Stein geschlafen hatte?
    Nein, nichts davon war seine Schuld. Außer natürlich, dass er den Winzling in Janes Leib gepflanzt hatte. Und es war doch auch alles glattgegangen! Jane hatte sich auf den Weg in die kleine Dorfklinik gemacht und ihren Sohn in einem schönen sauberen Zimmer zur Welt gebracht. Allein war sie auch nicht gewesen.
    Sie hatte sogar reichlich Gesellschaft gehabt.
    Terence stimmte ein neues Lied an. „Oh, der Lord und die Lady kamen zur Stadt, gekleidet in Samt und Seide, Old MacDougall kam auch, doch nur bedeckt mit Farn und Heide …“
    Aye, sein Sohn war zur gleichen Zeit zur Welt gekommen wie der Sohn des Lords. Man stelle sich vor: der Sohn von Terence MacDougall direkt neben dem Sohn des Gutsherrn! Nun, fast. Der alte Doc Sutherland hatte den Erben des Lords geholt, während Jane das im Nebenzimmer selbst besorgt hatte.
    Und da war ja auch noch das andere Baby, der dritte Junge, der genau zur gleichen Zeit auf die Welt gekommen war! Um die Geburt des Sohns von Donald Sinclair, des Dorfwirts, hatte sich die Krankenschwester gekümmert.
    Drei kleine Jungs, alle geboren um Punkt Mitternacht an Halloween. Und keiner konnte sagen, wer von den Babys zuerst das Licht der Welt erblickt hatte.
    Schwankend setzte Terence sich auf. So langsam ließ sich die Wirkung des Whiskys nicht mehr leugnen. Dabei hatte er Jane versprochen, dass er mit dem Trinken aufhören und sich eine feste Arbeit suchen würde, wenn sie ihm einen Sohn schenkte. Er hatte auch ehrlich vor, sein Wort zu halten. Aber selbst Jane konnte nicht von ihm verlangen, nüchtern zu bleiben, solange sie nicht mit dem Jungen aus dem Krankenhaus nach Hause kam. Schließlich war er Vater geworden! So vieles musste jetzt genau überlegt, durchdacht und geplant werden.
    Er rappelte sich mühsam auf und sah mit zusammengekniffenen Augen in die Dunkelheit. Direkt vor ihm lockte die silberne Oberfläche des Sees. Er lebte gleich um die Ecke, doch diesen Platz hier hatte er sich ausgesucht, weil er einen freien Blick bot und so abgeschieden lag. Hier war keine Menschenseele.
    Er stolperte vorwärts,
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